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• Die Rekommunalisierung der Kieler
Verkehrsgesellschaft (KVG) wird immer dringender. Nach Auflagen
des Kartellamtes und EU- Recht müssen bis Ende 2008 50% der
Anteile europaweit ausgeschrieben werden. Dies kann nur umgangen
werden, wenn die Stadt die privatisierten Anteile wieder zurückkauft.
Allerdings wollen die derzeitigen privaten Partner, u.a. die Hamburger
Hochbahn, die 49 Prozent der Anteile halten und derzeit für Sage und
Schreibe 12.500 Euro gekauft haben, das mittlerweile lukrative Geschäft
nicht aus der Hand geben. Sie hatten gehofft wegen der Finanznot der Stadt
Kiel irgendwann noch weitere Anteile zu erwerben. Wir berichteten darüber
bereits in der LinX 08/2008 und schilderten dort, wie inner-
halb des Betriebes mit Lohnsenkungen, Stellenabbau, Arbeitsverdichtungen
und Fahrpreiserhöhungen stattgefunden haben, so dass der Betrieb mittlerweile
mit 90 % Kostendeckung arbeitet. Nach Äußerungen des Betriebsrates
sei dies auch ein Argument für die Kieler Ratsherren, den wirtschaftlich
gut aufgestellten Betrieb wieder zurückzuholen und machen sich große
Hoffnungen. Bei einem Rückkauf wird mittlerweile von einem Betrag
von ca. 20 Mio. gemunkelt. Die Hamburger Hochbahn verdient gut in Kiel,
denn die Kieler BürgerInnen haben sich seit Jahren die ständigen
Fahrpreiserhöhungen gefallen lassen und auch die Löhne der neueingestellten
BusfahrerInnen sind von ehemals 1979 Euro auf 1.100 Euro (Brutto) heruntergedrückt
worden.
Die KVG hat zzt. 548 Beschäftigte, davon ca. 380
BusfahrerInnen. Sie beförderten im Jahre 2007 32,9 Mio. Fahrgäste.
CDU und FDP sind gegen den Rückkauf. Sie drohen mit dem Blick auf
die zunehmende Verschuldung der Stadt Kiel. So wird die finanzielle
Aushungerung der Kommunen wieder mal als Mittel benutzt eine Rekommunalisierung
zu verhindern. Die Grünen haben aber im Wahlkampf mit der Stadt-
regionalbahn geworben. Ohne die Rekommunalisierung der
KVG ist diese undenkbar. Es wird spannend, welche Lösung die Ratsversammlung
findet. Neu im Aufsichtsrat der KVG gewählt sind jetzt der SPD-
Ratsherr Achim Heinrichs als Aufsichts- ratsvorsitzender,
Betriebsratsvorsitzender Rolf Manglitz als stellvertr. Aufsichtsratsvorsitzender,
desweiteren Lutz Oschmann (Grüne) und Sönke Lintzen (CDU).
• Im Kieler Hafen fließt anscheinend nicht nur ab
und zu ein bisschen Wasser, sondern des öfteren auch viel Geld. Nach
dem Umbau des Ostseekais zu einem „Cruise &
Ferry Center Kiel“ der ca. 19 Mio. Euro gekostet haben soll
ist jetzt das nächste Projekt in Planung: Für die Stena-Line
wird bis 2010 für 16 Mio. Euro ein neuer Terminal gebaut, der gut
in die städtbaulichen Wahnzeichen der Stadt Kiel passt. 46 Meter hoch
und voll verglast. Ein Restaurant und eine öffentliche Terasse soll
„die Bevölkerung (wieder) ans Wasser führen“. Das scheint wohl
nötig, denn der freie Zugang zum Wasser wird in Kiel immer mehr durch
Antiterror-Zäune verbaut. Eine 200 Meter lange Abfertigungsbrücke
und neue Verlademöglichkeiten wie die Bahnanbindung aufs Schiff sollen
bis zu 40.000 Frachteinheiten (Container und Trailer) pro Jahr an den Schwedenkai
bringen. Dafür will Stena dann die wesentlich größeren
Nordseefähren nach Kiel holen. Während in Lübeck der Hafenbetrieb
gerade privatisiert wurde, ist dies bisher in Kiel vermieden worden. Aber
bei so viel Investitionen in die Infrastruktur durch die Öffentliche
Hand brauchen sich die Reedereien nicht zu sorgen. Der stadteigene Betrieb
Seehafen Kiel GmbH erfüllt kostenlos alle Wünsche. Bleibt nur
die Frage, wieviel Geld denn in den Stadthaushalt zurückfließt.
Der Seehafen Chef Dirk Claus (CDU) bekommt jetzt einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden,
nämlich den wirtschaftpolitischen Sprecher der SPD Hans-
Werner Tovar, der zugleich die OB Volquartz als Wirtschaftsdezernent
im Rat der Stadt kiel ablöst. Viel-
leicht erfahren wir ja in Zukunft mehr über die
Auswirkungen auf die Stadtfinanzen.
