KERNspalte

Nach dem Erdbeben vom 21.7. in Japan hat es im AKW Fukushima drei Störfälle nacheinander gegeben. Im tschechischen Atomkraftwerk Temelin, das ebenfalls in einem tektonisch aktiven Gebiet steht, ist aus einem Leck an einer Turbine Öl ins Abwassersystem gelaufen. Zwei Reaktoren des bulgarischen AKW Koslodui mussten am 11.8. vom Netz wegen eines Fehlers in den Starkstromaggregaten. Es hätte schlimmer kommen können, dem AKW russischer Bauart fehlt es auch an Sicherheitstechnik aller Art.

Außenminister Fischer hat nach einiger Verzögerung sein O.K. zum Export von Nukleartechnik gegeben. Die Wirtschaftswoche meinte in Bezug auf die Verzögerung, es handele sich um Exporte auf der Basis internationaler Verträge. Es sei nicht zu begreifen, warum das Auswärtige Amt den Export von Sicherheitstechnik etwa nach Japan verweigere, die Lieferung ganzer Kernkraftwerke nach Nordkorea aber auf Basis von EU-Verträgen billige. Währenddessen haben acht Mitglieder der Umweltgruppe Robin Wood am 1.8. mit einer 45-minütigen Ankettung an das Werkstor gegen den möglichen Export der Hanauer Plutoniumfabrik nach Russland protestiert.

Durch die Buschbrände im US-Staat Washington, die sich auch über das Gelände der ehemaligen Plutoniumfabrik Hanford ausbreiteten, sind seit Anfang August Plutoniumpartikel in die Atmosphäre gewirbelt worden. Es wurde nicht bekannt gegeben, ob das Plutonium auf die intensive Verseuchung der Botanik und Erdoberfläche auf dem Gelände zurückzuführen war oder direkt aus Atommüllbehältern stammte, die im Zentrum der 1500 qkm großen Fläche Abfälle von Atomtests etc. enthielten und mitten im Flammenmeer standen. Nach Angaben des stellvertretenden Leiters, Harry Boston, hätten die Werte jedoch weit unterhalb der Höchstgrenzen gelegen und seien nicht gefährlich.

Gefährlich soll hingegen eine Atombombe eines amerikanischen B52-Bombers sein. Der sei im Jahre 1968 vor der grönländischen Stadt Thule ins Meer gestürzt, die Bombe sei nie gefunden worden, behauptet die dänische Zeitung Jyllands-Posten. Die USA hätten seinerzeit die zuständige dänische Regierung nicht über den Verlust informiert, wie aus Papieren hervorginge, die ehemalige Arbeiter auf dem Luftwaffenstützpunkt Thule an sich brachten.

Zu einem paradoxen Streit hat in Baden-Württemberg die als Atomkonsens bezeichnete Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Atomindustrie geführt. Teil der Vereinbarung ist der geplante Bau von Zwischenlagern auch an den Standorten Neckarwestheim und Philippsburg. Dem hatte EnBW-Chef Gerhard Goll zugestimmt, da es im Interesse des Energiekonzerns liegt, die Zahl der Atomtransporte dauerhaft zu minimieren und einen Entsorgungsengpass auszuschließen. Der Bau dieser Zwischenlager muss jedoch von einer Länderbehörde genehmigt werden, und die untersteht dem CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel. Der lehnt, im Einvernehmen mit Bayerns Stoiber und dem Stuttgarter Kabinett, deren Bau jedoch kategorisch ab. Zwar lautet seine Begründung, er lehne den geplanten Atomausstieg ab und fordere die Wiederaufnahme der Atommülltransporte zu den WAAs; faktisch schafft er damit aber einen Entsorgungsnotstand in den AKWs der EnBW. Obwohl das Land Baden-Württemberg noch mit 25,01% an der EnBW beteiligt ist, schließen die Erfinder von gelbem Strom eine Klage gegen die Landesregierung nicht mehr aus, falls dem Unternehmen ein materieller Schaden drohe. Das Land will seine Anteile an den französischen Konzern EdF verkaufen, braucht aber noch die Zustimmung der EU-Kommission. Genehmigt wurde bisher (1998) nur ein Zwischenlager am ältesten deutschen AKW in Obrigheim.

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat alle geplanten Castor-Transporte nach Gorleben in diesem Jahr ausgesetzt. Der Antrag der Bahntochter Nuclear + Cargo Service NCS wurde abgelehnt, da als Transportstrecke die Anlieferung über Arendsee in Sachsen-Anhalt vorgesehen war und eine polizeiliche Sicherung des Straßentransportes von dort nicht durchführbar erscheint. Ein Transport über Dannenberg wie in den Vorjahren kommt zunächst nicht in Betracht wegen der anhaltenden Reparaturarbeiten an der Jeetzelbrücke. Die niedersächsische Polizei zeigte sich erleichtert. Sie rechnet mit einem Jahr Vorlaufzeit, um einen Polizeieinsatz im nächsten Jahr zu planen.

Nach Greenpeace-Angaben soll im September wieder ein Schiff MOX-Brennelemente von La Hague (Frankreich) nach Japan bringen. Es handele sich um 28 Container mit einem Inhalt von 230 kg Plutonium. Greenpeace warnt alle Anrainerstaaten der Seeroute vor den Folgen einer Havarie oder eines Ship-napping.

Ein kleines internationales Widerstandssignal setze letzte Woche eine Fahrrad-Karawane vom schwedischen AKW Barsebäck über Krümmel, Hamburg und Stade nach Brokdorf (siehe Artikel in dieses Ausgabe). Ein größeres Signal soll am 23.9. bei der Demo in Gorleben gesetzt werden. Möglicherweise wird die Mobilisierung durch die Aussetzung der Transporte (s.o.) beeinträchtigt werden.

(BG)