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Gewerkschaftsticker

Die Zahl der Klagen steigt und steigt: 36 Prozent mehr Hartz-IV-EmpfängerInnen forderten von den Sozialgerichten höhere Leistungen ein. Im vergangenen Jahr sind insgesamt 99.200 Klagen bei den Gerichten eingegangen. Zwei Drittel von diesem Niveau sind bereits im ersten Halbjahr 2008 erreicht: 61.979 Klagen zählten die Sozialgerichte. Das ist der mit Abstand höchste Wert seit dem Start der Arbeitsmarktreform 2005. Die Angaben beruhen auf Zahlen des DGB auf Basis von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl ist deshalb wahrscheinlich sogar noch höher: Nicht erfasst sind 69 Kommunen, in denen sich die Städte und Kreise eigenständig um Arbeitslose kümmern. Eine Ursache für die Klagewelle sieht der Berliner Sozialrichter Michael Kanert in den schwer durchschaubaren Detailproblemen bei Ermittlung der Hartz-IV-Ansprüche. Das sei kompliziert wie das Steuerrecht. Als Anreiz werden auch hohe Erfolgsaussichten gesehen: Fast jede zweites Verfahren endet dem Richter zufolge für die KlägerInnen zumindest mit einem teilweisen Erfolg.

Der Tarifkonflikt beim Busunternehmen Autokraft offenbar beigelegt. Wie die Deutsche Bahn AG für ihr Tochter-unternehmen mitteilte, ist in der 9. Verhandlungsrunde mit der Gewerkschaft ver.di eine Einigung erzielt worden. Nach unbestätigten Meldungen erhält jeder Mitarbeiter rückwirkend vom 1. April an gut 167 Euro mehr Geld im Monat. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll zwei Jahre betragen. Am 1. September will die Tarifkommission der Gewerkschaft über das Ergebnis beraten. Zwei Tage später soll die Urabstimmung beginnen. Wenn beide Seiten bis zum 5. September keinen Einspruch einlegen, gilt die Vereinbarung als angenommen.

Nach vielen Monaten Verhandlungen beim Kfz.- Unternehmen Schmidt & Hoffmann VW Zentrum und Nutzfahrzeuge konnten finanzielle Verbesserungen für alle Beschäftigten durch die IG Metall erreicht werden. Mit 1.7.2008 werden die Entgelte tabellenwirksam um 2,5% erhöht und ab 1.1.2009 noch einmal um 2 %. Die Azubis erhalten zu den gleichen Zeitpunkten im 1. und 2. Ausbildungsjahr 10 Euro und im 3. und 4. Ausbildungsjahr 12 Euro mehr. Es wurde vereinbart im Februar 2010 in erneute Verhandlungen über eine insgesamt Tarifbindung einzutreten.

Nur  51 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder stimmten für den „Kompromiss“, den ver.di und Lufthansa Anfang August nach fünftägigen Streiks ausgehandelt hatten. Das teilte ver.di letzte Woche mit. Erreicht wurde  eine zweistufige Lohnerhöhung von insgesamt 7,4 Prozent für das Bodenpersonal bei einer Laufzeit von 21 Monaten, was einer jährlichen Erhöhung um 4,2 Prozent entspricht. Dazu kommt eine Einmalzahlung, die zwischen ein und 2,3 Prozent eines Jahresgehalts beträgt.

"Den Leuten reicht keine Lohnerhöhung von vier Prozent", sagt Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Die IG Metall lege großen Wert auf eine gute strukturelle Lohnerhöhung. Er sagte weiter: "Wir werden neben Inflation und Produktivität auch das Ungerechtigkeitsempfinden der Menschen in unserer Forderung aufgreifen".

ver.di wirft der Handelskette Aldi Nord in einer Strafanzeige Bestechung und Verstöße gegen das Betriebs-
verfassungsgesetz vor. Anlass für die Anzeige sei eine verdeckte Unterstützung der Arbeitnehmer-
organisation AUB durch Aldi Nord in Höhe von insgesamt rund 350 000 Euro. Die AUB habe als „Gegenleistung» in den Filialen von Aldi Nord Stimmung gegen ver.di gemacht“, behaupte die Gewerkschaft. Aldi Nord weist die Vorwürfe zurück.

