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Ratsversammlung:

Neufestsetzung der Mietobergrenzen im Sozialausschuss auf Eis gelegt

In Kiel arbeiten die Behörden bei der Beurteilung der „angemessenen“ Höhe der Mietkosten für Grund-
sicherungsempfängerInnen mit Mietobergrenzen von 1991. Wenn die Betroffen vor Gericht gehen weil sie keine Wohnung finden, die diesen Mietobergrenzen  entspricht und aus ihrer Grundsicherung selber draufzahlen müssen, verliert die Landeshauptstadt regelmäßig und muss zu den höheren Mietzahlungen dann auch noch die Prozesskosten tragen. Die Gerichte legen bei der Beurteilung der „angemessenen“ Mietkosten nämlich die tatsächlichen aktuellen Miethöhen in Kiel zugrunde, die in dem alle zwei Jahre erscheinenden Mietspiegel dargestellt werden.

Die Ratsfraktion DIE LINKE hatte auf der Ratsversammlung am 15.01.2009 den Antrag eingebracht, die Mietobergrenzen an die tatsächlichen Gegebenheiten in Kiel anzupassen. Dazu Florian Jansen, Vorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE: „Wir möchten, dass die Mietobergrenzen endlich an diesen Mietspiegel angepasst werden, um allen LeistungsempfängerInnen zu ihrem Recht zu verhelfen ohne, dass diese erst vor Gericht ziehen müssen, und um der Landeshauptstadt die erheblichen Prozesskosten zu ersparen.“

In der Überweisung dieses Antrages in den Sozialausschuss zur weiteren Beratung drücke sich die Unsicherheit der übrigen  Ratsfraktionen aus. Bisher haben diese darauf gesetzt, dass die Mehrheit der Betroffenen aus Unkenntnis ihrer Rechte den Gang zu den Gerichten scheut und eher aus eigener Tasche draufzahlt, so dass die Kosten für die Stadt insgesamt geringer ausfallen, als wenn die Ratsversammlung endlich die Mietobergrenzen anhebt. „Diese Haltung ist zynisch und menschenverachtend. Es muss endlich damit aufgehört werden, zu versuchen den städtischen Haushalt mit rechtlich äußerst fragwürdigen Methoden auf Kosten der finanziell Schwächsten Bürgerinnen und Bürger aufzubessern.“

Bei der Vorstellung des Antrags in der Ratsversammlung übergab Jansen der Stadtpräsidentin eine Liste mit 910 Unterstützungsunterschriften. Die positive Resonanz zur Unterschriftenaktion sei einerseits ermutigend, so Heinz Wieser, Sprecher des Kreisverbandes der Kieler Linken und Mitinitiator des Antrags; andererseits seien die Aussagen und Schilderungen vieler Betroffener, insbesondere vor den Arbeitsagenturen und Job-
centern, zu ihrer persönlichen Lebenssituation erschütternd gewesen. So würden jungen Menschen die Anmietung einer Kleinstwohnung verweigert, weil die Mieten geringfügig über den Normsätzen lägen; anschließend aber würde die Verwaltung für die Unterbringung der Betroffenen in einfachsten Behelfs-
unterkunften mitunter doppelt so viel bezahlen. Das versteht kein Mensch, ist skandalös und mit der offiziellen Jugendpolitik der Kieler Kooperationsparteien und schon gar nicht mit den Bemühungen zur Eingliederung arbeitsloser Jugendlicher zu vereinbaren, so Wieser.

Der OB-Kandidat der Kieler Linken, Raju Sharma, rief die Fraktionen der Ratsversammlung auf, den Antrag zügig zu beraten und am besten parteiübergreifend schnellstmöglich neue Mietobergrenzen zu beschließen, um die Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Verwaltung im Einzelfall zu sachgerechten und rechtssicheren Entscheidungen treffen kann. Wenn man den Anspruch der sozialen Stadt ernst nimmt, ist der sorgfältig begründete Antrag der Linken ein politisches Angebot, das man eigentlich nicht ablehnen kann, so Raju Sharma.

Auf Antrag der SPD wurde nun der Vorschlag der LINKEN zur Neufestsetzung der Kieler Mietobergrenzen am 23. Januar 2009 von der Tagesordnung des Sozialausschusses gestrichen. Ohne sich mit der Thematik inhaltlich zu befassen, beschlossen die Vertreter von SPD, CDU und Grüne (bei Enthaltung der FDP) im Sozialausschuss nun, den Antrag der LINKEN bis zu 6 Monaten zurückzustellen.

Für den OB-Kandidaten der LINKEN, Raju Sharma, ist dieses Vorgehen ein klarer Fall von Arbeitsver-
weigerung. Sharma sagte heute in Kiel: „Der Antrag der Linksfraktion war inhaltlich sorgfältig ausgearbeitet und gut begründet. Dass SPD, CDU und Grüne sich trotzdem nicht damit befassen wollen, beweist, dass die mit der Agenda 2010 geschmiedete große Hartz IV-Koalition von SPD, CDU und Grünen ungeachtet aller Wahlkampfrhetorik auch heute noch Bestand hat.

Wenn als Begründung für die Verschiebung behauptet werde, man wolle erst ein Evaluationsgutachten der ARGE abwarten, sei dies ein kaum zu überbietender Zynismus, so Sharma. Denn der Sozialausschuss selbst habe erst im November 2008 beschlossen, dass die Evaluation einen Zeitrahmen von 1 Kalenderjahr umfassen und das Jahr 2009 voll einbeziehen solle, so dass die Berichterstattung über Ergebnisse im 2. Quartal 2010 vorliegen werde.“

Sharma: Selten passte die Redewendung auf Eis gelegt besser als bei diesem kaltherzigen Politmanöver von SPD, CDU und Grünen zulasten der Schwächsten dieser Gesellschaft. Diese werden somit noch weiter gezwungen bleiben, ihr gutes Recht vor Gericht einzuklagen.

Die LINKE werde dafür sorgen, dass das Thema weiterhin auf der politischen Agenda bleibe, so Sharma abschließend.

(uws - aus Pressemitteilungen der LINKEN)