Nächste Seite
Ratsversammlung Kiel und AntifaschistInnen:

Jetzt gemeinsam gegen Nazis!?

Am 14.5.2009 hat die Mehrheit der Ratsmitglieder der LH Kiel eine von B90/Die Grünen unter Beteiligung der Fraktionen von SPD, PDL, FDP und der SSW-Abgeordneten eingebrachte „Resolution für Demokratie und Toleranz, gegen Rassismus und Gewalt“  verab- schiedet. Das immer gewalttätigere und bedrohliche Auftreten faschistischer Parteien wie der NPD, Freier Kameradschaften und anderer faschistischer Organisationen in Kiel dazu, sich gemeinsam gegen faschistische Gewalt auszusprechen.

In ihrer Resolution „ruft die Ratsversammlung die Bürgerinnen und Bürger auf, aktiv in ihrem Umfeld, am Arbeitsplatz, in der Schule und in der Freizeit gegen rassistische und ausgrenzende Äußerungen Stellung zu beziehen, den betroffenen Menschen beizustehen und deutlich zu machen, dass wir nicht wegsehen und Diskriminierung und Gewalt nicht tolerieren.“ (Zitat Resolution) Die Resolution ist zunächst positiv zu bewerten, zeigt sie doch dass nun endlich auch den Aussagen einzelner Parteien und Kommunalpolitikern in Kiel Abgeordnete sich gemeinsam gegen faschistische Umtriebe erklären. Wichtig vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass der NPD- Kreisvorsitzende Gutsche Mitglied der Ratsversammlung ist und ihm so deutlich gemacht wird, dass eine Zusammenarbeit mit ihm nicht in Betracht kommt. Beweisen müssen sich Erklärungen und Resolutionen jedoch immer in der Praxis. Bisher zumindest stimmt die Aussage nicht „weder gewaltsame Übergriffe noch neonazistische und rechtsextreme Propaganda – auch nicht in Form von Fahnen oder Aufklebern – werden wir in unserer Stadt dulden.“

In Erinnerung an die faschistische Gewalttat vom 18.4., bei der ein Tänzer des städtischen Balletts brutal niedergeschlagen bleibt zu fragen, welche Schritte die Stadt Kiel geht, um solche Verbrechen zu verfolgen, bzw. in der Zukunft zu verhindern? Das funktioniert doch nur, wenn faschistischen Organisationen die Möglichkeit genommen wird ihre Propaganda mit Informationsständen, Kundgebungen und Aufmärschen zu betreiben. Diese werden aber immer wieder von städtischen Ämtern und Polizei nicht nur geduldet, sondern auch geschützt. Dazu werden Menschen, die sich an antifaschistischen Aktionen beteiligen, die sich den Nazis in den Weg stellen, kriminalisiert. Von Platzverweisen, über Aufnahme der Personalien, Inge-
wahrsamnahme, strafrechtlichen Verfolgungen und Anzeigen reicht die Liste der Maßnahmen.

Zunehmend wird mit immer brutaleren Mitteln versucht antifaschistisches Auftreten zu unterbinden. Mehrfach wurden Polizeihunde mitgeführt. Da diese ohne Maulkorb in die Nähe der Antifaschistinnen und Antifaschisten gebracht werden, kam es durch die Aggressivität dieser Hunde in den letzten Wochen mehrfach zu gefährlichen Hundebissen, die ärztlich versorgt werden mussten. So geschehen z. B. bei Flugblattverteilungen in der Innenstadt im März und an dem Informationsstand des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus am 18.4.2009.

Von einer Unterstützung des Auftretens von Personen gegen Faschisten kann da nun wirklich nicht die Rede sein. Eindeutiger ist hier einer Be- und Verhinderung antifaschistischer Arbeit zu reden. In der Resolution „ruft die Ratsversammlung die Bürgerinnen und Bürger auf, aktiv in ihrem Umfeld, am Arbeitsplatz, in der Schule und in der Freizeit gegen rassistische und ausgrenzende Äußerungen Stellung zu beziehen,......“.

