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Haushaltsberatungen in der Ratsversammlung:

Kein Herz für Arme

Am 12. Dezember hat die Ratsversammlung den Haushalt für das kommende Jahr beraten und mit den Stimmen von SPD, Grünen und SSW beschlossen. Eigentlich hatte man zwei Tage eingeplant, aber da ungewöhnlich wenig Anträge vor lagen, hatte man die  Angelegenheit diesmal schon an einem Tag über die Bühne gebracht. Das hatte vermutlich auch mit der Umstellung zu einem neuen System der Haushalts-
führung zu tun, die wir auf Seite 2 im Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei erläutern. Der Haushalt wird knapp 40 Millionen Euro an Neuverschuldung enthalten, auf der Einnahmenseite sind unter anderem auch Grundstücksverkäufe in Höhe von 17 Millionen Euro verbucht. Ob die sich angesichts der sich entwickelnden Krise tatsächlich noch realisieren lassen, bleibt abzuwarten.

Auf den ärmeren Teil der Bevölkerung kommen jedenfalls mit Sicherheit harte Zeiten zu. Schon jetzt leben 19 Prozent der Kieler Bevölkerung unter der offiziellen Armutsgrenze. 132 Millionen Euro zahlt die Stadt an so genannten Sozialtransfers, das heißt, an ALG II und ähnlichem. Das sind immerhin 58 Prozent des städtischen Anteils am hiesigen Steueraufkommen. Trotz dieser bedrückenden Zahlen lehnten die bürger-
lichen Parteien inklusive SPD und SSW lehnten konsequent alle Anträge der Linkspartei auf vergleichsweise kleine aber wichtige Erleichterungen für diese Menschen ab. (Weihnachtszuschuss, Schülerfonds etc. Mehr dazu im nachfolgenden Interview.)

Höhnisches Gelächter kam aus den Reihen der CDU, als der linke Ratsherr Bernd Jenning darauf hinwies, dass in Deutschlands Kommunen auch deshalb so wenig Geld für Soziales ausgegeben werden kann, weil die Bundesregierung gerne Soldaten in alle Welt schickt und in Afghanistan sich faktisch an einem Krieg beteiligt. Auch Ratsherr Michael Schmalz von der SPD meinte, man solle doch lieber nach Kiel zurück kommen. Die Anträge der Linkspartei fand er populistisch. Ansonsten hofft er darauf, dass die Stadt die so genannten Kosten de Unterkunft, das heißt, die Zuschüsse zu den Wohnkosten absenken kann. Mit anderen Worten: SPD, SSW und Grüne setzen darauf, ALG-II-Empfänger vermehrt zum Umzug zu zwingen.

Für die Arbeitsloseninitiative – auch das ein Antrag der Linken – werde es so lange kein Geld geben, meinte Schmalz, wie diese nicht mit der Arge zusammen arbeitet. Florian Jansen von der Linkspartei hielt ihm entgegen, dass es in Kiel eine wachsende Zahl von  Widersprüchen gegen die Bescheide der Arge und des Job-Centers gebe und dass diese meist erfolgreich sind. Das zeuge nicht von guter Beratung auf den Ämtern und mache die Notwendigkeit einer unabhängigen Beratung deutlich, wie sie seit vielen Jahren die Initiative anbiete. 


(wop)

 
Gesehen auf der bundesweiten Demonstration gegen Schröders "Agenda 2010" am 2. Oktober 2004. Inzwischen ist angesichts der sich entfaltenden Krise Widerstand mehr denn je angesagt, und manche träumen schon, Griechenland könnte der Anfang sein. Auch in Kiel gab es bereits eine Solidaritätsdemo mit den dortigen Protesten, und zwar am 12. Dezember. 150 Leute nahmen teil. Derweil wird hierzulande über bundesweite Aktionen gegen das Abwälzen der Krisenlasten auf die Schultern der Lohabhängigen und Marginalisierten gesprochen.