Bleibt alles – anders?
Die Pumpe wurde kürzlich, wie berichtet, ihr 30 Jahre
alt. Zum 25. Geburtstag fand seinerzeit im Juni 2004 eine Diskussionsver-
anstaltung unter dem Titel "Bleibt alles – andres?" statt. Eingeladen waren
Kultur-
politikerInnen aller Ratsfraktionen, die – inzwischen
wegen unter anderem. kulturpolitischer unterschied-
licher Sichtweisen und Differenzen vor allem mit der
damaligen OB Volquartz geschassten – Leiterin des Kulturamtes der Landes-
hauptstadt Kiel Cerstin Gerecht, der Geschäftsführer der Landesarbeitsge-
meinschaft Soziokultur Günther Schiemann, der stellvertretende
Vereinsvorsitzende der Pumpe Bernd Maier-Staud, sowie als Moderator Christoph
Munk von den Kieler Nachrichten (LinX berichtete in Nr.
12/2004 darüber).
Diese Diskussion fand in einer Zeit statt, in der die Pumpe gerade einmal mehr ihr Überleben zunächst für einige Jahre gesichert hatte. Wir erinnern uns: Die Stadt Kiel hatte den Nutzungsvertrag mit dem Verein gekündigt – das bedeutete weder finanzielle Unterstützung, noch die freie Nutzung des Gebäudes sollten mehr gegeben sein. Nur dem Einsatz vieler Nutzerinnen und Nutzer und der Beschäftigten des Zentrums zum Erhalt der Pumpe als Kultur- und Kommunikationszentrum ist letzten Endes der weitere Betrieb zu verdanken. Allerdings: dieser wurde vor Gericht erstritten und in der Folge ein neuer Vertrag zwischen der LH Kiel und dem Verein ausgehandelt.
Im Gegensatz zum alten Vertrag wurden die Aufgaben dieses soziokulturellen Zentrums neu definiert. Der gesamte Bereich der Klein- kunst muss nun überhaupt nicht mehr stattfinden, politische Veranstaltungen und selbst initiierte Projekte sind nicht mehr wie bisher eine Arbeit in der Pumpe. Genannt werden noch Musikveranstaltungen, Kino- und Medienarbeit und Raumvergabe an Dritte. Die Kneipe darf seit 2004 kommerzielle Veranstaltungen durchführen. Der Verzicht auf die genaue Definition, welche Veranstaltungen und Raum- nutzungen in der Zukunft stattfinden, bzw. deren Einschränkung auf wenige Punkte machte den Weg frei für eine – wie es vom Verein genannt wurde – Reorganisation der Pumpe.
Nach einem 12 Jahre gedeckelten Zuschuss, in dessen Folge
bereits ab Mitte der 90er Jahre das festan-
gestellte Personal von 17 auf 8 Angestellte reduziert
wurde, wurde dieser nun vertraglich weiter gesenkt. Das bedeutete für
den Betrieb der Pumpe und die Entwicklung eines kulturellen Angebots weniger
Geld. Und entsprechend dem neuen Nutzungsvertrag versucht die Pumpe seit
dieser Zeit mehr denn je zuvor den Spagat zwischen kulturpolitisch geförderter
Institution und Wirtschaftsbetrieb. Der Gastronomiebereich – zu dem auch
der gesamte Discobereich gehört – soll das Geld verdienen, mit Raumvermietungen
wird zusätzlich versucht die Kasse aufzubessern. Dabei geht es auch
längst nicht mehr darum alternativen und nichtkommerziellen Veranstaltern
einen möglichst kostenneutralen Raum mit dem dazugehörigen Equipment
und bei Bedarf evtl. auch das Personal beiseite zu stellen. Alles wird
in Rechnung gestellt, die Inhalte der Veranstaltung spielen oft keine Rolle,
solange gezahlt wird. Und nicht nur Informationsveranstalter mieten die
Räume der Pumpe, auch viele Konzerte finden nicht durch die Pumpe,
sondern auf Mietbasis von anderen Veranstaltern statt.
Auch das Personal der Pumpe bekommt die Veränderungen
hautnah zu spüren. Mit der Einstellung eines neuen Geschäftsführers
im Jahre 2006 wurde klar der wirtschaftliche Weg der „Reorganisation“ gegangen.