• An der Hörn wachsen weitere Bürohochhäuser in den Himmel. Davon kann die Stadt Kiel nie genug haben, denn es bringt neue Dienstleistung nach Kiel. Meistens aus dem IT-Bereich, die dann kurze Zeit später in die Pleite gehen. Aber warum sollte aus Fehlern gelernt werden. 15 Mio. Euro kostet der Bau der „Germania-Arkaden“ und so nimmt die von Krupp geforderte Namensgebung des Hafens seinen gespenstischen Verlauf in dessen Mitte ein zehngeschossiger Glasturm erwächst. Längst sind auch die Nachfragen ver- stummt, wo doch einst nur von dreigeschössigen Vorgaben die Rede war. Dafür ist ein Anschlussprojekt für ca. 9 Mio. ist in Planung.
Kiels Oberbürgermeisterin Frau Volquartz soll angeblich auf ein „pulsierendes und innovatives Quartier an der Hörn“ gehofft haben und sprach von einer „längst überfälligen städtebaulichen Entwicklung“. Die kleinste Wohnung in den Germania-Arkaden mit 263m2 kostet schlappe 3230 Euro Miete. Geworben wird so: „Die Universitätsstadt Kiel ist eine junge Stadt mit vielen kreativen Einflüssen und Innovationsdrang. Das macht sich auch im Umfeld der Germania- Arkaden bemerkbar, die schon bald, wie Förde und Schiffe, nicht mehr aus der Silhouette der Stadt wegzudenken sein werden.“
Nachdem die lange Zeit der schmidtschen Bauruinen vorbei ist, wird an der Hörn weiter geschmackvoll architektonisch nach dem Stil von CAP, Allianz und Ision weitergebaut. Demnächst dann noch im ähnlichen Design das Science Center. Zum Ausgleich werden ein paar Bäume gepflanzt. Nur die Halle 400 und die Oldtimer-Schiffe fallen aus dem Rahmen. Auch das geplante quitschgrüne ausgemusterte U-Boot der israelischen Armee, das vor dem Science Center aufgestellt werden soll, passt eigentlich nur, wenn man weiß, dass hier Rüstungskonzerne für neue Aufträge werben wollen. Oh, was ist geworden aus der städtischen Planungsvorgabe „Wohnen und Arbeiten am Meer“. Die Gaardener können hier vielleicht mal aufs Wasser gucken oder spucken und vom Segeln träumen, aber hier wohnen und arbeiten werden sie wohl kaum. Damit sie nicht ganz so enttäuscht sind, hat die Stadt Kiel just einen 1,3 Mio. Euro teuren „Wasserplatz“ mit Stufen zum Germaniahafen bauen lassen. Dieser solle auch die Verbindung von Ost nach West (von arm nach reich?) wachsen lassen. Leider steht die direkte Anbindung über die Brücke zur Gaardener Schwimmhalle nach Gaarden immer noch in den Sternen. So ganz ernst ist es wohl nicht mit der Verbindung von Arm zu Reich.
• COE CSW (Centre of Excellence
for Operations and Shallow Waters) heißt das neugegründete
Kom-
petenzzentrum der NATO welches in Kiel bei der „Einsatzflottille“
in der Wik angesiedelt wurde. 40 Offiziere und Wissenschaftler, wovon die
Deutsche Marine etwa die Hälfte als Kern stellt und ihre Infra-
struktur für einen „Transformationsprozesses“ innerhalb
des Militärbündnisses NATO zur Verfügung stellt. Bezahlt
natürlich aus Steuergeldern. „Die Abteilung „Analyse und Implementierung“
erprobt und bewertet Verfahren und Konzepte experimentell im Sinne des
CD&E-Prozesses (Concept Development and Experimentation) in Simulationen,
Übungen und Manövern. Die Abteilung führt darüber hinaus
Seminare und Workshops durch und trägt damit zur Ausbildung von Verbandsführern
und Führungsstäben bei.“ heißt es auf der Internetseite.
Es geht um den Einsatz des Militärs in Küstennähe. Insbesondere völkerrechtliche Fragen sollen geklärt werden, denn viele Einsätze der Bundesmarine finden unter dem Einsatz OEF (Operation Enduring Freedom) zur Unterstützung der USA in ihren völkerrechtswidrigen Angriffskriegen auf den Irak und Afghanistan statt. Die Verlängerung der Unter- stützung wurde vor kurzem durch die Bundesregierung beschlossen. Es geht um die aktuellen Probleme in den Operationsgebieten im Mittelmeer und im Golf von Aden am Horn von Afrika. In Kiel trafen sich dazu am 20.10.2008 ca. 150 Offiziere und Wissenschaftler im Conti Hansa zu einer Konferenz der COE CSW. Dabei waren neben Minister Dr. Werner Marnette von der Landesregierung, diverse NATO-Generäle, aber auch Vertreter von Kieler Rüstungsbetrieben wie Raytheon Anschütz, TKSM HDW, L3 ELAC Nautic, Altlas Elektronik und THALES.Derzeit befinden sich drei NATO-Einsatzverbände im östlichen Mittelmeer. U.a. ist aus Kiel der Marinetanker „Spessart“ dabei, der an der Operation „Active Endavour“ teilnimmt und für die Versorgung der Fregatten aus USA, Spanien, Türkei und Polen zuständig ist. „Aktive Endavour“ ist ein neuer Name für die Fortsetzung des völkerrechtswidrigen Einsatzes „Enduring Freedom“.