Rechnungshof schaltet sich ein
An den geplanten Millionenausschüttungen für ausgewählte Investoren gibt es heftige Kritik. Die Regierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein geraten wegen der Krise der HSH Nordbank zunehmend unter Druck. Die Opposition im Kieler Landtag fordert den Rücktritt von Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) und Innenminister Lothar Hay (SPD). Die Planungender angeschlagenen HSH Nordbank sorgen auch an anderer Stelle für Zündstoff: Während Politiker der Oppositionsparteien im schleswig-holsteinischen Landtag die Pläne als untragbar kritisierten, interessiert sich nun auch der Landesrechnungshof für die geplanten Zahlungen in Höhe von 70 Millionen Euro an ausgewählte Investoren.
Landesrechnungshof beurteilt Vorgehen "kritisch"
Experten des Landesrechnungshofes sind sich den Angaben
zufolge nicht sicher, ob es rechtmäßig ist, wenn die Bank trotz
zu erwartender Verluste knapp 70 Millionen Euro an institutionelle Anleger
auszahlt. Auf-
grund bisheriger Prüfungen des Landesrechnungshofes
und aus den jetzigen Erkenntnissen beurteile man das Vorgehen der Bank
kritisch, sagte die Leiterin der zuständigen Abteilung des Landesrechnungshofes.
Man könne zur Zeit allerdings keine Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit
der HSH Nordbank Vorhaben abgeben. Es bleibe abzuwarten, was die verantwortlichen
Personen zum Sachverhalt sagen und wie sich die Aktionäre in den Ausschüssen
einlassen.
Keine Sondersitzung zur HSH Nordbank
Zudem kritisierte die Opposition im Kieler Landtag scharf,
dass der Finanzausschuss erst in der nächsten regulären Sitzung
(15.01.2009) beraten soll und nicht schon vorher in einer Sondersitzung.
Grüne und FDP in Schleswig-Holstein hatten das Vorgehen der HSH Nordbank
als untragbar kritisiert und Konsequenzen gefordert. FDP-Fraktionschef
Wolfgang Kubicki hatte die Zahlungen in der jetzigen Lage als rechtswidrig
bezeichnet. Als "letzte Konsequenz" brachte er gegenüber dem Flensburger
Tageblatt einen Unter-
suchungsausschuss ins Spiel.
"Am Rande der Veruntreuung"
Auch in Hamburg wurde heftige Kritik laut: Der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Thomas Böwer hält die Ausschüttung ebenfalls für unzulässig und sagte in einem Rundfunkinterview, der Vorgang liege „am Rande der Veruntreuung". Die Bank handele rechtlich einwandfrei, sagte dagegen HSH-Sprecher Rune Hoffmann. Alles sei juristisch genau geprüft worden. Bliebe die Verzinsung der Finanzanlage aus, so drohe ein Abfluss der Gelder.
Hamburgs Finanzsenator wehrt sich gegen Rücktrittsforderungen
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer
will laut einem Bericht des NDR in einer neuerlichen parlamentarischen
Anfrage jetzt unter anderem wissen, wann sich der Aufsichtsrat der HSH
Nordbank mit den jeweiligen Auslandsbeteiligungen der Bank befasst hat,
wer der Gründung der Tochterfirmen zuge-
stimmt hat und wer in den betreffenden Sitzungen die
Freie und Hansestadt Hamburg vertreten hat. Unterdessen wies Hamburgs Finanzsenator
Michael Freytag (CDU) hat Rücktrittsforderungen von der SPD wegen
der umstrittenen Auslandsaktivitäten der Bank zurück. Die Sozialdemokraten
werfen ihm vor, als Aufsichtsrat umstrittene Geschäfte in Steueroasen
mitgetragen zu haben. Nun droht die SPD mit einem Untersuchungsausschuss
in der Bürgerschaft. Freytag betonte, dass er einen Untersuchungsausschuss
nicht fürchte. Schließlich hätten schon frühere SPD-Senate
die heute umstrittenen Auslandsgeschäfte der Landesbank, zum Beispiel
auf den britischen Kanalinseln, mitgetragen. Zuvor hatte Bürgermeister
Ole von Beust (CDU) dem Finanzsenator bereits den Rücken gestärkt:
„Michael Freytag ist ein erfolgreicher Finanzsenator", sagte Beust. „Die
vor uns liegenden Aufgaben sind zu wichtig und zu ernst, um politische
Ritualpflege zu betreiben."
Hamburger SPD denkt über Untersuchungsausschuss nach
Indes überlegt die Hamburger SPD weiter, ob sie einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt. Als Zeuge müsste dann auch der ehemalige Finanzsenator und Erste Bürgermeister der Hansestadt, Ortwin Runde (SPD), erscheinen. Runde reagierte amüsiert auf eine mögliche Ladung vor den Ausschuss. Die Jahre während seiner Amtszeit als Finanzsenator - 1993 bis 1997 - seien äußerst erfolgreiche Jahre gewesen. „Dafür übernehme ich auch die Verantwortung", sagte Runde, der jetzt Bundestagsabgeordneter für Wandsbek ist. Auch seine Nachfolgerin, Ingrid Nümann-Seidewinkel, die bis 2001 im Amt war, sehe einer möglichen Befragung im Untersuchungsausschuss gelassen entgegen. In ihrer Amtszeit expandierte die damalige Hamburgische Landesbank im Zuge der weltweiten Schiffsfinanzierung auch nach New York, Hongkong, Singapur und die britische Kanalinsel Guernsey.
Gutachten zur Lage der HSH Nordbank erst im Februar
Detaillierte Informationen über die Lage der Bank sind vermutlich erst gegen Ende Februar zu erwarten. Das für den Jahresanfang angekündigte Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über mögliche weitere Risiken soll sich verzögern, hieß es seitens der HSH Nordbank.