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Gewerkschaftsticker

Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid muss nicht in den Knast. Das Kieler Landgericht legte ihm zur Last, eigene Anteile an Mobilcom an eine Gesellschaft in Liechtenstein veräußert zu haben, obwohl die Landes-
bank Sachsen die Anteile pfänden wollte. Das Gericht  verurteilte Schmid deshalb wegen vorsätzlichen Bankrotts in drei Fällen zu einem Jahr und neun Monaten Haft, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Schmid hatte Mobilcom 1991 gegründet und verhob sich mit dem Einstieg in das UMTS-Geschäft. 2003 meldete er Privatinsolvenz an. Das Immobilienprojekt in Kiel ist inzwischen fast fertig. Es umfasst Büro-
räume und Wohnungen und gehört vor allem Schmids vermögender Ehefrau.

Die rund 400 Mitarbeiter der angeschlagenen Kieler Lindenau-Werft können zunächst einmal durchatmen. Der Gläubigerausschuss stimmte für die Fortführung des Betriebes. Jetzt gehe es darum, neue Aufträge für die Werft zu akquirieren, sagte der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter Jan Wilhelm. Für die Beleg-
schaft sei diese Entscheidung in jedem Fall ein gutes Signal. Auch der Kieler IG-Metall-Chef Wolfgang Mädel wertete die Entscheidung der Gläubiger gegen eine Stilllegung als eine gute Nachricht für die  Beleg-
schaft. Der Wert der Werft sei erkannt worden. Nun sei es notwendig, sich neben Neubauten auch verstärkt um Reparatur-Aufträge zu bemühen. Dies wurde Mädel zufolge bei Lindenau lange vernachlässigt. Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Ratsfraktion Ralph Müller- Beck und Lutz Oschmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen freuen sich über das Ergebnis der Gläubigerversammlung der Lindenau-
Werft.„Das ist ein gutes Zeichen für die Beschäftigten!“

13.000 Arbeitsplätze in Gefahr: Der krisengeschüttelte Speicherchiphersteller Qimonda ist pleite. Das Unternehmen hat einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München gestellt. Zuvor war bekannt geworden, dass die sächsische Landesregierung keine weiteren Mittel in die Rettung des angeschlagenen Chipherstellers investieren wollte. „Der Freistaat Sachsen bleibt bei seinem Angebot von 150 Millionen Euro“, sagte ein sächsischer Regierungssprecher der ‚Frankfurter Rundschau’. Alles Weitere müsse das Unternehmen beibringen. Dem Bericht zufolge hatte es in jüngster Zeit mehrmals Gespräche mit der Bundesregierung zur Rettung des Unternehmens gegeben. In Berlin hieß es demnach, Qimonda habe bislang kein tragfähiges Konzept für die Zukunft vorweisen können. Man glaube deshalb kaum, dass die Insolvenz des Unter-
nehmens noch abwendbar sei.

Der ver.di Bezirksvorstand Kiel-Plön wählte am 12. Januar die diplomierte Erziehungswissenschaftlerin Susanne Schöttke zur  neuen zukünftigen Bezirksgeschäftsführerin des Bezirkes Kiel-Plön. Die 34 jährige Lübeckerin ist seit mehreren Jahren hauptamtliche Gewerkschaftssekretärin, zuerst im Bereich der Jugend und jetzt im Bereich der Telekommunikation. Vorher war sie als Altenpflegerin, Verkäuferin oder im Callcenter tätig, nachdem sie ihr Studium in Hamburg, Berlin und an der Fernuniversität Hagen absolviert hatte. Als Schwerpunkte ihrer zukünftigen Arbeit nannte Susanne Schöttke die Stabilisierung der Vertrauensleutearbeit und den Ausbau ehren- amtlicher Strukturen, um „gemeinsam erfolgreich zu sein“.

Die Beschlüsse der großen Koalition zu Mindestlöhnen hat Michaela Rosenberger, stv. Vorsitzende der Gewerkschaft NGG, scharf kritisiert: „Es ist für uns absolut unverständlich, nach welchen Kriterien die Bundesregierung die Lohnuntergrenzen angesetzt hat. Branchen, in denen bereits gute Tarifverträge existieren, brauchen keine Mindestlöhne.“ Notwendig sei ein einheitlicher, gesetzlicher und vor allem Existenz sichernder Mindestlohn, der sittenwidrige Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verhindere. „Gerade die Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe erhalten oft Löhne, die in keinem Verhältnis zu ihrer Leistung stehen und die manchmal auch nicht zum Leben reichen. Diese Menschen brauchen eine Sicherung ihrer Einkommen und den Schutz vor Arbeitgebern, die sittenwidrige Löhne zahlen. Nur ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn könne die Willkür vieler Arbeitgeber stoppen und den Betroffenen ihre Würde zurückzugeben“, so Rosenberger.

