Nächste Seite
Kommentar:
Nach Kopenhagen

Dänemark ist einmal ein Musterknabe gewesen. Nicht nur in Sachen Liberalität, Offenheit und Freizügigkeit Einwanderern und Flüchtlingen gegenüber, sondern auch in Sachen Energiewende. In keinem anderen Land wurde mit dem Ausbau der Windenergie so früh begonnen, wie bei unserem nördlichen Nachbarn, nirgend-
wo sonst ist der Anteil der Windräder an Stromproduktion so hoch.Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit dem die neoliberale Venstre-Partei in Kopenhagen die Regierung übernommen hat, wurden nicht nur unter dem Applaus und der Mithilfe der offen rassistischen Dänischen Volkspartei eine extrem ausländer-
feindliche Politik umgesetzt. Auch der weitere Ausbau der Windenergie wurde gestoppt. Seit Beginn des Jahrzehnts stagniert Dänemarks  Windkraft- Kapazität. Während in immer mehr Ländern die Windkraft-
industrie boomt, musste der Weltmarktführer Vestas zuhause in Dänemark erstmals mehrere hundert Mitarbeiter entlassen. Statt dessen will der staatliche Energiekonzern Dong in Deutschland neue Kohle-
kraftwerke bauen.

So sieht Dänemarks Klimaschutzpolitik am Vorabend der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aus. Um nicht ganz blöde darzustehen hat man in letzter Zeit zum ersten Mal seit Jahren wieder ein paar neue Windparks genehmigt. Ansonsten reist Premier Lars Lokke Rasmussen seit einigen Wochen in der Welt herum,um – ganz auf der Linie Merkels und Obamas – die Erwartungen an den Gipfel herunter zu schrauben. Ein verbindlicher Klimavertrag sei in Kopenhagen nicht mehr zu erwarten, man könne froh sein, wenn es eine gemeinsame Absichtserklärung und einen Zeitplan für einen Vertragsabschluss im nächsten Jahr gibt.

Wie man sieht gibt es gute Gründe in der dänischen Hauptstadt für ernsthaften Klimaschutz zu demonstrieren. Dafür zum Beispiel, dass die Industrieländer ihre Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem 1990er Niveau absenken – und nicht nur um 20 Prozent, wie es die EU vorschlägt oder null Prozent, wie es Obama verspricht. Und dafür, dass die Industrieländer für den Schaden aufkommen die der von ihnen verursachte Klimawandel schon heute in den Ländern des Südens anrichtet.

(wop)