Landtagswahl

Koalition von Simonis' Gnaden

Schleswig-Holstein hat gewählt und erwartungsgemäß die CDU für ihre Schwarzkonten abgestraft. Noch Mitte Herbst hatte es nach einem haushohen Sieg für die Christdemokraten ausgesehen. Alle Meinungsumfragen sahen Herausforderer Rühe weit vor der Ministerpräsidentin Simonis. Doch aus dem Regierungswechsel wurde nichts. Mit 43,1% hatte die SPD klar die Nase vorn und kann ihre Koalition mit den Grünen in den kommenden fünf Jahren fortsetzen, die auf 6,2% kamen. Damit mussten diese zwar etwas Federn lassen und konnten ihr Rekordergebnis von 8,1% 1996 nicht wiederholen. Der Rückgang fiel allerdings geringer als erwartet aus. Zu danken haben Simonis' Junior-Partner dies wohl v.a. einer Zweitstimmen-Kampagne aus den Reihen der SPD. Andernfalls hätten sie leicht, wie es zuletzt von verschiedenen demoskopischen Instituten vorhergesagt worden war, vor der Tür sitzen können. In einigen kleineren ländlichen Zentren deuten Stimmengewinne bei den Grünen gekoppelt mit auffälig niedrigen Zweitstimmenergebnissen der SPD daraufhin, dass z.T. massiv Leihstimmen an die Öko-Liberalen vergeben wurden. Auch in Kiel bekam die SPD durchweg deutlich mehr Erst- als Zweitstimmen, was auf Unterstützung für die Grünen hindeutet. Diese befinden sich damit in der misslichen Lage, dass sie auf die große Schwester auf Gedeih und Verderb angewiesen sind.

Die ließ denn auch noch in der Wahlnacht den Zögling einen prophylaktischen Blick auf die Züchtigungsinstrumente werfen: Einen 92-seitigen Koalitionsvertrag werde es nicht wieder geben, die Grünen müssten endlich begreifen, dass man nicht zugleich Oppositions- und Regierungspartei sein kann. Mit anderen Worten: Gemacht wird, was die SPD will. Das war zwar auch schon vorher so, nur hatte man nach der letzten Wahl mit Rücksicht auf die grüne Basis zumindest noch die Form gewahrt. Das ist jetzt nicht mehr notwendig: Die Grünen können nur noch bei Strafe des Untergangs in die Opposition zurück. Wir werden uns also u.a. auf weitere Verkehrsgroßprojekte wie etwa eine Brücke über den Fehmarn-Belt oder eine Querung der Elbe westlich von Hamburg einstellen können. In Fragen wie Abbau von Arbeiterrechten z.B. durch Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten hatte man sowieso keine zwei Meinungen gehabt und auch in Sachen Privatisierung von Landeseigentum gehört die einstige Umweltpartei eher zu den Ideengebern als zu den Bremsern. Man hätte sich sicherlich gewünscht, dass sie für ihre Abkehr von Sozial- und Umweltpolitik und v.a. für ihre Bekehrung zum Militarismus eine deutliche Abfuhr bekommen würden.

Das Regieren wird für die neue alte Koaliton in der nächsten Zeit eher noch bequemer als vor der Wahl werden, auch wenn drei Sitze nicht gerade ein komfortabler Vorsprung sind. Die CDU erzielte mit 35,2% ein für das konservativ geprägte Flächenland denkbar schlechtes Ergebnis und steht am Tag nach der Wahl faktisch kopflos da. Ihr Spitzenkandidat Rühe ließ, kaum hatten die Wahllokale geschlossen, verlauten, dass sein Gastspiel im Land beendet sei. Er sei nun wieder Bundespolitiker. Der noch amtierende Landesvorsitzende Würzbach tritt in einem Jahr ab und was danach kommt, bleibt offen. Ersatzpersonal muss zunächst aufgebaut werden und die Widersprüche, die noch in der Wahlnacht zwischen dem erz-konservativen Würzbach und dem nicht gerade linken Ex-Kriegsminister auftraten, lassen erahnen, dass der Union im Norden noch der eine oder andere Erbfolgekrieg bevorstehen könnte.

Die PDS, die mit massiver finanzieller Unterstützung aus Berlin (ca. 250.000 DM) und fast mehr auswärtigen als heimischen Wahlhelfern in die Schlacht gezogen war, blieb mit 20.000 Wählern bzw. 1,4% weit hinter den angekündigten 5% zurück. Gegenüber der letzten Bundestagswahl verlor sie sogar noch etwas über 5.000 Stimmen. In Kiel legte sie prozentual um 0,1%-Punkte auf 2,5% zu, doch verbirgt sich dahinter ein realer Verlust von 510 Stimmen. Auch in Gaarden, wo die PDS ihre Hochburgen v.a. zwischen Preetzer und Werftstraße hat, gab es Verluste. Aufgrund der geringen Wahlbeteiligung stieg der prozentuale Anteil allerdings z.T. deutlich. Leichte absolute Stimmenzugewinne konnten die Demokratischen Sozialisten einzig im Stinkviertel und um die Hansastraße verbuchen.

Die Wahlbeteiligung ist um weitere 2,3%-Punkte zurückgegangen und liegt jetzt bei 69,5%. Besonders stark ist dieser Trend in den Stimmbezirken der ärmeren Teile der Bevölkerung, wie z.B. Mettenhof oder v.a. auch Gaarden. Dort gingen z.T. weniger als 50% der Berechtigten zur Wahl. Auch die Zahl der ungültigen Stimmen nahm deutlich zu. Landesweit waren es rund 7.000 oder ein Drittel mehr, als vier Jahre zuvor. Die NPD bekam mit 989 erfreulich wenig Stimmen in Kiel. Rep und DVU hatten zur Bundestagswahl 98 2.173 Stimmen eingefahren.

(wop)