Wir sind hier, wir sind laut – weil man uns’re Bildung
klaut“, scholl es am Dienstag, 9. Juni, durch die Straßen von Kiel.
Bis zu 2.500 Schüler/innen und Studenten/-innen beteiligten sich an
der Kieler Bildungs-
streikdemo, wobei die SchülerInnen eindeutig in
der Mehrzahl waren. Die Aktion war eine Fortführung von Protesten,
die im November vergangenen Jahres mit einem Schulstreik begonnen haben
und nun im Rahmen der bundesweiten Bildungsstreiks wieder aufgenommen wurden.
Die Proteste, die von DGB-
Jugend, GEW und Landesschülervertretung unterstützt
werden richteten sich gegen weitere Eliteschulen, gegen das „Turboabitur“,
gegen die Profiloberschule und gegen ein Bildungssystem, in dem nur
Eliten gefördert werden. Weiterhin wurden Forderungen nach stärkerer
finanzieller Unterstützung bei der Anschaffung von Schullektüre
bei Klassenfahrten und Beförderung laut. Jann Lossdörfer, Sprecher
des Bündnisses, sagte: „Es geht auch um eine bessere Einbindung der
Schüler und Studenten in die Reform-
prozesse. Denn wir als direkt Betroffene wurden dabei
bislang überhaupt nicht gefragt.“
Trotz Regen war die Stimmung gut und es herrschte ein
„sympathisches Durcheinander“ am Rande der Demoroute, die mit Tausenden
von thematisch passenden Aufklebern und Flyern verschönert wurde.
Auch zwei bengalische Feuer erleuchteten den Weg. Offensichtlich zu gut
für die Polizei, die in voller Kampf-
montur, bewaffnet und teilweise äußerst aggressiv
angereist war. Fünf Jugendliche wurden verhaftet und später wieder
freigelassen. Dabei setzten die „Ordnungshüter“ Knüppel und Pfefferspray
ein.Dieses idiotische und brutale Vorgehen begründete die Polizeiführung
damit, dass angeblich einige Demo-Teil-
nehmer/innen im Knooper Weg in Höhe der Stadtwerke
Flaschen, Steine und Hartplastikteile in Richtung der Polizeibeamten geworfen
haben sollen. Und dass zwei als Clowns verkleidete Jugendliche immer wieder
vor der Demozugspitze und der Polizei herumtanzten. In der Damperhofstraße
sollen Polizisten von Jugendlichen massiv bedrängt und beschimpft
worden sein. Fliegende Flaschen wurden von uns nicht gesehen, dafür
aber viele sich aggressiv verhaltende Polizisten in Kampfklamotten mit
Stiefeln und Helmen, die bei kleinen Späßen völlig überreagierten.
Am Hauptbahnhof kesselten die „Grünen Kampfhähne und -hennen“ rund 80 Schüler/ innen kurzerhand ein und hinderten sie über eine halbe Stunde lang am Weitergehen. Sie wurden einzeln herausgelassen und von jedem wurden die Personalien aufgenommen.Knüppel und Pfefferspray gegen 13- bis 16-jährige Schüler/innen – wie rechtfertigt sich so ein Polizist am Abend vor seiner Familie für sein Vorgehen? Einer von ihnen verhielt sich so auffällig aggressiv, so dass er sogar von Kollegen zurückgehalten werden musste. Ein Genosse von Arbeit Zukunft machte ihn darauf aufmerksam, dass sein Verhalten eine Schlüsselposition einnimmt, denn für sehr viele der jungen Demonstrationsteilnehmer/innen war es garantiert das erste Mal, dass er/sie ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrnahmen. Nach dem Motto „der erste Eindruck ist entscheidend“ zeigte sich die „Staatsmacht“ gleich von ihrer wahren Seite. Der Polizist konnte diesen Gedankengängen anscheinend nicht folgen und warf dem Nachfragenden nur einen verächtlichen Blick zu. Daraufhin fragte ihn der Genosse nach seinem Namen – Antwort: Polizei ...
Wegen der Vorfälle fanden laufend Gespräche
zwischen der Demonstrationsleitung und der Polizei statt. Zum Schluss wurde
die Demo knapp zwei Stunden vor dem offiziellen Ende am Exerzierplatz beendet.
Dennoch war die Aktion ein großer Erfolg und lässt hoffen, dass
für die weiteren Aktivitäten des Bildungsstreiks vom 15. bis
zum 19. Juni sich ebenso viele junge Menschen mobilisieren lassen. Am Nachmittag
des gleichen Tages veröffentlichte die KN auf ihrem Internetportal
einen Artikel mit der Überschrift: „Beinahe außer Kontrolle“.
Woraufhin sich über 40 Schüler/innen, Eltern und andere mit Kommentaren
zu Wort meldeten. Augenzeugen kritisierten die einseitige Berichterstattung
der KN und die im Artikel enthaltenen Lügen. Das alles ließ
die Verantwortlichen der KN anscheinend kalt, denn am Morgen des 10. Juni
erschien der Artikel in unveränderter Form und die Kommentare auf
KN-online waren gelöscht. Wer nachlesen möchte, findet auf http://www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/1057
eine große Auswahl davon.