Kritik an Seilschaften verboten?
In Vorbereitung der geplante Veranstaltung zur Deutschen
Gentechnik mit dem Referenten und Aktivisten Jörg Bergstedt am Mi.,
14.10. um 19 Uhr in der Pumpe (Galerie) in Kiel gibt es wichtige Informationen.
Führende Köpfe der deutschen Gentechnik-Seilschaften zetteln
Gerichtsverfahren an, um die Kritik an personellen und finanziellen Verflechtungen
zwischen Konzernen, Forschung, Kontrollbehörden und Lobbyverbänden
verbieten zu lassen. Die aktuelle und offenbar brisante Broschüre
"Organisierte Unver-
antwortlichkeit" sowie die Internetseiten www.biotechseilschaften.de.vu
sollen verboten werden.
Zur Zeit ist beides noch zugänglich, weil das Triumvirat
aus Horst Rehberger (ehemaliger Wirtschafts-
minister in Sachsen-Anhalt),Kerstin Schmidt (Mehrfach-Geschäftsführerin
der wichtigsten deutschen Gentechnikstandorte) und Uwe Schrader (Chef des
wichtigsten Lobbyverbandes InnoPlanta) die falsche Person angreifen. Dennoch
hat das Landgericht Saarbrücken willfährig eine Verfügung
erlassen und lädt nach erfolgtem Widerspruch zum Gerichtstermin -
allerdings ist der Anwalt des Angegriffenen verhindert. Das Gericht
verweigert aber die Verschiebung des Termins, gleichzeitig darf sich der
Betroffene ohne Anwalt nicht selbst verteidigen. Das Verfahren wird also
kurz werden. Dabei ist die Kritik der Broschüre und der angegriffenen
Internetseiten mehr als berechtigt. Inzwischen sind alle Quellen zusammengestellt
und auf der Internetseite abrufbar!
Urteil gegen Umweltschützer vertagt
Der Referent ist außerdem angeklagt sich an einer Feldbefreiung an der Gießener Uni beteiligt zu haben und wofür die Staatsanwaltschaft ihn zu sechs Monate Haft ohne Bewährung verurteilen will. Wir dokumentieren hier den Bericht aus der Jungen Welt vom 2.10.2009:
Feldbefreiung verteidigt
Bis tief in die Abendstunden wurde am Mittwoch im Gießener
Gerichtssaal debattiert. Zu einem Urteil kam es wider Erwarten nicht. Angeklagt
sind Jörg Bergstedt und Patrick Neuhaus, die sich 2006 an einer Feldbefreiung
an der Gießener Uni beteiligt haben. Gegen- stand des Prozesses ist
aber vor allem die Frage, ob die Tat der Umweltaktivisten gegen die Genmanipulation
von Pflanzen unter den Parapraphen 34 des Strafgesetzbuches – „rechtfertigender
Notstand“ – fällt. Bereits zwei Stunden vor Verhandlungsbeginn hatten
sich auf dem Gießener Kirchenplatz rund 70 Menschen versammelt, um
die Angeklagten zu unterstützen und sie mit einer Demonstration zum
Gericht zu begleiten. Unter ihnen waren der Gründer der Initiative
„Gendreck weg“, Michael Grolm, der emeritierte Professor für Agrarkultur
Sigmar Groeneveld und ein Sprecher der Bürgerinitiative „Gentechnikfreie
Region Marburg-Biedenkopf“. Eine Landwirtin war mit ihren Kindern auf einem
Traktor gekommen. Auf Transparenten stand „Stoppt den Machbarkeits-
wahn“. „Für eine gentechnik- freie Landwirtschaft“
und „Wer das Geld hat, hat die Macht“.
„Wir sind hier, um selbst anzuklagen“, ergriff Groeneveld auf der Kundgebung das Wort: „Wir klagen einen Staat an, der seine Pflichten nicht erfüllt, die Grundrechte zu wahren. Wir klagen eine Polizei an, die die Falschen schützt und uns kriminalisiert, wenn wir als Bürger unsere Grundrechte einfordern.“
Solidarität erfuhren Bergstedt und Neuhaus auch von Grolm. Der Imker hat kürzlich selbst im Gefängnis gesessen, weil er sich weigerte, Bußgeld für eine Feldbefreiungsaktion zu zahlen. „Es geht nicht an, dass jemand ins Gefängnis muss für eine Tat, die der Allgemeinheit zugute kommt“, so Grolm.
Zu Prozeßbeginn waren die Plätze im Zuschauerbereich
schnell besetzt. Wie schon bei den vorherigen Verhandlungstagen lehnte
das Gericht alle Beweisanträge der Verteidigung ab. Die Staatsanwältin
forderte in ihrem Plädoyer sechs Monate Haft für beide Angeklagten,
wenn auch für Neuhaus auf Bewährung. Dessen Anwalt, Markus Künzel,
wies in seiner Entgegnung darauf hin, dass der Schaden durch die Feldzer-
störungen zu vernachlässigen sei: „Der Feldversuch
konte wie geplant durchgeführt werden, es ist kein Schaden für
den Steuerzahler entstanden“, so Künzel.
Der Verteidiger Bergstedts, Tronje Döhmer, beschäftigte
sich in seinem Plädoyer ausführlich mit dem Notstandsparagraphen.
Dieser sei durchaus anwendbar, denn die Umwelt ließe sich als „schutzwürdiges
Rechtsgut“ definieren, das der Angeklagten mit ihrer tat bewahren wollten.
Er wies darauf hin, dass die Genehmigung für den Feldversuch mit genmanipuliertem
Material und dessen Durchführung von Rechtsver-
stößen gestrotzt hätten: „Auflagen wurden
nicht eingehalten, und die Aufsichtsbehörde hat nichts dagegen unternommen,
obwohl sie davon wusste“, erklärte Döhmer. „Eine Freiheitsstrafe
für unsere Mandanten ist undiskutabel.“ Angesichts der fortge-
schrittenen Zeit wurde die Verhandlung unterbrochen. Sie wird am 9. Oktober
fortgesetzt. (Quelle: Junge Welt, Ingrid Wenzl, - wf, uws)
RANDBEMERKUNG:
Die Informationsveranstaltung von ATTAC Kiel und der Initiative gentechnikfreies SH mit dem Vortrag von Jörg Bergstedt findet am 14.10. in Kiel trotz des Prozesstermins statt.