Internationales

IWF und Weltbank

Frühjahrstagung von starken Protesten begleitet

Mitte April kamen in Washington Internationaler Währungsfond und Weltbank zu ihrer Frühjahrstagung zusammen, die in diesem Jahr von ungewöhnlich massiven Protesten begleitet wurde. US-amerikanische Gruppen nutzten den Schwung von Seattle um Tausende in die US-Hauptstadt zu mobilisieren. Der Währungsfonds war zuletzt besonders wegen seiner Rolle in der Asienkrise in die Kritik gekommen. Mit seinen Kreditauflagen wie Begrenzung der Staatsausgaben und massiven Zinserhöhungen hatte er nicht unwesentlich zur Verschärfung der Krise beigetragen. Selbst konservative Kräfte in den USA greifen ihn in letzter Zeit dafür an und fordern eine Beschränkung seiner Aktivitäten.

Auf der Tagesordnung stand auch der bereits im Juni letzten Jahres vom G7-Treffen vereinbarte Schuldenerlass für die ärmsten Staaten, der immer noch nicht durchgeführt ist. Die reichen Industriestaaten verlangen von den Gläubigern die Erfüllung von Auflagen, die den üblichen Strukturanpassungsprogrammen nicht unähnlich sind. Unter anderem wird verstärkter Druck auf Privatisierung staatlicher Sektoren ausgeübt. Die Industriestaaten lehnen (natürlich) die Sichtweise, wie sie v.a. von der Jubilee South-Antischuldenkampagne vertreten wird, ab, nachdem viele dieser Schulden unmoralisch sind, weil sie entweder unterdrückerischen Regimen wie der südafrikanischen Apartheidsregierung gewährt wurden, oder mit dem Wissen entstanden, dass die Staaten sie sowieso nie würden zurück zahlen können.

Jubilee South beteiligte sich auch an den Demonstrationen in der US-Hauptstadt. Entgegen allen Bekundungen, man wolle den Dialog mit den Protestierenden, ging die Polizei des Hauptstadtdistrikts mit brachialer Gewalt gegen die Proteste vor. Die Lehre aus Seattle war für sie offensichtlich, noch härter durchzugreifen und Versammlungen schon im Vorfeld aufzulösen. Am 15.4., dem Tag vor dem offiziellen Tagungsbeginn, wurde eine Demonstration gegen das US-Gefängnissystem eingekesselt. 600 Menschen wurden festgenommen und fast einen Tag lang in überfüllten Räumen festgehalten. Ein bolivianischer Mitarbeiter der Weltbank, der wie einige andere Unbeteiligte zu den Festgenommenen gehörte, berichtet, dass den Menschen jeder Kontakt nach Außen verweigert wurde und seine Hände 17 Stunden mit Plastikfesseln auf dem Rücken gefesselt waren.

Die USA hat die höchste Gefangenenrate der Welt. Die Protestierenden wiesen darauf hin, dass seinerzeit nach dem Bürgerkrieg mit der 13. Verfassungsänderung (Amendment 13) die Sklaverei in den USA nicht generell abgeschafft, sondern für die Gefängnisse ausdrücklich beibehalten wurde. Auf dieser Grundlage entwickelte sich in den letzten beiden Jahrzehnten in den USA eine Zwangsarbeits-Industrie, die derzeit zunehmend privatisiert wird. Damit werden Fortschritte, die die Gewerkschaften in den 20ern und 30ern erreicht hatten, weitgehend zurückgedrängt.

Ebenfalls am Samstag war der Treffpunkt der Direct Action Coalition von Polizeieinheiten überfallen und geräumt worden. Am Sonntag ging die Polizei dann wie bereits in Seattle mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Proteste von mindestens 6.000 Menschen vor. An einigen Stellen der Stadt wurden Barrikaden errichtet.

Am Rande der Washingtoner Ereignisse gab es auch eine Aktion gegen die "school of the Americas" in Fort Benning, Georgia, wo die US-Armee Militärs aus Südamerika in Aufstandsbekämpfung und Folter ausbildet. Mehrere hundert Demonstranten forderten ihre Schließung.

Einige Tage vor der IWF/Weltbank-Tagung in Washington trafen sich im kubanischen Havanna die Spitzen der Länder des Südens zum Gipfel der Gruppe 77. Sie vereinbarten eine verstärkte Zusammenarbeit und wollen versuchen mehr als bisher mit einer Stimme zu sprechen. Auf die weitgehenden Forderungen des Gastgebers Fidel Castro nach Abschaffung von IWF und Weltbank konnten sie sich allerdings nicht einigen. Statt dessen wird mehr Gewicht für ihre Staaten in den internationalen Gremien gefordert.

Malaysias Präsident Mahatir Mohammed forderte bei der Gelegenheit die Öffnung der Grenzen für Migranten: "Die Arbeiter sollten in reiche Staaten einwandern und am Arbeitsmarkt teilhaben dürfen, so wie es auch den mächtigen Konzernen der reichen Länder erlaubt ist, den winzigen Unternehmen der armen Staaten Konkurrenz zu machen." Diese Forderung war von der Gruppe der am wenigsten entwickelten Staaten bereits in Seattle vorgetragen worden. Die Industriestaaten hielten es aber bisher nicht einmal für nötig, auf sie einzugehen.

Die diesjährige Jahrestagung der beiden Bretton Woods Organisationen findet in Prag statt. Dortige Gruppen sind bereits dabei, für September zahlreiche Gegenaktivitäten zu planen.

(wop)

Amendment 13 - Prohibition of Slavery Section 1:

"Neither slavery nor involuntary servitude, except as a punishment of crime whereof the party shall have been duly convicted, shall exist within the United States, or any place subject to their jurisdiction."