Als sich im Juni 2009 in Kassel Vertreter der sozialen
Bewegungen zu einer bundesweiten Aktionskonferenz trafen, da herrschte
die Einschätzung vor, der allgemein erwartete und später eingetretene
Regierungs-
wechsel würde einen neuen Generalangriff auf soziale
und Umweltstandards, auf Hartz-IV-Empfänger und Lohnabhängige
bringen, und dass vor dem Hintergrund einer sich rasch verschärfenden
Wirtschaftskrise.
Doch die Wirklichkeit war wieder einmal komplexer, als
gedacht: Der große Krisenknall blieb aus – viel-
leicht nur vorerst, wer weiß –, und Regierungschefin
Angela Merkel erwies sich als geschickte Taktiererin. Meisterhaft versteht
sie es, ihre Vorhaben so dezent voranzutreiben, dass die Öffentlichkeit
kaum Notiz davon nimmt. Doch auf Dauer lassen sich die Widersprüche
nicht unter dem Tisch halten. Zuerst wurde das in der Frage der Steuergeschenke
deutlich: Während die öffentlichen Kassen ausgeblutet werden,
ver-
teilt die Koalition Wohltaten an Besser-Verdienende.
Die FDP lässt sich diese Politik ganz ungeniert mit einer Spende von
etwas über einer Million Euro bezahlen. Geber ist ein Großunternehmen
aus der Hotel-
branche, das zu den Profiteuren der Mehrwertsteuerabsenkung
gehört.
Auch an anderen Ecken wird langsam klar, was von der schwarzgelben
Koalition zu halten ist: Die Energie-
konzerne und einige Unionspolitiker drängen immer
stärker darauf, den Atomausstieg zu kippen und die AKW-Laufzeiten
zu verlängern. Bis zu 200 Milliarden Euro zusätzlicher Profite
winken. Klar, dass dafür die umweltfreundliche Konkurrenz dringend
einen Dämpfer braucht. Die Koalitionäre bereiten deshalb gerade
in Berlin neue Gesetze vor, mit denen die Förderung der Solarenergie
noch stärker, als ohnehin bereits vorgesehen, beschnitten werden soll.
Auch in sozialen Fragen ist inzwischen klar, wohin der
Zug gehen soll: Die Finanzierung der Gesundheits-
versorgung soll mehr und mehr den Lohnabhängigen
aufgebürdet werden, die Renten werden weiter abge-
senkt und neue Angriffe auf Hartz-IV-Empfänger gestartet.
Am weitesten lehnte sich mal wieder der Hessen-Rambo aus dem Fenster, indem
er Zwangsarbeit für Hartz-IV-Empfänger forderte. Alles in allem
Zeit also, für eine organisierte Kampagne der Gegenwehr.