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November-Gedenken:
Gelungene Veranstaltungen

Einen ausführlichen Bericht über auch nur einen Teil der Veranstaltungen, die aus Anlass des 90. Jahres-
tages der Novemberrevolution in den letzten Tagen in Kiel stattgefunden haben, kann hier (schon aus Zeit-
gründen) nicht gegeben werden. Einiges wird in der nächsten LinX nachgeholt. Nachdem eine Absprache der Kieler Linken (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Partei) über ein koordiniertes Vergehen, das Herausgeben eines Veranstaltungskalenders etwa und womöglich eine von einem linken Bündnis gemeinsam organisierte Tagung wieder einmal nicht zu Stande gekommen war – und zwar nicht zuletzt, weil sich die Partei „Die Linke“ (PDL) diesem Anliegen nach anfänglich bekundetem Interesse beharrlich entzogen hat – organisierte die Deutsche Kommunistische Partei eine Festveranstaltung am Abend des 8. November, auf der ihr Vorsitzender Heinz Stehr in seiner Ansprache den Bogen von der Erinnerung an die Revolution zu den heute anstehenden Aufgaben im antikapitalistischen Kampf schlug, mit dem das Vermächtnis der revolutionären Kämpferinnen und Kämpfer von 1918 zu erfüllen wäre. Große Begeisterung löste im Anschluss der Schauspieler und Sänger Erich Schaffner, der von Georg Klemp am Klavier begleitet wurde, mit seiner politischen Revue aus.

Erst am frühen Morgen gingen die meisten TeilnehmerInnen der Veranstaltung in der Hansastrasse ausein-
ander, und der Schwung, den sie mitnahmen, erleichterte ihnen das Aufstehen wenige Stunden später und den Weg zum Eichhoffriedhof bei typischem Kieler Novemberwetter. Dort wurde im Ehrenhain für die Opfer der Revolution und des Kapp-Putsches nicht nur wie in vergangenen Jahren der Toten gedacht und an die anstehenden Aufgaben erinnert; der Kieler Arbeiter-Künstler Detlev Ganzel stellte dort eine Metall-
Plastik auf. Die Kanone mit dem zerborstenen Rohr, aus dem Blumen sprießen, erinnert an den Kampf der Soldaten gegen die Kriegstreiber und darüber hinaus für die nach dem Sieg mögliche Vernichtung aller Waffen.

Beeindruckend an dieser Stelle war auch der Bericht, den Bettina Jürgensen über die Genossin Minna Fasshauer aus Braunschweig gab. Die Revolution hatte in Deutschland endlich das Wahlrecht auch für die Frauen gebracht, die sich erst seit zehn Jahren überhaupt parteipolitisch betätigen durften. Minna Fasshauer, damals USPD-Mitglied, wurde am 10. November 1918 in Braunschweig vom Rat der Volksbeauftragten zur “Volkskommissarin für Volksbildung" ernannt und damit die erste Ministerin in Deutschland. Als Kultusministerin schafte sie die kirchliche Schulaufsicht ab. (Näheres unter www.dkp-niedersachsen.de.)

Am 8. und am 9.11. fanden Stadtrundgänge von geo step by step  statt. Am Sonntag sollte in diesem Rahmen bei genügend großer Beteiligung das Hindenburgufer in Karl-Artelt-Ufer umbenannt werden. Am Sonnabend wurde beim Besuch des Revolutionsdenkmals im Ratsdienergarten festgestellt, dass das bereits am 2.11. dort aufgestellte Schild, das die Umbenennung der Örtlichkeit in  Köbis-Reich- pietsch-Park proklamiert, noch steht.

Bereits am 6. 11.hatte die PDL-nahe Werkstatt Utopie und Gedächtnis den jungen Berliner Historiker Ralf Hoffrogge eingeladen, der sein Buch über Richard Müller – LeserInnen der LinX vielleicht als Führer der revolutionären Obleute in Berlin bekannt – vorstellte.

Über die SPD-Veranstaltung an der Uni liegen mir keine Informationen vor. Dabei wäre es wirklich mal interessant zu erfahren, wie die SPD sich aktuell ihre Geschichte zurechtbiegt, um sich in die Tradition der kämpfenden Arbeiterinnen und Arbeiter von 1918 stellen zu können; es war für mich schon ein eigenartiges Gefühl, am Denkmal in der Nähe des Schlosses den Kranz mit der Binde, auf der „Kieler Sozialdemokraten 1918-2008“ steht, vorzufinden. Irgendwie wäre eine Aufschrift wie „Die Mörder den Opfern“ oder so passender gewesen… Am 12.11. findet im Legienhof eine Veranstaltung der SPD mit ihrem Oberbürger-
meister-Kandidaten Torsten Albig zum Thema „Kiel und die Bundeswehr – wie kann das gute Verhältnis gefestigt und ausgebaut werden?“ Irgendwie auch ein passender Hinweis darauf, welche Lehren diese Partei aus der Revolution gezogen hat. Für die LeserInnen dieser LinX-Ausgabe kommt dieser Veranstaltungshinweis nun leider zu spät.

(D.L.)