KERNspalte

British Nuclear Fuels in der Krise: Die in Sellafield hergestellten MOX-Brennelemente für den japanischen Reaktor Takahama, die am Tag nach dem Tokaimura-Unfall von der "Pacific Pintail" in Japan abgeliefert wurden, sind vom dortigen Anlagenbetreiber KEPCO reklamiert worden. Die Frachtpapiere seien gefälscht und das Vertrauen in den Zulieferer erschüttert. Wegen der ungesicherten Qualität der Brennstäbe werden diese nicht eingesetzt und an BNFL zurückgeschickt. Da KEPCO bis auf weiteres keine Lieferungen aus Sellafield mehr annehmen will, steht die Brennelementefabrik zur Zeit ohne ihren größten Abnehmer da. Greenpeace spekuliert über eine mögliche Schließung der Fabrik.

Apropos Japan: Der Tokaimura-Unfall ist der Betreiberfirma genau 944 DM pro Person wert. Soviel (50.000 Yen) hat JCO den 120 unmittelbar benachbarten Anwohnern der Anlage als Entschädigung angeboten. Das Angebot wurde einheitlich abgelehnt.

Yello Strom, bisher als skrupelloser Atomstrom-Billiganbieter bekannt, versucht sein Image aufzumöbeln und den Wasserkraft-Anteil auszuweiten, indem Teile der norwegischen Produktion aufgekauft werden. "Stromwäsche" nennt das die BUND-Jugend, denn Norwegen importiert Atomstrom und exportiert Wasserkraftstrom - der saubere Strom existiert nur auf dem Papier, denn natürlich produziert EnBW weiter Strom aus Kernkraftwerken, den sie unter dem Label "Yello" an die (verantwortungslosen) Verbraucher verscheuern. Der Anteil an der Produktion von Ökostrom verbessert sich durch Aktienhandel nicht um eine Kilowattstunde.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26.11. zwei neue Verfassungsrichter gewählt. In den ersten Senat rückt Prof. Dr. Di Fabio aus München als Nachfolger für den ausscheidenden Richter Dr. Grimm auf. Di Fabio hat sich als Gutachter der Atomindustrie einen Namen gemacht. In einem Rechtsgutachten von diesem Jahr kommt er zu dem Schluss, dass einem Ausstieg aus der Kernenergie unüberwindbare verfassungsrechtliche und europarechtliche Hindernisse entgegen stünden. Zudem werde der Eigentumsschutz und die Berufsfreiheit der Atomkraftwerksbetreiber verletzt. Der Schutz der Bevölkerung spielt selbstredend verfassungsrechtlich in diesem Gutachten keine Rolle. Sogar die CDU/CSU-Splittergruppe CDAK (Christdemokraten gegen Atomkraft) glaubt, dass es sich dabei um eine Vorentscheidung für die bevorstehende Verfassungsklage der Konzerne gegen ein Ausstiegsgesetz handelt. Rot-Grün könnte sich in Zukunft hinter der Rechtsprechung des höchsten Gerichts verschanzen, denn einen Konsens mit den AKW-Betreibern wird es nach deren Aussage (3.1.2000) sowieso nicht geben. 15 Monate Konsensgespräche (die die Anti-AKW-Bewegung immer für überflüssig gehalten hat) und Atomausstiegsgesetz hätten damit das Niveau eines Volkstheaters: unterhaltend, aber bewusst von vornherein folgenlos.

Y2K-Probleme: Die Russen hatten keine. Die Amis hatten kleinere Probleme bei den Zugangskontrollen von Atomkraftwerken und deren Wetterstationen. Außerdem sei eine Bodenstation für Spionagesatelliten vorübergehend ausgefallen. In Japans AKW Shika fiel kurz nach Mitternacht der Messcomputer für die Strahlenwerte aus. Im spanischen Zorita verweigerte ein Computer zwei Beschäftigten den Zugang zum Hochsicherheitsbereich des AKW, in Garona musste die Stromverteilung manuell geregelt werden. Kein Reaktor wurde abgeschaltet. Das einzige Land der Welt, in dem die Stromversorgung zusammenbrach und auch sonst viele Teile der computerabhängigen Infrastruktur, war das afrikanische Gambia. Aber das hat keine Atomkraftwerke. Oder grade, weil es keine hat?

(BG)