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Kommentar:

Ganz legales Morden?

Die Todesstrafe ist in Deutschland und vielen anderen Ländern abgeschafft, und das ist gut so. Ein eindeutiger zivilisatorischer Fortschritt. Doch wir haben eine Bundesregierung, die das gezielte Töten von missliebigen Personen für ganz normal und völlig legal hält. So äußerte sich im Juli Außenminister Westerwelle, als die Zusammenarbeit der Bundeswehr, genauer: des Kommandos Spezialkräfte (KSK), mit entsprechenden Einheiten der US-Armee bekannt wurde. Die US-Regierung macht keinen Hehl daraus, dass sie in Afghanistan und anderswo gezielt auf Jagd geht, um Menschen aus dem Wege zu räumen, die ihr nicht passen. Es ist unerheblich, dass es in diesem Falle vermutlich Menschen trifft, die man als Linker nicht mögen kann, Leute, die nichts von Gleichheit, von Frauen- und Menschenrechten halten. Aber in Wirklichkeit ist nicht einmal das sicher. Zahlreich sind die Berichte aus Afghanistan, die eher annehmen lassen, dass im Zweifel einfach draufgehalten wird. Egal ob Unbeteiligte, gar Frauen und Kinder, getötet werden. Auch hiesige Staatsanwälte und Bundeswehrdienststellen nahmen schließlich keinen Anstoß daran, dass der deutsche Oberst Georg Klein in der Nähe von Kundus eine größere Menschenmenge, in der sich überwiegend Zivilisten befanden, bombardieren ließ. Derlei Kriegsverbrechen gelten im modernen Deutschland nicht einmal als Dienstvergehen. Für das Werfen einer einzigen Glasflasche kann man hingegen in Berlin für über ein Jahr ins Gefängnis kommen.

Aber selbst wenn die mit KSK-Unterstützung durchgeführten Morde wirklich nur die “Richtigen” Treffen würden, wäre das vollkommen unakzeptabel. Todesurteile sind ohnehin schon eine barbarische Angelegenheit, aber Todesurteile ohne öffentlichen Gerichtsprozess sind ein Rückfall in vorrepublikanische Zeiten, ein Zurück hinter die Errungenschaften der bürgerlichen Revolution – nun ja, mit deren Erbe hat es die deutsche Bourgeoisie ja ohnehin nicht besonders. Doch zumindest von Sozialdemokraten wäre ein bisschen mehr zu erwarten. Der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels (SPD) sitzt im Verteidigungsauschuss und hat wiederholt den KSK-Einsatz und die um ihn betriebene Geheimhaltung verteidigt. Bartels muss sich nun fragen lassen, ob er dabei bleibt, ob er die Mörder und ihre Helfer weiter decken will?

(wop)