Expo No!

Brave New World

Die Expo hat in Hannover ihre Tore geöffnet, die Automaten der Bahn streiken und alle Tageszeitungen sind voll von der schönen neuen Expo-Welt und einen dümmlich grinsenden Kanzler, der zur Eröffnung ein Kamel tätschelt. Was in dem ganzen orwellesken Medienrummel untergeht, ist die andere Seite der Medaille:

Ein Riesen-Aufgebot an Polizei und BGS, das in voller Kampfmontur Jagd auf alles macht, was nicht konform aussieht. 450 Festgenommene schon am Eröffnungstag (Donnerstag letzter Woche), die die Nacht über festgehalten wurden. 78 dieser Eingebuchteten, berichtet die "junge Welt", wurden in einer umgebauten Garage von 35 qm Grundfläche eingepfercht. Die gleiche Quelle zitiert Mitglieder von Grünlinks, die gesehen haben wollen, wie verdeckte Polizeiagenten als Demonstranten verkleidet die Auseinandersetzung angeheizt haben. Die Aussage macht durchaus Sinn, denn die Organisatoren der Expo-No-Kampagne sowie die 400 Demonstranten gehörten zumeist zur gewaltfreien Jugendumweltschutz-Szene. Die Beamten hielt das nicht davon ab, reichlich mit ihren Knüppeln auf die Leute einzuprügeln, nachdem man sie eingekesselt hatte. Die Expo-Gegner zitieren auf ihrer Web-Site (www.expo-no.de) sogar "hartnäckige Gerüchte", die spontane Demonstration sei von Spitzeln in diesen Kessel dirigiert worden. Neben den Verhaftungen wurden auch gegen eine Reihe Auswärtiger Platzverweise ausgesprochen.

Am Samstag gab es dann eine Reclaim-The-Streets-Party ("Fordern wir die Straße zurück", eine Aktionsform, die vor einigen Jahren in London aufgekommen ist. Mit bunten, spontanen Happenings wird von der Straße als öffentlichem Ort Besitz ergriffen und diese u.a. dem Autoverkehr "entrissen".) Es gab mehrere Straßenblockaden und die Polizei versuchte mehrfach die Demonstrierenden einzukesseln. Da das bei den Passanten in der Einkaufzone aber einigen Unmut hervorrief, wie auf der Homepage von einem Beobachter berichtet wurde, mussten die Kessel zunächst wieder aufgelöst werden. Dennoch kam es am Rande zu rüdem Vorgehen der Beamten und mehreren Festnahmen und Platzverweisen. Auch gegen Hannoveraner. Betroffen vom Vorgehen der wie Robocops gekleideten Beamten waren auch viele Passanten. "Selbst von kleinen Gruppen südländisch Aussehender wurden sofort die Personalien verlangt! Fahrzeuge wurden durchsucht. Offenbar will die Polizeiführung verhindern, dass im Schutze der RTS-Party Menschen aus der Türkei in der Innenstadt versuchen könnten, auf die diese Woche gefällten barbarischen sechs Todesurteile gegen Linke in ihrer Heimat aufmerksam zu machen. (...) Ein Journalist aus den USA berichtete soeben telefonisch, er sei über die Gewaltbereitschaft und gezielten Provokationen der deutschen Polizei überrascht", heißt es in einem weiteren Bericht auf der EXPO-NO-Seite.

Gegen die wenigen Hundert Protestierenden sollen an diesem Tag 6.000 Polizisten im Einsatz gewesen sein. Ein Aufwand, der "mit aller Gewalt" gerechtfertigt werden musste: "Alle Versuche der Polizei, die Party zu sprengen, scheiterten aber an der guten Laune der Teilnehmer; es kam zu wirklich makabren Szenen, als rund 40 grüne Roboter mit Helm und gezücktem Knüppel rund eine Stunde lang eine Gruppe von 40 Tanzenden einkesselte und so die Bürger erfolgreich vor brutalster Gewalt zu schützen vermochten. Im Gefolge kam es immer wieder zu Festnahmen, die sich fast ausnahmslos so abspielten, dass sich die Cops einzelne Partyteilnehmer gezielt herauspickten und dann sturmartig die Festnahme vornahmen. Dabei ging die Polizei äußerst brutal vor, zwang einzelne Partygäste mit bis zu fünf Uniformierten zu Boden und übte an ihnen auch die abartigsten auf der Polizeischule vermittelten Festnahmemethoden." So der Bericht eines Hamburger Teilnehmers. Zu den Gute-Laune-Aktionen gehörte an diesem Tag auch das Verteilen von 15.000 gefälschten Expo-Eintrittsgutscheinen von Coca Cola, die am Ausstellungseingang für reichlich Verwirrung gesorgt haben sollen.

Bei ausländischen Medien scheint das Vorgehen der Polizei mehr Aufmerksamkeit erregt zu haben: Ein australischer Expo-Gegner gibt den Kommentar eines australischen Rundfunk-Korrespondenten aus Hannover wieder: "Besucher Australiens können sich sicher sein, ob sie nun für oder gegen die Olympiade auf der Straße tanzen: Bei uns werden Tanzende bestimmt nicht von der Polizei zusammengeknüppelt!"

(wop, Quelle: www.expo-no.de)