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Kohlekraftwerk endgültig gestoppt:

Erfolgreicher Protest

Nach zwei Jahren andauernden Protesten gegen ein neues Kohlekraftwerk auf dem Kieler Ostufer haben die Stadtwerke Kiel (51% MVV) am 14.7.2009 erklärt die gemeinsamen Planungen für ein 800 MW Kohlekraftwerk mit E.on zu stoppen. Jetzt wollen die Stadtwerke Kiel den Neubau eines Gaskraftwerkes prüfen. Damit hat die „Bürgerinitiative umweltfreundliche Energieversorgung in der Region Kiel“ einen weiteren Erfolg errungen.

Bereits im Frühjahr 2008 hatte die neue Ratsmehrheit aus SPD, GRÜNE und SSW in ihrer Koalitionsver-
einbarung erklärt: „In Kiel wird kein neues Kohlekraftwerk gebaut“. Vorausgegangen waren Veran-
staltungen, Aktionen und Unterschriftensammlungen (ca. 4.000) sowie eine Demonstration am 2.2.2008 mit 600 TeilnehmerInnen. In den Kommunalwahlen hatten LINKE, GRÜNE, SSW und SPD sich gegen ein neues Kohlekraftwerk und für eine umweltfreundliche Energieversorgung ausgesprochen.

Ein Teilerfolg

Für die „BI umweltfreundliche Energieversorgung in der Region Kiel“ ist es in sofern nur ein Teilerfolg, weil sie für die Umsetzung eines Energiekonzepte in Kiel auch die Rekommunalisierung der Kieler Stadtwerke fordern sowie auch eine öffentliche Auseinandersetzung um ein umweltfreundliches Energiekonzept in Kiel. Aus der Presseerklärung der Stadtwerke ist zu entnehmen, dass das Aus für die Kohle als ein Ergebnis eines Gespräches mit dem neuen Bürgermeister Albig und der Geschäftsführung von E.on herausgekommen sei. Dieser hatte E.on und MVV wohl zu verstehen gegeben, dass die politische Mehrheit der Kieler Ratsver-
sammlung sich gegen den Bau eines Kohlekraftwerkes ausgesprochen habe und sich, mit dem Protest im Rücken, nicht erweichen lässt. Angeblich wollen die Stadtwerke jetzt ein Konzept entwickeln, welches „mit den Vorstellungen der Stadt kompatibel sei.“ Bis 2010 sollen politische Beratungen stattfinden, denn die Stadt Kiel hat ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, welches „ein klimafreundliches Energie- und  Versorgungskonzept für Kiel“ zum Ziel haben soll.

Kungelei mit der Politik

Da stand für die Stadtwerke zu befürchten, dass die Stadtverwaltung dies wohlmöglich ohne Stadt-
werke/MVV durchführen würde. „Bei den weiteren Planungen müssen auch die Kriterien Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit gesetzt bleiben. Wichtig sind insbesondere sozial verträgliche Strom- und Fernwärmepreise für unsere Kunden." heißt es in der PR der Stadtwerke. Das bedeutet, sie versuchen schon wieder ihre Maxime der Dividende und ihre Demagogie mit ihrem angeblichen Interesse nach sozialen Preisen unterzubringen.

Zu befürchten ist, dass Teile der Politik die Diskussion um eine soziale und umweltfreundliche Energie-
versorgung nicht öffentlich führen, sondern es mit Energiekonzernen wie MVV und EON auskungeln. Insofern ist eine weitere zentrale Forderung der BI von Bedeutung:  Die öffentliche Diskussion um die Energieversorgung, wie auch deren demokratische und kommunale Kontrolle darüber. Insbesondere geht es dabei um die Offenlegung der Verträge, dem Konzessionsvertrag und dem geheimen Konsortialvertrag. Diese laufen vermutlich 2014 aus. Welche Folgen der europäische Wettbewerb mit der Ausschreibungs-
pflicht haben werden, ist ungewiss. Zuletzt war dies der Anlass für die Rekommunalisierung des Kieler Nahverkehrs.

Ein Haken

Ein weiterer Haken in der Angelegenheit ist die Verlängerung der Laufzeit des bestehenden Kohlekraft-
werkes um 5 Jahre bis 2010. Dieser Deal war zwar abzusehen, ist aber auch eine Bedrohung, denn es verzögert die zügige Umsetzung eines alternativen Energieprogramms in Kiel. Genau solch ein regeneratives Energiekonzept wurde vor kurzem in der BI entwickelt und öffentlich zur Diskussion gestellt. Es ist auf der Internetseite der BI www.keine-kohle-kiel.de unter „Download“ herunterzuladen.

- Es ist zu befürchten, dass E.on und MVV weiterhin Druck ausüben werden, denn sie wollen nach wie vor ihr 800 MW-Kohlekraftwerk als zentrales Gemeinschaftskraftwerk zum Geldverdienen. Und sie haben gute Karten, denn die Energiekonzerne haben sich in der Vergangenheit durch Steigerung der Energiepreise bereichert, während die Finanzen der Städte und Kommunen zunehmend ausgehungert wurden.

Der Schlüssel

Hier liegt auch der Schlüssel für eine zukunftsfähige kommunale Energieversorgung als Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge. Wenn nicht bundesweit eine stärkere Besteuerung der Konzerne, Aktionäre und Vermögenden durchgesetzt wird, die den kommunalen Finanzen zur Verfügung gestellt wird, werden immer größere Bereiche der Daseinsvorsorge privatisiert und der kommunalen Kontrolle entrissen.

Die Folgen sind Qualitätsmangel, Versorgungsmängel, Arbeitsplatzabbau, Preissteigerungen, Demokratie-
verlust und Umweltschädlichkeit und werden vor allem die sozial schwächeren Teile der Bevölkerung treffen. Die Daseinsvorsorge, vor allem die Wasser-, Energie- und Gesundheitsversorgung muss eine kommunal garantierte Dienstleistung sein. Daher bleibt auch die Rekommunalisierung der Stadtwerke gerade unter schwierigen finanziellen Verhältnissen das Ziel.
 

(Uwe Stahl)