Aus dem Kieler Rat

Resolution im Kieler Rat:

Alle wollen Multimedia

Wenn Ratsleute das Wort "Multimedia" hören, bekommen sie glänzende Augen, egal welcher Fraktion sie angehören. "Multimedia" ist ein Zauberwort, hängt "irgendwie" mit Computer und Internet zusammen, und das wiederum hängt ebenso pawlowsch-reflektorisch mit Geld, Fortschritt und Arbeitsplätzen zusammen. Schon in den letzten beiden Wahlkampfwochen war der zu gründende Multimedia-Campus schwer im Schwange als Wahlkampffutter für die SPD, die sich damit einen innovationsfreudigen Anstrich verpassen wollte, ohne dass jemand erklärt hätte, was auf diesem Campus eigentlich stattfinden soll. Es herrscht Goldgräberstimmung. Haben wollen den Campus daher alle von Büdelsdorf, über Flensburg, Lübeck bis Neumünster (LinX berichtete) und neuerdings auch Itzehoe. Und natürlich und zuvorderst Kiel. Die Ratsversammlung verabschiedete dazu in ihrer Sitzung vom 16.3. einstimmig eine interfraktionell beantragte Resolution: "Multimedia-Campus nach Kiel!"

Collage: jm

Darin wird explizit auch die "finanzielle Förderung des Projektes durch Gerhard Schmid, Vorstandsvorsitzender und Mehrheitsaktionär der Mobilcom AG" begrüßt. Jürgen Fenske, SPD-Fraktionsvorsitzender, freute sich über Mobilcoms Engagement, als "richtigen Schritt, aus dem Multimedia-Campus nicht nur eine öffentliche, sondern auch private Veranstaltung zu machen". Um Schmid als großzügigen Sponsor drehte sich dann auch die weitere Debatte. Schmid hatte ein mögliches Engagement für den Standort Kiel zwischen den Zeilen von mehr Zustimmung zu seinem Hörn-Bauprojekt abhängig gemacht, in welchem Zusammenhang er von "Investorenmobbing in Kiel" gesprochen hatte (LinX berichtete). CDU-Fraktionschef Arne Wulff schlug genau in diese Kerbe: "Wenn das die Neue Mitte der SPD ist, sich von einem sehr reichen Mann sagen zu lassen, was sie zu tun hat, dann ist das nicht unsere Mitte. Wir sind nicht erpressbar." Fenske wies diesen Vorwurf der Erpressbarkeit "mit aller Entschiedenheit" zurück: "Wir knien nicht vor Investoren." Im übrigen sei es aber "nicht gut, wenn Investoren kritisiert werden". Man solle "seine Worte genau abwägen, wenn es um die Sicherung von Arbeitsplätzen geht. Wir wollen einen vernünftigen Umgang mit Investoren ohne den investitionshemmenden Ton, der in der Debatte um das Hörn-Projekt angeschlagen wurde." OB Norbert Gansel machte deutlich, wie er sich diesen "vernünftigen Umgang" vorstellt: "Es gibt Reiche, die tun nichts, die ruhen sich nur auf den Zinsen aus. Aber Schmid unternimmt etwas, was sich mit den Interessen der Stadt deckt. Wir sollten kein Klima schaffen, in dem die flotten Sprüche wichtiger sind als die sicheren Arbeitsplätze."

Bezüglich der Standort-Entscheidung für den Multimedia-Campus sind sich im Rat alle einig, dass "die Ansiedelung in Kiel erfolgen sollte". Kiel biete mit seinen Hochschulen, dem bereits vorhandenen Gründer- und Innovationszentrum, zahlreichen Hightech-Unternehmen und "mehr als der Hälfte aller Multimedia-Betriebe Schleswig-Holsteins mit Sitz in Kiel" die "besten Standortfaktoren". Für Kiel spreche ferner, so Gansel, dass dies "der gesamten K.E.R.N.-Region zugute kommt". Und Fenske drohte dem Neumünsteraner OB Unterlehberg, der in der Werbung Gansels für Kiel eine "maßlose und egoistische Kirchturmpolitik" gesehen hatte (LinX berichtete): "Neumünster soll sich gut überlegen, dass auch für Neumünster eine Entscheidung für Kiel besser ist als eine für Lübeck."

(jm)