Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat einen
Ruf als Sprachrohr der Neoliberalen zu verteidigen, und so verwundert es
nicht weiter, dass der von ihm am 20. Juni verliehene diesjährige
„Weltwirtschaftliche Preis“ unter anderem an Pascal Lamy ging, den
Generalsekretär der Welthandelsorganisation WTO. Eher schon erstaunlich,
dass auch der Träger des Nobelpreises für Wirtschafts-
wissenschaften Paul Krugman geehrt wurde. Krugman hatte
zuletzt den regiden Sparkurs im Euroraum in scharfen Worten angegriffen,
der nicht nur zu Lasten der Ausgegrenzten und Lohnabhängigen geht,
sondern auch den Konsum drosselt und dadurch die Krise verschärft.
Eine solche Politik macht nur Sinn, wenn man hofft, sich allein mit Hilfe
der Exportwirtschaft sanieren zu können. (Wobei auch das natürlich
sehr relativ ist, denn Verlierer sind auf jeden Fall die Arbeitenden und
allgemein die ärmeren Bevölkerungsteile.) Im globalen Maßstab
bedeutet derlei Konfrontation, denn nach außen ist eine solche Politik
der Versuch, Konkurrenz niederzuringen.
Insofern ist Pascal Lamy das Gegenstück zu Krugman.
Nominell vertritt er als WTO-Generalsekretär zwar die Idee des unbegrenzten
Freihandels. Die Kräftever- hältnisse unter den WTO-Mitgliedern
und Lamys Vorgeschichte machen jedoch deutlich, dass es um Freihandel nur
dort geht, wo es den Mächtigen nützt. Lamy war, bevor er von
den USA und den Europäern nach Genf geschickt wurde, EU-Handelskommissar
und hat in dieser Funktion lange Zeit die Verhandlungen für die Union
innerhalb der WTO geleitet. Und dabei ging es ihm und seinen Auftragsgebern
vor allem um eines: Die Märkte in aller Welt für europäische
Exporte und für euro- päisches Kapital zu öffnen und
gleichzeitig an der aggressiven Praxis der landwirtschaftlichen Überproduktion
– die faktisch eine Subvention von Ausfuhren gleich kommt – festzuhalten.
Weder in Paris, noch in Brüssel, noch in Berlin kümmert es irgend-
wen, dass dadurch Bauern in Westafrika ruiniert und in
vielen Ländern das Aufkommen eigener Industrien verhindert wird. Zum
Glück stößt diese Politik in den Entwicklungsländern
zunehmend auf Widerstand. Sehr zum Missfallen Lamys übrigens, der
in einer schwachen Stunde vor zehn Jahren einmal gestand, dass er Demokratie
für schrecklich ineffizient hält.