Die Aufforderung während der Kreiswahlausschusssitzung im April 2009 „die NPD nicht zur Wahl zuzulassen“ wurde mit einer Anzeige der Stadt Kiel wegen Hausfriedensbruchs beantwortet. Der Versuch an der Auszählung des Kommunalwahlergebnisses im Mai teilzu- nehmen, wurde durch die LH Kiel mit einem Hausverbot vereitelt, da die Personen „bekannt sind als ständige TeilnehmerInnen an anti-
faschistischen Aktivitäten“. Gekrönt werden solche Vorwürfe dann durch Aussagen wie die Person „ist wegen ungebührlichen Verhaltens“ aufgefallen. Antifaschistisches Engagement ist ungebührlich? Ein Resultat der Resolution muss mindestens die Forderung der Fraktionen nach der Einstellung aller durch die Stadt Kiel in Gang gesetzten Strafverfolgungen, Anzeigen und Hausverbote gegen Anti- faschistInnen sein, will man seine eigenen Worte denn glaubwürdig vertreten.

Nicht nur das Wahrnehmen, sondern das Unterbinden von Gewalttaten faschistischer Personen und Gruppen wäre eine andere Maßnahme. Eine weitere: antifaschistischen Protest in verschiedenen Formen endlich nicht nur zulassen, sondern fördern. Schließlich wurden von der Ratsversammlung auch finanzielle Mittel beschlossen, die dieser Arbeit zugute kommen sollen. Einen Teil dieser Gelder können Basis-
initiativen, die nicht parteilich oder in irgendeiner Form staatlich finanziert werden, sehr gut einsetzen, um öffentlichkeitswirksam Argumente gegen Rassismus und Faschismus bekannter zu machen, Informations-
plattformen und Materialien zu erstellen.

Dass antifaschistischer Protest wirksam sein kann, hat die Aktion gegen den Infostand der Faschisten am 8. Mai 2009 gezeigt. An diesem Tag wollten die Nazis von 14-19 Uhr in der Nähe des Asmus-Bremer-Platzes auftreten. Beendet wurde ihre Aktion bereits nach einer dreiviertel Stunde, da durch die spontan zusammengetroffenen AntifaschistInnen und ihren Protest mit Flugblättern und Redebeiträgen zum Tag der Befreiung vom Faschismus, den Nazis keine Möglichkeit gegeben war ihre Materialien zu verteilen. Auch eine von der NPD angemeldete Kundgebung am 23.5. in der Nähe des Alten Markts wurde nicht durchge-
führt: an diesem Tag waren ebenfalls so viele AntifaschistInnen rechtzeitig in der Innenstadt, so dass die Faschisten auf ihren Weg vom Bahnhof in Richtung Kundgebungsplatz verzichteten.

Doch trotz positiver Beispiele dürfen wir nicht darüber hinwegsehen, dass Faschisten versuchen nach wie vor in der Stadt präsent zu sein. In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai wurden erneut in der Hansa-
strasse48 die Scheiben eingeworfen. Solchen, seit der Kommunalwahl 2008 verstärkt durchgeführten, gewalttätigen Übergriffen auf alternative und linke Projekte und Einrichtungen gilt es endlich ein Ende zu bereiten.

Wie gesagt: die Resolution der Ratsmitglieder kann ein Anfang sein, den Faschisten gemeinsam entgegen-
zutreten. Maßstab dafür wird aber auch sein, wie die Arbeit antifaschistischer Bündnisse wie der „Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel“ und die daran teilnehmenden Organisationen und  Personen unterstützt wird. Die „Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus“ ist nach wie vor die Grundlage gemeinsamer antifaschistischer Arbeit in Kiel.

Das ist unsere Stadt!

Hier ist kein Platz für Nazis!

B. J.
Demo Kiel 2008

Für  heute ist eine Demonstration unter dem Motto "Schluss mit der Nazi-Gewalt!" geplant. Treffpunkt ist um 17.00 Uhr vor der Hansa48. Aktueller Anlass sind die Bedrohungen von PartybesucherInnen durch Nazis am Wohnprojekt "Dampfziegelei" am 23.5. und die Angriffe mit Steinen auf die Hansastraße 48 und die Dampfziegelei in der Nacht vom 29. auf den 30. Mai 2009.