Roland Koch hat sich gegen Steuer- und Abgabensenkungen ausgesprochen. „Damit können wir unser Wohlstandsniveau nicht mehr signifikant steigern“, sagte er. Koch setzt auf eine Erhöhung und Verlängerung der Arbeitszeit: „Wir arbeiten im internationalen Vergleich zu wenig“.

Der Betriebsrat der Dresdner Bank Ruhr und Westfalen kann die 1.300 Belegschaftsmitglieder in 60 verschiedenen Stand-orten im Ruhrgebiet, Münsterland und Südwestfalen nicht mehr über einen E-Mail-Verteiler informieren. Der Leiter der Personalabteilung für Nordrhein-Westfalen, Direktor Holger Goray, teilte der Interessenvertretung mit, dass mit „sofortiger Wirkung“ die Berechtigung, E-Mails an alle Mitarbeiter zu versenden, gelöscht worden ist. Das bankeigene elektronische Netz ist angesichts der weit verzweigten Unternehmensstruktur die einzige Möglichkeit, mit den Angestellten schnell und flächendeckend zu kommunizieren.

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie, Hubertus Schmoldt (SPD), hat angesichts der schrumpfenden Wirtschaft vor Schwarzmalerei gewarnt. Man habe allenfalls eine Konjunkturdelle, und das nach einer langen Phase Wachstums auf sehr hohem Niveau, sagte Schmoldt. Konjunkturprogramme halte er für überflüssig. Das koste viel Geld, würde aber nur Strohfeuer bewirken, so Schmoldt. Auch Steuerschecks hätten in Japan und den USA wenig bewirkt.

Der Sozialverband VdK rechnet in Deutschland mit wachsender Armut als Folge der hohen Inflation. „Teuerungswellen können von Geringverdienern nicht kompensiert werden“, sagte die VdK-Bayern-Vorsitzende Ulrike Mascher. Etwa 18 Prozent der Bevölkerung seien bereits jetzt armutsgefährdet. Im kommenden Jahr werde der Anteil steigen. Besonders sozial Schwache und Rentner seien betroffen.

Der DGB hat den vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zum besseren Insolvenzschutz von Arbeitszeitkonten als unzureichend kritisiert. Das Vorhaben bleibe deutlich hinter dem zurück, was zum Schutz der Arbeitnehmer notwendig sei. "Auch in Zukunft sollen vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Risiken der Arbeitszeitflexibilisierung tragen", sagte DGB-Vize Ingrid Sehrbrock.

Ca. zwei Millionen RentnerInnen müssen nach Einschätzung der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) ab kommendem Jahr Steuern nachzahlen. Wenn 2009 die Rentenversicherer erstmals ihre Daten den Finanzämtern übermittelten, würden rückwirkende Forderungen fällig, sagte der stellvertretende DStG-Vorsitzende Manfred Lehmann. Realistisch sei eine Größenordnung von bundesweit zwei Millionen von den Nachzahlungen betroffenen Rentnern. In den allermeisten Fällen werde es aber um kleinere Beträge gehen.

Mit rund 4,4 Milliarden Euro hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr die Einkommen von Voll- und Teilzeitbeschäftigen aufgestockt. Weil ihr Einkommen trotz Arbeit unter dem Existenzminimum lag, waren circa 1,3 Millionen Menschen auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Damit, so eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes, war ein Viertel aller Hartz IV-EmpfängerInnen im ausgewerteten Zeitraum berufstätig.

Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat von der türkischen Regierung Gewerkschaftsrechte eingefordert. Diese seien eine Grundlage für Beitrittsverhandlungen mit der EU. In einem Schreiben an die geschäftsführenden Vorstands-mitglieder Berthold Huber und Wolfgang Rhode nannte EU Erweiterungskommissar Olli Rehn unter anderem "das Recht auf gewerkschaftliche Organisation, das Recht auf Streik und das Recht auf Kollektivverhandlungen". Hintergrund sind die brutalen Polizeiübergriffe gegen Gewerkschafter am 1. Mai diesen Jahres. Die IG Metall hatte seinerzeit entschieden gegen die Gewalt protestiert.

hg,csk