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Energiepolitik in Kiel:
Energieversorgung konzernfrei und demokratisch gestalten

Vier große Konzerne kontrollieren die Energieversorgung in Deutschland. Davon beherrschen EON und RWE allein 80 % des deutschen Strommarktes. Sie  „erwirt- schaften“ dabei Traumrenditen von bis zu 31% (RWE 2006). Allein 2007 betrugen die Gewinne bei EON 4,2 Milliarden und bei RWE 5,8 Milliarden. Die Preise für Strom stiegen 2000 bis 2006 um 50%. Mit sozialen Folgen: Etwa 840.000 Haushalten wird in Deutschland jährlich der Strom abgeklemmt, weil sie die Rechnung nicht mehr bezahlen können. Das ärmste Zehntel der Bevölkerung muss mittlerweile fast 10% seines verfügbaren Nettoeinkommens für Wärme und Strom ausgeben.Ihre Milliarden-Gewinne „erwirtschaften“ die Konzerne mit „billigem“ Strom aus abgeschriebenen Kernkraft- oder Kohlekraftwerken mit Erzeugungskosten von unter einem Cent pro KWh. Während sich der Grundlastpreis an der Leipziger Strombörse bei weit über fünf Cent bewegt. Kein reeller Preis, denn es gibt Hinweise, dass die Stromproduzenten das Angebot künstlich verknappen, um den Preis nach oben zu treiben.

Die Energiekonzerne realisieren ihre Milliardengewinne über:

• umweltschädliche und gefährliche Energieerzeugung

• Verdienen am Emissionshandel

• bestimmen Preise mittels der Strombörse

• Strompreise für die Industrie (Großabnehmer) werden niedrig gehalten wegen der Wettbewerbsbedingungen im Export

• Unsoziale Strompreise die für Endverbraucher steigen ständig (z.B. in Kiel zwei Jahre hintereinander 6 % Preiserhöhung)

• immer mehr werden sozial abgehängt

• Staat und Verbraucher zahlen für die umweltpolitischen und sozialen Folgen der profitorientierten Energieversorgung. Es wird also für die Verbraucher doppelt teuer bei zunehmenden gesundheitlichen Risiken.

Das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC fordert deshalb die Zerlegung der Energiekonzerne und ihre Überführung in kleinere, direkt-demokratisch kontrollierbare Einheiten. ATTAC setzt sich für eine gesicherte und bezahlbare Grundversorgung für alle auf dezentraler Basis ein.

Monopolnetze

Die Versorgungsnetze der Konzerne sollen jetzt nach europäischem Recht und Kartellrecht entflechtet werden. Aber EON und RWE verkaufen nicht mehr als 50% ihrer Netze an andere private Netzbetreiber. Sie kontrollieren und verdienen weiter indem sie versuchen einen Teil an kommunale Stadtwerke zu verkaufen, aber trotzdem weiter die Netze kontrollieren, wie vor kurzem bei dem Angebot von EON in SH.

Probleme in den Kommunen und Städten:

• Kommunen haben immer weniger Geld um ihre Stadtwerke zu modernisieren

• Kommunale Stadtwerke können dem vorgeschriebenen Wettbewerb (der sog. Anreizregulierung) von EU und Bundesnetzagentur nicht standhalten, z.B. wegen der vorgeschriebenen Formalitäten, Vorschriften zur Trennung der Geschäftbereiche (Erzeugung, Netze, Meßwesen und Service)

• Konzerne gleichen die Kosten der Verschärfung des Wettbewerbs durch hohe Gewinne bei der Stromerzeugung aus und lagern unprofitable Geschäftsfelder wie Service und Wartung in Billiglohnbereiche aus.

