Kommentar

Kleingartenpolitik aufgeben!

Die Globalisierungswalze scheint unaufhaltsam: Eine Fusion jagt die nächste und geht es mal schief - wie im Falle Deutsche und Dresdner Bank - so ist der nächste Kandidat sogleich zur Hand. Wirtschaftliche Macht konzentriert sich immer mehr und hat längst die Staatsgrenzen hinter sich gelassen. Der Umsatz der größten Konzerne, darunter mancher deutscher Name, übersteigt inzwischen das Volumen vieler Volkswirtschaften. Doch die politische Kontrolle dieser Machtkonzentration scheint mehr denn je utopisch, ja, sie ist nicht einmal mehr gewollt: Ein konzentriertes Sperrfeuer neoliberaler Propaganda verkauft uns den freien Markt und die wirtschaftliche Konkurrenz als Naturgewalten, denen man sich nur bei Strafe des Untergangs in den Weg stellen dürfe.

Da ist es erfrischend, wenn auch in Deutschland langsam einige die neoliberalen Hypnose abschütteln, und den Ruf nach der Kontrolle der internationalen Kapitalmärkte erheben. Nicht zuletzt durch das erfolgreiche Beispiel der französischen Attac-Bewegung inspiriert, hat sich ein bundesweites Netzwerk kirchlicher und entwicklungspolitischer Gruppen gebildet, das die Bändigung und Entschleunigung der Börsen auf ihre Fahnen geschrieben hat.

Allerdings sei die Frage erlaubt, ob es reicht, sich ganz auf die Beschränkung der Kapitalströme zu konzentrieren. Nicht einmal die militärische Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mochte man in Hannover kritisieren, da man es sich nicht mit grünen und sozialdemokratischen Bündnispartnern verderben wollte. Auch die Rolle der deutschen "Global Player", die mit ihrer Freihandelspolitik einen nicht unwesentlichen Anteil an der Verhinderung von Entwicklung in den Ländern des Südens haben, blieb unerwähnt.

Doch das Hannoveraner Netzwerk ist noch jung und die Bewegung gegen die Globalisierung in Deutschland gerade erst im Entstehen. Das französiche Beispiel zeigt, dass die Sache schnell ihre eigene Dynamik bekommen könnte. Es bleibt also die Hoffnung, dass - ähnlich wie im Falle Attacs - der jetzt entstandene Ansatz bald zu einer allgemeineren Kritik der weltweiten Konzernherrschaft und der Organisierumg internationaler Solidarität ausgedehnt werden kann. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass sich die Linke aufrafft, um am Aufbau einer solchen Bewegung mitzuarbeiten. Zeit, die hiesige autonome, parteisozialistische oder antinationale Kleingartenpolitik aufzugeben, ist es allemal.

(wop)