Flüchtlinge

Hafenstraßen-Prozess:

Anklage gefordert

Auch vier Jahre nach der Tat ist der Brand einer Flüchtlingsunterkunft in der Lübecker Hafenstraße ungesühnt. Zehn Menschen starben seinerzeit, als in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1996 ein von der Diakonie betriebenes Haus niederbrannte.

Die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke hat nun im Auftrag ihres Mandanten Safwan Eid bei der schleswig-holsteinischen Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig die Anklageerhebung gegen vier seit langem verdächtige junge Männer aus dem mecklenburgischen Städtchen Grevesmühlen beantrag. Eid, der den Brand überlebte und im November letzten Jahres endgültig von dem Verdacht freigesprochen worden war (LinX berichtete), ihn gelegt zu haben, will in dem Verfahren gegen die Grevesmühlener als Nebenkläger auftreten.

Die Lübecker Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen sowohl gegen Eid als auch die Grevesmühlener geleitet hatte, war in der Vergangenheit wiederholt wegen verschiedener Ungereimtheiten in ihrem Vorgehen kritisiert worden. Heinecke spricht in ihrer Beschwerdebegründung, die zur Anklageerhebung führen soll, davon, dass die "die Ermittlungen begleitende systematisch anmutende Beseitigung und Vernichtung von Beweismitteln einerseits und die Absurdität der Einstellungsbegründungen der Staatsanwaltschaft andererseits vermuten (lassen), dass der Schutz dieser jungen Männer (der Grevesmühlener) seine Ursache in einer zumindest partiell gemeinsamen Interessenslage haben könnte".

Insbesondere weist die Nebenklagevertreterin in ihrer umfangreichen Begründung darauf hin, dass die Todesumstände einer im Vorbau des Brandhauses gefundene Leiche nie näher geklärt wurden. Verschiedene Indizien legen nahe, dass der Hausbewohner Sylvio Amoussou, dessen verkohlter Leichnam im Eingangsbereich lag, bereits bei Brandausbruch tot war, eventuell vor der Brandstiftung ermordet worden war. Obwohl diese Tatsachen für eine Brandstiftung von außen sprechen, gingen die Lübecker Staatsanwälte dem nicht weiter nach, sondern versteiften sich schon früh darauf, den Schuldigen unter den Bewohnern zu suchen.

Was den Verdacht gegen die vier Grevesmühlener angeht, weist die Begründung erneut darauf hin, dass man in ihren Haaren "frische Brandlegerspuren" gefunden habe. Dass sie in der Tatnacht auch noch in der Nähe des Brandortes gesehen wurden, ist der Hamburger Anwältin der Zufälligkeiten zuviel. Außerdem kann sie darauf verweisen, dass Maik W., einer der Beschuldigten, wiederholt die Tat gestanden hat, u.a. gegenüber einem Abteilungsleiter in der JVA Strelitz, wo er wegen eines anderen Delikts einsaß. Heineke fordert dessen Vernehmung als Zeugen. Er könne bestätigen, dass bei einer erneuten Befragung W.s, nachdem dieser sich selbst bezichtigt hatte, der vernehmende Kripobeamte im Beisein des Lübecker Staatsanwalts Böckenhauer regelrecht versucht habe, ihm seine Geständnisse wieder auszureden.

(wop)