Folgen und Gefahren:

• Abnahme der Konkurrenzfähigkeit der kommunalen Stadtwerke gegenüber den Konzernen

• Gefahr weiterer Privatisierung wegen Finanzknappheit der Kommunen

• Gefahr des Abbaus des Servicebereiches, der Versorgungssicherheit und der Qualität

• Keine Investitionen und Rückbau der Anlagen und der Wartung

• Arbeitsplatzabbau

• Konzentration der Stadtwerke auf Gewinne durch Stromproduktion und Stromverkauf

• Verluste bei Netznutzungsgebühren durch Vorschriften der Bundesnetzagentur

• Weitere Preissteigerungen und Verlust des Rechts auf Energieversorgung

• Verlust der demokratischen Einflussmöglichkeiten der VerbraucherInnen und der kommunalen Verwaltung Gegenwehr und Lösungsansätze:

• Sozialverträgliche Preise bei gleichzeitiger Förderung und Beratung zur Energieeinsparungen

• Keine Sondertarife für Großabnehmer

• Soziale Bedingungen und demokratische Rechte dürfen nicht in Widerspruch zur ökologischen Umgestaltung der Energieversorgung gebracht werden.

• Schaffung von Arbeitsplätzen in umweltfreundlicher Energieversorgung, Service und Beratung in enger Verzahnung mit regionalem Handwerk

• Keine erneute Vergabe der Konzessionen an Private und Konzerne. Die Erträge sollen vor Ort bleiben und nicht in Aktiendividenden und Konzerngewinnen zweckentfremdet werden.

• Kein Rückbau der Netze, sondern Erhalt der Vielfalt (Strom, Wasser, Gas und Fernwärme)

• Aufbau eines qualitativ guten und zukunftsfähigen kommunalen Services der Stadtwerke

• Rückkauf der Netze und Rekommunalisierung der gesamten Stadtwerke

• Überregionale Zusammenarbeit kommunaler Stadtwerke

• Evtl. Neugründung kommunaler, demokratischer und genossenschaftlicher Stadtwerke beim Auslaufen der Konzessionsverträge

Welche Möglichkeiten gibt es in Kiel?

• Die Konzessionsverträge (Energie und Wasser) mit den Stadtwerken laufen 2014 aus. Die Stadt kann das Rückkaufsrecht ihrer Netze (zu 51% MVV) nutzen um ihr umweltfreundliches Energiekonzept umzusetzen.

• Ab 2012 verschärft die Europäische Ausschreibungspflicht den Wettbewerb für alle Stadtwerke in denen bereits private Anteile enthalten sind. Dann muss auch der kommunale Anteil mit ausgeschrieben werden. Dagegen hilft nur die 100%ge Rekommunalisierung.

• Rückkaufsrechte und -möglichkeiten für kommunale Stadtwerke nutzen:
Die Stadt bzw. Kommune kann günstige „rentierliche“ Kredite für den Rückkauf erhalten

• Eine Mehrwertsteuerbefreiung für rein kommunale Energieversorgung durchsetzen, wie bei der Wasserversorgung (7%) und der Abwasserentsorgung (0%)

• Verwendung der Dividende der Stadtwerke allein für Zukunftsinvestitionen in einer kommunalen umweltfreundlichen und sozialen Energie- und Wasserversorgung wie auch für einen zukunftsfähigen und sozialen öffentlichen Nahverkehr.

• Investitionen in die Entwicklung umweltfreundlichen und dezentralen Versorgungssicherheit

• Demokratisierung und kommunale Kontrolle des operativen Geschäfts der Stadtwerke

• Öffentliche Debatte über die Geschäftspolitik und die Zukunft der Stadtwerke Kiel. Der Konsortialvertrag (Vertrag um die Anteile an den Stadtwerke mit der MVV) muss offengelegt und gekündigt werden. Schluss mit der Geheimhaltung.

Die Diskussion darum sollte beim Vorliegen der Gutachten des Umweltamtes der Stadt Kiel über die Zukunft der Energieversorgung in Kiel fortgesetzt werden.
 

(uws - Bündnis Kielwasser, ATTAC Kiel)