Aus dem Kieler Rat

Teilverkauf der Stadtwerke:

Das Sahnestück wird aufgeteilt

Natürlich findet alles hinter verschlossenen Türen statt. Denn wenn es um viel Geld für einen Teilverkauf der Stadtwerke geht, dann ist demokratische Beteiligung lästig. Über 20 Angebote soll die Stadt erhalten haben, nachdem der Rat im letzten Jahr einen Grundsatzbeschluss zum Teilverkauf der Stadtwerke getroffen hatte. Nun sind noch sechs im Rennen, mit denen die Stadt in engere Verhandlungen tritt. Das teilte Bürgermeisterin Annegret Bommelmann vorletzte Woche mit. Weitere Einzelheiten sind natürlich geheim. Trotzdem macht die Verwaltung Druck. Noch vor der Sommerpause soll der Rat einen Verkauf durchnicken.

Die sechs Kaufinteressenten sind z.T. vielfach mit einander vernetzt. Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) gehören zu den Atomstromern unter den Kaufinteressenten und waren selbst einmal mehrheitlich in kommunaler Hand. Aber im November 99 hatte die Stadt Hamburg 25,1% Sperrminorität an den schwedischen Energieversorger Vattenfall verkauft. Weitere Beteiligungen halten die PreussenElektra (15,4%) und der schwedische Atomstromer Sydkraft AB (21,8%). Sydkraft AB selbst ist ebenfalls in der engeren Wahl. Nach Vattenfall ist die Sydkraft der zweitgrößte Stromlieferant Schwedens und gehört zu 20,6% der PreussenElektra. Ein weiteres (ehemals) städtisches Stromunternehmen, das bei den Kieler Stadtwerken einsteigen will, ist die Berliner Bewag. Ihre Aktionäre heißen wiederum PreussenElektra (23%) und Bayernwerk (26%) - die im Rahmen der VIAG-VEBA-Fusion gerade dabei sind zu verschmelzen. Weitere 26% hält der US-Konzern Southern Energy. Auch aus den USA kommen zwei weitere Kaufinteressenten, die "global player" Cinergy Global Power aus Cincinnati und Texas Utilitys (TXU), auf Platz 10 der weltweit größten Energieversorger. Als letzter im Bunde der sechs in der engeren Wahl steht die Rendsburger Schleswag, die zu 65,3% der PreussenElektra gehört. Als Versorger von 700.000 Haushalten in Schleswig-Holstein sieht sich die Schleswag als "natürlicher Partner" der Kieler Stadtwerke.

Mit der PreussenElektra als Halterin von beachtlichen Anteilen der meisten Bewerber hätte man einen der größten Atomstromer im Boot, einen der widerständigsten, was den Ausstieg aus der Kernenergienutzung betrifft, dazu. Das scheint aber für die Verkaufsverhandlungen kein Hindernis. Die Stadt schaut eher auf die Liste, die der Rat als Bedingung für einen Verkauf gestellt hatte, worin u.a. steht, dass die Deckung der Verluste der KVAG aus dem Überschuss, den die Stadtwerke erwirtschaften, nicht gefährdet werden darf.

"Entsetzt" darüber, "wie die Selbstverwaltung hier Fakten geschaffen hat", zeigte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Hans-Werner Tovar. Tovar kritisierte, dass die Kriterien für die Auswahl der sechs Bewerber aus den ursprünglichen 20 nicht offengelegt würden. Damit würden Fakten geschaffen, "über die man nicht mehr hinwegkommt". Mit "großer Skepsis" beurteilte Tovar auch, dass bei vier der verbliebenen Bewerber die PreussenElektra beteiligt ist. Wurde da gekungelt? "Unter den jetzigen Rahmenbedingungen" sieht sich Tovar jedenfalls "nicht im Stande, eine Entscheidung für den Verkauf zu treffen".

Die Fraktionen von CDU und SUK reagierten weniger skeptisch, wenngleich CDU-Chef Arne Wulff verlangte, der Rat müsse "jeden einzelnen Schritt dieses Verfahrens schlüssig nachvollziehen können". SUK-Fraktionschef Wolfgang Kottek jubelte, der Stadtwerke-Teilverkauf sei eine "fast schon historische Transaktion". Ferner werde der Verkauf das Haushaltsdefizit deutlich verringern.

Und Letzteres ist der eigentliche Beweggrund für den Verkauf, auch wenn Gansel und seine Verwaltung dies immer wieder bestreiten. Ob sie der Versuchung widerstehen können, das Sahnestück an den Meistbietenden zu verticken, um den Haushalt maximal zu sanieren, denn ein anderes Ziel hat Gansels "Politik" nie gehabt, bleibt abzuwarten.

(jm)