Nächste Seite
CO2-Deponie-Pläne:
Kein Vertrauen mehr

Der Stromkonzern RWE hat sich etwas besonderes ausgedacht. Er will in Nordfriesland, im Kreis Schleswig-Flensburg und in Ostholstein nach möglichen Lagern für das Klimagas Kohlendioxid (CO2) suchen. Die Anwohner sind allerdings alles andere als begeistert. Wir sprachen darüber mit dem Landes-
vorsitzender des Südschleswigschen Wählerverbandes SSW, Flemming Meyer, der zugleich SSW-
Fraktionsvorsitzender im Kreistag von Schleswig-Flensburg ist. Das Gespräch erschien zuerst in der jungen Welt.

 (wop)

Flemming Meyer, Landesvorsitzender des Südschleswigschen Wählerverbandes SSW

LinX: Die geplante Deponierung von CO2 hat im äußersten Norden der Republik hohe Wellen geschlagen. Hat sich die Aufregung gelegt, nachdem das entsprechende Gesetz im Bundestag vorerst gescheitert ist?

Flemming Meyer (F.M.): Fürs erste schon, aber wir hatten erst am 1. Juli in Schafflund an der dänischen Grenze eine große In- formationsveranstaltung mit 1.300 Teilnehmern. Dort hat Staatssekretär Jost de Jager aus dem Kieler Wirtschaftsministerium deutlich gemacht, dass die Landesregierung die Pläne noch lange nicht aufgegeben hat, in Nordfriesland und im Landkreis Schleswig-Flensburg CO2 zu lagern. Dass so viele Teilnehmer zu dieser Versammlung kamen, zeigt, dass die Menschen bei weitem noch nicht beruhigt sind.

LinX: Wie ist der Stand? Gibt es bereits ein Genehmigung für RWE-Dea, die Erkundungen für die unterirdischen Deponien durchzuführen?

F.M.: Es gibt einen Antrag und das Unternehmen hat bereits begonnen, Informationen zu sammeln. Aber nach deren Aussagen sind im Augenblick alle Aktivitäten gestoppt.

LinX: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hat sich als großer Gegner des CCS-Gesetzes dargestellt, mit dem die Einlagerung von CO2 geregelt werden soll. Nehmen die Leute ihm das ab?

F.M.: Nein, das zeigte sich auch auf dieser Versammlung, auf der mehrere ehemalige CDU-Bürgermeister meinten, sie haben kein Vertrauen mehr in den Ministerpräsidenten. Das was er sage, decke sich nicht mit den Aussagen seines Staatssekretärs.

LinX: Wie ist diese Stimmung einzuschätzen? Geht es nur darum, die Probleme nicht vor die eigenen Haustür haben zu wollen?

F.M.: Nein, die Menschen wollen, dass die alternativen Energieträger ausgebaut werden. Wir haben da bei uns ja viele Möglichkeiten, und in diesem Zusammenhang merken wir, wie sehr die großen Stromerzeuger zum Hindernis werden. Ein Beispiel: Im Kreis Schleswig-Flensburg produzieren wir schon jetzt mit alternativen Energieträgern, hauptsächlich Wind und Biogasanlagen, 104 Prozent unseres Eigenbedarfs. Das könnten mit den vorhandenen Anlagen aber 140 Prozent sein, wenn Leitungsnetz den Strom aufnehmen würde. Aber das Netz gehört nicht uns, das heißt, dem Kreis oder den Kommunen, sondern E.on Hanse; und die großen Stromversorger haben offensichtlich kein Interesse daran, das Netz so auszubauen, dass wir unseren Strom los werden können.

LinX: Lässt sich dagegen nichts machen?

F.M.: Ich hoffe auf die Konzessionsverhandlungen. Die Konzessionen für die Leitungsnetze haben gewöhnlich eine Laufzeit von 20 Jahren, und die meisten Verträge laufen in den nächsten drei Jahre aus. Da werden wir uns sehr genau anschauen, mit wem wir die neuen Verträge abschließen.

LinX: Was ist die Position des SSW in diesen Verhandlungen?

F.M.: Wir haben schon immer gesagt: Das Stromnetz ist ein Teil der Daseinsvorsorge und die gehört in öffentliche Hand. Außerdem wollen wir dezentrale Stromerzeugung. Das ist auch aus Gründen des Klimaschutzes eine Notwendigkeit. Wenn wir mehr alternative Energieformen haben wollen, vor allem für die Windenergie trifft das zu, dann brauchen wir als Ergänzung kleine Anlagen, die kurzfritig hochgefahren oder gedrosselt werden können. Große Anlagen, wie die neuen Kohlekraftwerke, müssen konstant auf einem hohen Niveau gefahren werden, und das widerspricht dem Prinzip der alternativen Energien.

LinX: Das heißt, Sie treten für die Stärkung der Stadtwerke ein?

F.M.: Ja, wir wollen, dass die Energieversorgung in kommunaler Hand liegt. Wir haben in Flensburg noch Stadtwerke, die zu 100 Prozent im Besitz der Stadt sind. Dort wäre man auch bereit, die Netze zu übernehmen. Außerdem gibt es noch in Husum und Schleswig Stadtwerke. Wir treten dafür ein, diese auszubauen. Allerdings stecken wir in dem Dilemma, dass die Kreise Aktien von E.on Hanse besitzen und auf die Dividende angewiesen sind.

LinX: Wie lösen Sie das?

F.M.: Der SSW tritt dafür ein, dass die Kreise ihre Anteile verkaufen und sich stattdessen an den kommunalen Stadtwerken beteiligen, zum Beispiel den Flensburgern, die in den laufenden Konzessionsver-
handlungen ein Angebot vorgelegt haben.