auf & davon

Die Regenbogenfraktion protestiert in Rahmen einer kleinen Anfrage gegen eine Abschiebeaktion der Hamburger Ausländerbehörde, bei der 5 Flüchtlinge nach Togo, Burkina Faso und Nigeria abschoben wurden. Als Begründung für die Abschiebungen nannten die Behörden, dass unter den Flüchtlingen Straftäter seien. Nach Informationen von Susanne Uhl von der Regenbogenfraktion ist jedoch keiner von ihnen wegen einer Straftat verurteilt worden. Die Kosten für die Abschiebung betrugen 200.000 DM, 15 Sicherheitsbeamte begleiteten die Abzuschiebenden. Ein - wie selbst der Leiter der Ausländerbehörde, Bornhöft, zugibt - erheblicher finanzieller und personeller Aufwand.

Das scheinbar so großzügige Angebot von Innenminister Buss an Kosovo-Flüchtlinge, denen er ein Bleiberecht bis nächstes Jahr einräumen will, hat einige recht fragwürdige Klippen. Neben dem Nachweis eines Arbeitsplatzes sollen die Betreffenden einen verbindlichen Termin für ihre "freiwillige" Ausreise festlegen und sich schriftlich verpflichten, ihr Einkommen für den Aufbau einer neuen Existenz in Kosovo zu verwenden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 26.7. befunden, dass Folter auch im Rahmen von Terrorismusbekämpfung als politische Verfolgung und damit als asylrelevant einzustufen ist. Was erstmal selbstverständlich erscheint, wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster in Frage gestellt. Es hatte im Falle eines Tamilen aus Sri Lanka die politische Verfolgung bestritten, da es sich bei den Misshandlungen , die der Mann erlitten hatte, um Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung gegenüber der LTTE und somit "lediglich" um eine staatliche Aufklärungsmaßnahme gehandelt habe.

Die Dresdner Bürgerinitiative "Anstiftung" hat nach einer Untersuchung, die sie von Februar bis Juni 2000 durchgeführt hat, eine hohe Dunkelziffer bei Übergriffen auf AusländerInnen: ca. ein Drittel der Übergriffe auf AusländerInnen werden nicht angezeigt. Gründe dafür sind v.a. Unsicherheit und Angst den deutschen Behörden gegenüber und Unsicherheit aufgrund von Sprachproblemen. Die Initiative fordert daher die Einrichtung einer zentralen Ermittlungsstelle für rechte Gewalt.

Rechte Übergriffe auf AusländerInnen setzen sich derweil fort. Nach dem Anschlag auf eine Asylunterkunft in Ludwigshafen haben vier 14- bis 18-Jährige aus der Skinheadszene die Tat gestanden. Bei dem Anschlag auf eine Moschee in Uetersen ermittelt die Polizei auch in der rechten Szene. In Potsdam haben Neonazis zwei afrikanische Jugendliche angegriffen und verletzt. In Düsseldorf verletzte eine Bombe in einem S-Bahnhof neun Menschen aus der GUS, die sich auf dem täglichen Weg vom Deutschkurs befanden. In Eisenach wurden zwei Afrikaner von 20 Rechten gejagt.

Rechtsextremismus wird plötzlich auch von Politikerseite als große Gefahr betrachtet. Aber nicht die Angriffe auf AusländerInnen, die es seit Jahren gibt und die bis jetzt meist als bedauerliche Einzelfälle behandelt wurden, verursachen Telefonkonferenzen und Bündnisse von PolitkerInnen und Prominenten. Die Entdeckung der rechten Gefahr erfolgt erst, seit zunehmend auch andere Personengruppen wie Gewerkschafter oder Touristen bedroht werden. Dahinter steckt auch die Angst um den internationalen Ruf und die ausländischen Wirtschaftskontakte. So sieht Bundestagspräsident Thierse in dem Rassismus in Ostdeutschland gar eine Investitionsblockade. Und schließlich ist zu vermuten, dass die Forderung nach strikterer Anwendung der Gesetze und die Aufforderung zur Zivilcourage von der Regierung, namentlich von Otto Schily, gerne aufgegriffen wird, um von der Demontage des Asylrechts abzulenken, die gleichzeitig im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Einwanderungsgesetz betrieben wird.

Hier ruft der Innenminister nämlich weiterhin die Geister, die er bekämpfen will. Er wird nicht müde darauf hinzuwirken, das Asylrecht auch zum Thema in der Kommission über ein Einwanderungsgesetz zu machen. Die Themen Einwanderung und Asylrecht seien "verknäuelt". Verknäuelt ist in jedem Fall seine Argumentation. Zum einen kommt er wieder auf seine Zahlenspiele zurück, die er schon einmal zurücknehmen musste: 80 bis 90% der Asylanträge würden nicht auf Grund politischer Verfolgung sondern auf Grund eines fehlenden anderen Einwanderungsmodus gestellt und belasteten Ämter und Gerichte. Abgesehen von der viel zu hoch angesetzten Zahl, gibt es tatsächlich Leute, die über das Asylrecht einen Weg der Einwanderung suchen. Nur würden sie dies nicht mehr tun, wenn es andere Möglichkeiten für sie gäbe, beispielsweise ein Einwanderungsgesetz, das Schily doch gerade in Auftrag gegeben hat. In seinen Einlassungen wird lediglich deutlich, dass die Kommission im wesentlichen helfen soll, das Asylrecht auf elegante Weise abzuschaffen. Daran werden sich wohlmeinende Mitglieder der Kommission, etwa Bischof Kohlwaage, der für eine strikte Trennung der Fragen Einwanderung und Asyl ist, abarbeiten müssen.

MigrantInnen sind in der Kommission, wie Aktion Sühnezeichen bemängelt, gar nicht vertreten. Dagegen ist die Offenheit der CDU-Strategen fast erfrischend, die unverblümt eine Gnadenrecht auf Asyl fordern und dies auch ihrer eigenen Einwanderungskommission als Auftrag geben. Vorgeschlagene Formulierung: "Die Bundesrepublik Deutschland gewährt Asyl. Näheres regelt ein Bundesgesetz." Damit wäre ein Schutz vor Verfolgung nicht mehr individuell einklagbar.

(a.w.)