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Kommentar:
Fakten statt Ideologie

Offensichtlich versuchen MVV und E.on in Kiel ihre Truppen zu sammeln, um doch noch den Bau eines neuen, vollkommen  überdimensionierten Kohlekraftwerks durchzusetzen. Für die 800 Megawatt elektrische Leistung gibt es in Kiel und Umgebung mit Sicherheit keinen Bedarf, was auch die Kraftwerks-
befürworter eingestehen müssen. Dennoch rühren CDU, IHK und Betriebsräte mächtig die Trommel für ein neues Kraftwerk, mit dem die potenziellen Betreiber offenbar vor allem auf dem europäischen Markt hoffen, Geld machen zu können. Kurz nach Redaktionsschluss fand eine gemeinsame Werbeveranstaltung der Genannten statt. Es ist schon erstaun- lich, wie faktenresistent die Befürworter argumentieren. Bei denen, die nicht zu den Profiteuren gehören werden, muss man wohl einfach von ideologische Verbohrtheit ausgehen. Arbeitsplätze, beliebtes Argument der Betriebsräte und einiger ver.di-Aktiver, wird es in dem Kraftwerk jedenfalls kaum geben. Gerade man etwas über 90 werden es sein, weniger als im alten Gemeinschaftskraftwerk auf dem Ostufer. Eine Umstellung der Versorgung auf dezentrale, regenerative Energieträger würde wesentlich mehr Jobs schaffen.

Ein beliebtes Argument vor allem der CDU, die bekanntlich in der Stadtverwaltung und bei der Kultur gemeinsam mit den meisten anderen Fraktionen mit Hingabe Stellen streicht, und der IHK ist die Wirt-
schaftlichkeit. Sie wollen billigen Strom. Dabei blenden sie vollkommen aus, dass auch Steinkohle tendenziell auf dem Weltmarkt immer teurer wird, die einheimische Produktion zudem subventioniert werden muss und dass andererseits der Strom von erneuerbaren Energieträgern immer billiger wird. In wenigen Jahren werden die Preise sich treffen und ab dann Kohle- immer teurer als Wind- oder Solarstrom werden.

Schon jetzt bekommen Windmüller für ihre Anlagen an Land im Durchschnitt nicht viel mehr als acht Cent pro Kilowattstunde (KWh). Zum Vergleich: Bei den Kieler Stadtwerken bezahlen Privatkunden 20,47 Cent/KWh plus Grundgebühr (industrielle Abnehmer bekommen den Strom hingegen billiger, werden also praktisch durch die privaten Haushalte subventioniert). Also liebe Kohlefreunde: Mehr Fakten, weniger Ideologie bitte.

(wop)