„Als gelernter Agraringenieur hatte er mit Soziokultur bisher nicht viel
am Hut, sondern investierte seine betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten
vor allem in landwirtschaftlichen Unternehmen, beispielsweise als Geschäftsführer
einer Lachszucht. Dennoch verbindet er seine kaufmännischen Kenntnisse
mit einer großen Neigung zu Kunst und Kultur, auch der Kultur einer
gelockerten Stimmung im Innern und nach Außen. Interne Reorganisation
heißt bei Schwede einfach: Mehr Spaß bei der Arbeit und ein
sozialfreundlicher Umgang bringen mehr Effektivität.“ (Kieler Nachrichten
13.12.06) Dieser „mehr Spaß“ wird seitdem durch mehr Druck auf die
Beschäftigten realisiert, mit Abmahnungen, Entlassungen und durch
die Tatsache, das immer weniger nach den kulturellen und sozialen Inhalten
von Veranstaltungen gefragt wird, sondern an erster Stelle immer die Frage
des finanziellen Plus steht. In so einem Betrieb muss, wie in jedem anderen
Wirtschaftsbetrieb, auch die Frage nicht nur nach einer Ausbildung, sondern
einer qualifizierten Ausbildung gestellt werden. Vor wenigen Jahren wurden
das Ausbildungsgesetz dahingehend verändert, dass auch ohne Ausbildereignung
(eine Ausbildung der Ausbilder) ausgebildet werden kann. Zusätzlich
mit der finanziellen Förderung durch die Arbeitsagentur, die unter
besonderen Voraussetzungen die Kosten für die Auszu-
bildenden trägt, wurde auch in der Pumpe eine Lehrstelle
eingerichtet. Seitdem wird in der Pumpe ausgebildet. Als sozialistische
Zeitung fragen wir natürlich auch nach den Bedingungen, unter denen
sie stattfindet.
Auf den frischen Wind in der Pumpe können wir wohl noch warten – der Vorstand hat erklärt sich wieder zur Wahl zu stellen, da der neue SPD-OB Albig scheinbar eine positive Haltung zur Pumpe hat. Nun denn, schon Cathy Kietzer erklärte auf o.g. Veranstaltung 2004 : „Die Pumpe ist ein Kind der SPD und ist es bis heute geblieben. Die letzten zwei Jahre sind bedauerlich, und die sollte man nun einfach vergessen. Aber sie haben dazu geführt, dass sich die Pumpe schon verändert hat.“ Sie verweist auf die neue Farbe des Pumpenrads und sagt: “Diese tolle Pumpe!“ Dass genau dieser Vorstand, der bei seiner ersten Wahl Anfang 2002 erklärte nur für maximal halbes Jahr anzutreten und die Pumpe in eine gGmbH zu überführen, sich aber immer wieder zur Wahl stellt wirft Fragen auf. Eine gGmbH scheint gar nicht notwendig, um aus einer Einrichtung mit Kulturförderung einen wirtschaftlichen Betrieb zu entwickeln. So gehen von dem einstigen soziokulturellen Kultur- und Kommunikationszentrum Stück für Stück Inhalte verloren. Neben einigen Alibiveranstaltungen des Veranstaltungsbereichs ist nur noch das Kommunale Kino als inhaltlich arbeitender Bereich geblieben. Und das dieser in einer deutlich veränderten Kinolandschaft mit schwindenden Besucherzahlen zu kämpfen hat, macht die kulturelle Arbeit nicht überflüssig. Überflüssig ist da schon eher ein von Steuergeldern gefördertes Disco- und Konzertzentrum, das anscheinend mit dem MAX, der TRAUMA oder der Halle 400 in Konkurrenz steht, mit einem inzwischen überwiegendem Verwaltungs- und Wirtschaftsbereich und nur noch wenig inhaltlich arbeitenden Beschäftigten. Lassen wir uns nicht von der mit einem halben Jahr verspäteten Geburtstagsfeier in einer evtl. gut laufenden Herbstsaison ablenken. Passen wir auf, dass die Kultur und Kommunikation nach 30 Jahren Pumpe nicht völlig auf der Strecke bleibt. Dabei müssen wir nicht nur die Pumpe, sondern auch die Kulturpolitik(erInnen) in Kiel aufmerksam „begleiten“.