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Landesregierung unter Druck:

14.000 gegen Sparmaßnahmen und Privatisierung

Gegen die Sparpläne im Bildungsbereich und Privatisierungsabsichten des Universitätskrankenhauses durch die schleswig-
holsteinischen CDU/FDP-Landesregierung gingen am 16.6.2010 in Kiel 14.000 Studenten, Schüler, Beschäftigte des Universitäts-
krankenhauses und andere von den Sparplänen Betroffene auf die Straße. Damit war dies die größte Demonstration seit den 70er Jahren in der Landeshauptstadt Kiel. Nach persönlichen Berichten kamen die zum größten Teil jüngeren  TeilnehmerInnen u. a. aus Lübeck mit mehr als 15 Bussen und einem Sonderzug, aus Flensburg mit 8 Bussen und viele waren auch aus anderen Städten angereist. Die Demo startete an drei Orten in Kiel und vereinigte sich bei einer Zwischenkundgebung am  Schlossgarten von wo aus es dann gemeinsam weiter ging zum Landeshaus, wo derzeit der schleswig-holsteinische Landtag tagte um die Sparbeschlüsse durchzupeitschen.


14.000 Studenten der Uni Kiel, Lübeck und Flensburg, Beschäftigte des Universitätsklinikum und Schüler demonstrierten gemeinsam am 16. Juni 2010 in Kiel gegen die Spar- und Privatisierungspläne der schwarz-gelben Landesregierung.

- Vom Bahnhof starteten ca. 7.000 Studenten und Beschäftigte der Uni Lübeck, die von der Schließung der Medizinausbildung, dem wichtigsten Teil der Uni bedroht ist. Befürchtet wird auch, dass die Arbeitsplätze sowohl im Wissenschaft-, als auch im Technik- und Verwaltungsbereich der Uni Lübeck gefährdet sind, mit starken Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft in Lübeck und Umgebung, mit Arbeitslosigkeit und Armut als Folge.

- Eine zweite Demo startete vom Audimax der Uni Kiel mit ca. 8.000 Kieler Studenten, Hochschulmitarbeitern, Schülerinnen und Schülern mit einem mächtigen Demonstrationszug gegen die drastischen Sparpläne der schwarz-gelben Koalition. Mit dabei waren auch die Studenten aus Flensburg. Hier sollen die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge wegfallen und dann bleibt nur noch die Pädagogische Hochschule. Befürchtet wird der Verlust der Internationalität des Studiums, insbesondere die Kooperation mit den dänischen Universitäten wird beendet. Erhebliche Arbeitsplatzverluste wird es an der Uni Flensburg geben, mit der Folge weiterer Arbeitslosigkeit und Armut in der Region.

- Eine dritte Demonstration startete vom Uniklinikum mit ca. 200 Beschäftigten und Betroffenen gegen die Privatisierung des UKSH. Bei einem Verkauf an einen privaten Klinikkonzern wird befürchtet, dass geltende Tarifverträge gebrochen und die Sanierungs-
beiträge in der Höhe von 100 Mio. Euro missbraucht werden für Gewinnmaximierung statt für maximale Patientenversorgung. Die Absenkung der Löhne um 20 Prozent, noch schlechtere Arbeitsbedingungen, mehr Patienten mit noch weniger Personal- und Arbeitsplatzabbau wären die Folgen.
 
 


Der DGB Nord will mit einer unabhängigen Internetseite den verschiedenen Initiativen und Organisationen im Land, die sich gegen die Sparpolitik der Kieler Landesregierung wehren, eine Plattform bieten, um ihre Aktionen anzukündigen und dabei die von anderen zu berücksichtigen. Damit hätten sie auch die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen. Die Internetadresse lautet: www.gerecht-und-sozial.de

 

Die Demonstrationen vereinigten sich zu einer Zwischenkundgebung vor dem Schlosspark, mit extrem lauten Pfeif- und Trommel-
konzerten zu aufheizenden  Redebeiträgen von der Lübecker Studentenvertretung und von ver.di. Auch später vor dem Landes-
haus war die Stimmung sehr geladen. Mit lautstarken Sprüchen wie „De Jager - Versager“ wurde der Rücktritt des CDU-Bildungs-
ministers verlangt. Sprecher der Landesregierung versuchten über die Lautsprecheranlage die Sparpläne zu rechtfertigen und wurden nach einigem Hin und Her von den anwesenden Massen mit ohrenbetäubendem Pfeif- und Rufkonzert beendet. Die aufgebrachte Menge verfolgte über mehrere Stunden lang die empörten Reden von Vertretern von Studenten, Uni-Mitarbeitern und Schülern aus dem Lübecker Truck. Mobilisiert und aufgerufen hatten neben den AStA der Unis, Bildungsbündnisse aus Kiel und Lübeck wie auch der ver.di Landesverband Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie am Uniklinikum der ver.di Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste. Die Großdemo richtete sich zwar in erster Linie gegen die Einsparungen im Bildungsbereich wie auch gegen die Privatisierung am Uniklinikum. Angegriffen und in den Zusammenhang gestellt wurden die beabsichtigten Sparpläne der Landes-
regierung allerdings auch mit der Finanzknappheit durch das Rettungspacket für die Banken, wie z.B. die HSH oder Steuerge-
schenken für Konzerne und Vermögenden. Auch wenn in einzelnen Reden die Besteuerung der Vermögenden gefordert wurde, ein Zusammenhang zu den Forderungen der sozialen Bewegung gegen die Abwälzung der Wirtschaftskrise auf dem Rücken der Bevölkerung, Beschäftigten und Arbeitslosen fehlte leider.

Am drauffolgenden Tag, am 17. Juni, wurde gegen die Kürzungen im sozialen Bereich demonstriert. 3.000 TeilnehmerInnen waren dem Aufruf des Kieler  Aktions- bündnisses Soziales aus AWO, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Diakonie, DRK und ver.di gefolgt. Die beabsichtigten Sparmaßnahmen der Landesregierung bedrohen u.a. Familienbildungsstätten, das beitragsfreie Kita-Jahr, Selbsthilfegruppen, Frauenhäuser, Beratung und Hilfe für Suchterkrankte, psychisch Kranke, Flüchtlinge und Haftentlassene, Landesblindengeld und Mädchentreffs. Die Demonstranten die schon vor Beginn der Landtagssitzung vor dem Landeshaus protestierten, um auf die Not in der Sozialen Arbeit hinzuweisen, forderten immer wieder „Spart bei den Banken, nicht bei den Menschen“. Aus dem Landtag soll FDP-Sozialminister Garg sein Verständnis für den Protest geäußert haben, aber es sei ja nun sein Job, die Handlungsfähigkeit dieses Landes für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen. Geantwortet wurde ihm mit schallend lautem „HSH, HSH ...“ Enttäuschend war allerdings die Bemerkung des Bündnis-Sprechers, dass man sich Sparplänen nicht ganz ver-
weigern wolle. Hier fehlt der Bewegung noch der wirtschaftspolitische Zusammenhang und der menschenverachtende Hinter-
grund der jetzigen Kürzungspolitik, die ja mit Steuergeschenken für die Reichen und der Agenda 2010 begonnen hat.
 

 (uws)