Kommentar

Zeit für ein Volksbegehren

Erst die KWG, jetzt die Stadtwerke und als nächstes vielleicht profitable Reste der KVAG? Oder vielleicht die Wasserwerke? Kiels Stadtväter und -mütter scheinen kein Halten mehr zu kennen, und man fragt sich, was an dieser SPD eigentlich noch sozialdemokratisch ist. Und ganz wie im Falle der Hörnbebauung würden sie am liebsten auch noch jede öffentliche Diskussion über die Vorgänge verbieten - wenn sie denn könnten - um die Investoren nicht zu verschrecken. Deutlicher kann eigentlich kaum demonstriert werden, wohin der Zug geht: Die rudimentären Ansätze von Demokratie, die öffentliche Auseinandersetzung über die Entwicklung dieser Stadt (unserer Stadt!, unseres Lebensortes!) ist marktfeindlich, könnte privates Kapital scheu machen.

Wir sollen also allen Ernstes schweigend zusehen, wie auch der letzte Rest kommunaler Gestaltungsmöglichkeit aufgegeben wird. Nicht, dass die kommunalen Betriebe bisher ein Muster an demokratisch kontrollierter Wirtschaft gewesen wären. Aber es macht einen Riesen-Unterschied, ob man zumindest über Kommunalwahlen und mehr noch öffentlichen Druck auf die Stadtverwaltung und Einfluss auf die lokale Energiepolitik nehmen kann, oder ob die wichtigen Entscheidungen künftig in fernen Konzernzentralen getroffen werden. Von Unternehmen zudem, die ihren Atomstrom absetzen wollen und daher zuerst die kleinen Kraftwerke der Stadtwerke, die sie überall aufkaufen, dicht machen werden, wenn es um den Abbau der beträchtlichen Überkapazitäten geht.

Die Privatisierung der Stadtwerke bedeutet also nicht nur einen Demokratieverlust, sie gefährdet auch einige hundert Arbeitsplätze und sie leistet einer reichlich umweltschädlichen Energiewirtschaft Vorschub. Nicht nur in Sachen der Förderung des Atomstroms. Die großen Energiekonzerne haben in den letzten Jahrzehnten alles Denkbare unternommen, um der Stromerzeugung mit Windkraftwerken und anderen regenerativen Quellen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Auch die besonders effiziente Kraft-Wärme-Kopplung ist in Deutschland weniger weit verbreitet, als in vielen anderen europäischen Staaten und von den großen Energiekonzernen ist nicht zu erwarten, dass sie diese Technik ausbauen werden, solange sie in ihren zentralen Großkraftwerken erhebliche Überkapazitäten stehen haben, deren Stromproduktion sie absetzen wollen. Dass damit das (vollkommen unzureichende) Klimaschutzziel der Bundesregierung in noch weitere Ferne rückt interessiert nicht. Hauptsache die Rendite stimmt.

Bisher hat die Ratsversammlung nur dem Verkauf einer Sperrminorität von 25,1% zugestimmt, aber schon das gäbe einem Käufer bereits erheblichen Einfluss und wäre auch wohl nur der Anfang. Beim KWG-Verkauf wurde versäumt, rechtzeitig ein Volksbegehren einzuleiten, diesmal dürfte es noch nicht zu spät sein.

(wop)