„Immer mehr Menschen im Norden können von ihrem Lohn nicht leben.“, so der DGB Nord-Vorsitzende Peter Deutschland. Er ver- wies darauf, dass von 2006 bis 2008 die Zahl der so genannten Aufstocker in allen drei Ländern stark angestiegen sei: in Schleswig- Holstein um 11.181 auf 45.419 (+32,7 %), in Hamburg um 7.053 auf 31.058 (+29,4%) und in Mecklenburg-Vorpommern um 9.420 auf 52.854 (+21,7%). Deutschland: „Es gibt nicht wenige Unternehmen, die gerade deshalb Dumpinglöhne zahlen, weil es die Hartz  IV- Zuzahlungen gibt und erzeugen so zusätzlichen Druck auf das gesamte Lohngefüge. Unser Land ist mittlerweile eines der größten Niedriglohnländer in Europa geworden, was für uns ein Armuts-
zeugnis darstellt. Das verträgt sich nicht mit der immer weiter um sich greifenden Erkenntnis, dass die Binnennachfrage gestärkt werden muss.“

Die IG BAU zieht mit der höchsten Forderung seit Jahren in die am 5. März beginnende Tarifrunde des Bauhauptgewerbes. Die Ge- werkschaft verlangt sechs Prozent mehr Geld für die 700000 Beschäftigten. IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel verwies zur Begründung auf die gestiegenen Gewinne der Unternehmen sowie das Konjunkturprogramm der Bundesregierung: »Das Baugewerbe hat sich von den Krisenjahren erholt. Es wird dank des Konjunkturprogramms der Bundesregierung stabil bleiben«, erklärte Wiesehügel.

Wegen des Konjunktureinbruchs will der Bayer-Konzern in seiner Kunststoffsparte Berichten zufolge Gehaltskürzungen von bis zu zehn Prozent durchsetzen. Für den Lohnverzicht bei gleicher Arbeitsleistung solle eine Öffnungsklausel im Flächentarifvertrag verwendet werden. Ein Konzernsprecher erklärte, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Im Gespräch ist demnach auch die Einführung von Kurzarbeit an den Standorten Dormagen, Krefeld-Uerdingen und Brunsbüttel. Laut Rheinischer Post lehnt der Betriebsrat sowohl eine mögliche Lohnkürzung wie auch die Einführung von Kurzarbeit bei der Kunststoffsparte Material Science ab. „Es gibt auch andere Mittel, und wir werden alle Instrumente diskutieren“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plant für Mitte Mai einen „Kapitalismuskongreß“ zur Auf-
arbeitung der Finanz- und Wirtschaftskrise. An den zweitägigen Kongreß mit Gewerkschaftern, Wissenschaftlern und Kirchenvertretern soll sich eine Großdemon- stration in Berlin anschließen, wie DGB-Chef Michael Sommer in Berlin ankündigte. Die Krise hat nach Einschätzung von Sommer dem DGB neue Akzeptanz verschafft. Noch bis vor kurzem seien die Gewerkschaften für ihr Eintreten gegen unsinnige Privatisierungen und exorbitante Managergehälter sowie für höhere Löhne, mehr Mitbestimmung und verstärkte öffentliche Investitionen noch als Betonköpfe beschimpft worden. „Plötzlich singen alle unser Lied“, betonte der DGB-Vorsitzende.

Angesichts eines neuen Rekords bei Klagen gegen die „Hartz IV“ -Gesetze und einzelne Bescheide hat das Bundessozialgericht (BSG) Nachbesserungen bei der Reform gefordert. 2008 gab es bei den Sozialgerichten der 1. Instanz bundesweit rund 174618 neue Verfahren, wie das BSG in Kassel auf seiner Jahrespresse-
konferenz mitteilte. 2007 waren es 136614 Klagen. Im Mittelpunkt standen 2008 Fragen zur Übernahme der Unterkunftskosten sowie zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen. BSG-Präsident Peter Masuch forderte den Gesetzgeber auf, die bei Hartz IV gemachten Erfahrungen und die grundsätzlichen Entscheidungen des Bundessozialgerichts auszuwerten, um „mögliche Fehlentwicklungen zu beseitigen“.

hg,csk