Kieler Nazis kündigen neue Gewalttaten an
Im „Kampfjahr 2009“, so erklärte vor einigen Tagen
die faschistische „Aktionsgruppe Kiel“, solle „die Landeshauptstadt wieder
Frontstadt“ werden. Mit den Überfällen auf antifaschistische
Einrichtungen wie den Buchladen Zapata und die Hansastraße 48 in
der ersten Februarwoche, bei denen sie Scheiben ein-
warfen und erheblichen Sachschaden anrichteten, haben
die Nazis einen ersten Eindruck davon gegeben, wie sie ihr Ziel erreichen
wollen. Darüber hinaus ist mit verstärkten Propagandaaktionen
zu rechnen, zumal die „Aktionsgruppe“, deren Mitglieder sich selbst
als „nationale Sozialisten“ bezeichnen, personell eng mit der NPD verflochten
ist und deren Wahlkampfaktionen in diesem Jahr mit gestalten wird.
Der ehemalige NPD-Landesvorsitzende und Gewaltverbrecher Peter Borchert, der zur Zeit wegen seiner Beteiligung an Messerstechereien im Rotlicht-Milieu in Kiel in Untersuchungshaft sitzt, bleibt Leitfigur der „Aktionsgruppe“; seine Inhaftierung habe nicht zur Lähmung oder Zerschlagung des „nationalen Lagers“ beigetragen – eben das habe der „Nationale Widerstand“ in den vergangenen Wochen mit seinen Propaganda- und Gewalteinsätzen unter Beweis gestellt. Die Verlautbarung schließt mit den Worten: „Die Aktionsgruppe Kiel ruft alle Nationalisten aus der Landeshauptstadt und Umgebung dazu auf, sich zu organisieren und auch unabhängig als Werwolfeinheiten zu agieren!“ – Viel klarer kann das Bekenntnis zur Tradition der NSDAP nicht ausfallen.
Zu den Mitgliedern der AG Kiel gehören Peter von
der Born, Nils Holm und Christopher Rüdiger – Mit-
glieder und Kommunalwahl- Kandidaten der NPD. Peter
von der Born hat nach eigenem Bekunden seinen Arbeitsplatz verloren, nachdem
er dort infolge einer von einigen Angehörigen der autonomen Szene
durch-
geführten „Outing-Aktion“ als Faschist entlarvt
worden war. Die AG selbst bekundet Freude über seine Entlassung, da
er sich nun, nicht mehr behindert durch Erwerbsarbeit, wieder aktiv „in
die Front der nationalen Sozialisten“ einreihen könne.
Die NPD Schleswig-Holstein hat am 25. Januar auf einem
Parteitag in Högel ihre Landesliste zur Bundes-
tagswahl aufgestellt. Dem Landesvorsitzenden Uwe Schäfer
folgt dort auf Platz 2 Jans Lütke, der jahrelang vorzugsweise mit
Peter von der Born durch Kiel gezogen ist. Bereits auf Platz 3 steht eine
der bekanntesten Figuren der militant-nationalsozialistischen „Freien Kameradschaften“:
Thomas „Steiner“ Wulff, noch vor Ingo Stawitz. Auch Hermann Gutsche, der
seit dem 21. Januar Kreisvorsitzender der NPD in Kiel ist, steht auf der
Liste. Die NPD hofft, nun eine "geschlossene und schlagkräftige Truppe"
mit "Unterstützung aller Parteimitglieder und vieler freier Kräfte"
beisammen zu haben.
Diese faschistische Partei und die diversen „freien“ Nazi-Gruppen
in ihrem Umfeld haben keinen Anspruch auf freie politische Betätigung
in irgendeiner Form. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Ver-
brechen – unter dieser Losung gilt es wiederum, den Nazis
entgegenzutreten und sie an der Verbreitung ihrer mörderischen Ideologie,
an der Begehung weiterer Gewalttaten zu hindern. Ein Treffen von VertreterInnen
der angegriffenen und anderer bedrohter antifaschistischer Einrichtungen
wird in der kommenden Woche stattfinden. Es ist notwendig, dass sich wieder
einmal alle demokratischen und antifaschistischen Organisationen in Kiel
zusammenfinden zu an- dauernden und eindrucksvollen Aktionen gegen
das Auftreten der Faschisten in unserer Stadt. Gesicht zeigen gegen Faschismus
und Rassismus, immer mehr Menschen einbeziehen und ermuntern zu öffentlichem
Protest gegen das faschistische Treiben – darauf kommt es jetzt und in
den kommenden Monaten an. Die Forderung nach Verbot und vollständiger
Auflösung der NPD und aller anderen faschistischen Organisationen
muss mit Nachdruck erhoben werden, die auf dieses Ziel gerichtete Kampagne
„nonpd“ der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen
sollte breite Unterstützung erfahren.
Angesichts der Frechheit und Rücksichtslosigkeit der faschistischen Umtriebe ist jede Form der Empörung darüber und des Versuchs, die Nazis zu stoppen, nur allzu verständlich. Planlose (oder auch schlecht geplante) Aktionen, die womöglich noch den Eindruck von Bandenkämpfen vermitteln (oder es der Presse ermöglichen, diesen Eindruck zu verbreiten), sind allerdings wenig hilfreich. Besonders peinlich wird es, wenn solche Aktionen den Nazis die Gelegenheit bieten, sich über AntifaschistInnen lustig zumachen, wie es nach einer Auseinandersetzung in der Kieler Innenstadt vor einigen Tagen geschehen ist. Darüber wird zu sprechen sein. Kein Zweifel darf daran bestehen, dass die AntifaschistInnen, die im Anschluss an die genannte Aktion von der Polizei festgenommen wurden und gegen die nun wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs und der gefährlichen Körperverletzung ermittelt wird, unserer Solidarität bedürfen.
Kiel als nationalsozialistische Frontstadt, durchsetzt von zu jeder Gewalttat bereiten Werwolfeinheiten? – Niemals! Nach wie vor gilt:
Dies ist unsere Stadt! Hier ist für Faschisten kein Platz!