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Kommentar:

Krise, Chauvinismus, Terror

Dass es nicht gut gehen kann, wenn ein Land auf Dauer einen Außenhandelsüberschuss von weit über 100 Milliarden Euro im Jahr hat, ist eigentlich klar. Es exportiert damit Arbeitslosigkeit und bringt andere Länder in finanzielle Schieflagen. Gegenüber China hält man hierzulande mit einer entsprechenden Kritik auch nicht hinterm Berge. Nur wenn es um den hiesigen – meistens deutlich höheren – Überschuss geht, werden Politiker und Medien ganz leise. Der ist nämlich heilig, Bestandteil der nationalen Identität sozusagen. Statt dessen wird Stimmung gegen "die Griechen" gemacht, die nun die Folgen der deutschen Niedriglohnpolitik ausbaden müssen. In früheren Zeiten hätten sie ihre Währung abwerten können, um die Exporte wieder in Schwung zu bringen, aber da ist Berlin nun mit dem Euro vor.

Die Rezepte, die den Griechen aufgezwungen werden, sind aus dem altbekannten Lehrbuch der Neoliberalen: Man streicht bei Renten, Bildung und Sozialem und bei den Löhnen und Gehältern. Die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen Griechenlands wehren sich derzeit mit Vehemenz dagegen, und eigentlich sollten wir sie dabei unterstützen. Allein schon aus Eigeninteresse: In Griechenland wird gerade eine neue Runde sozialen Kahlschlags eingeleitet, die schon bald auch uns erreichen kann. Denn natürlich wird das deutsche Kapital seinen Konkurrenzvorteil erhalten wollen. Und damit das gemeine Volk gar nicht erst auf die Idee kommt, sich über derlei Zusammenhänge Gedanken zu machen, wird ordentlich auf die chauvinistische Pauke gehauen.

Irgendwie passt zu all dem, dass faschistische Terrorbanden unbehelligt ihr Unwesen treiben können. Gerade zwei Wochen hat sich die Polizei Zeit genommen, um über den jüngsten Anschlage gegen den Buchladen "Zapata" zu ermitteln. Nach Ernsthaftem Bemühen, den diversen Überfällen auf Wohnhäuser, einen Kinderladen und linke Treffpunkte Einhalt zu gebieten, die ganz offensichtlich auf das Konto der NPD-nahen "Aktionsgruppe Kiel" gehen, sieht das nicht gerade aus. Und wie auch, wenn der Landesinnenminister die politische Vorgabe gibt, dass rechts gleich links sei, ein alternatives Wohnprojekt so etwas ähnliches, wie nächtliche Überfälle und Morde auf Menschen mit "falscher" Hautfarbe oder "falschem" Pass. Manchmal macht es einfach sprachlos, welche moralischen Abgründe sich bei "demokratischen" Politikern auftun.

(wop)