Antifaschismus

Staatlicher Antifaschismus

Mit dem Ziel, "die bürgerliche Debatte um Rassismus/Rechtsextremismus zu durchkreuzen" lud bewegung! Gruppe gegen den Stillstand im Normalzustand am 7.9. zu einem Vorbereitungstreffen: "Das Thema Rechtsextremismus erlebt seit einigen Wochen Konjunktur. In den Medien wird die Existenz von Nazis, deren Aktionen, Organisationsstrukturen und Gewaltbereitschaft behandelt, Initiativen und Bündnisse gegen rechte Gewalt, für Demokratie und Toleranz werden initiiert, Politiker debattieren über verschärfte ermittlungstechnische und strafrechtliche Vorgehensweisen gegen RechtsextremistInnen, überlegen an Einschränkungen des Versammlungsrechtes und fordern Zivilcourage von der Bevölkerung. Nun wird auf Bundesebene auch die Vergabe von Geldern für die Verstärkung präventiver Jugendarbeit, die Nachschulung von LehrerInnen zum Thema Nationalsozialismus sowie die Förderung ausgewählter Initiativen gegen 'Fremdenfeindlichkeit' freigegeben. Gegen rechtsextremistische Strukturen und Organe wird verstärkt vorgegangen, so wurde der Hamburger Sturm verboten und der Club 88 in Neumünster durchsucht. Das Verkleben von Heß-Plakaten wird von Bullen intensiv verfolgt."

Mit diesem ersten Abschnitt ihres Einladungspapers gab die Gruppe bewegung! eine realistische Zustandsbeschreibung der momentanen deutschen Wirklichkeit, die sich in dieser Form vor einigen Monaten kaum ein(e) Linke(r) so hätte vorstellen können. Diese Situationsbeschreibung wurde von allen der knapp 10 TeilnehmerInnen des Treffens geteilt. Schwieriger wurde es, über diese Zustandsbeschreibung hinaus eine gemeinsame Einschätzung des Phänomens staatlicher Antifaschismus zu finden.

Wie so oft, wenn Kommunisten und Autonome diskutieren, drohte das Treffen ziemlich schnell in eine Grundsatzdebatte über "Klasse", "revolutionäres Subjekt" "Stellenwert der sozialen Frage" u.ä. abzudriften. Alles nicht unwichtig, aber angesichts der herrschenden Verhältnisse - die "heute"-Nachrichten berichteten anlässlich der Nazi-Demo in Neumünster entzückt, wie 80 zivilcouragierte BürgerInnen 400 Stiefelnazis gewaltlosen Widerstand entgegensetzten (!) - erstmal zweitrangige Fragen.

Einigen konnten die TeilnehmerInnen sich jedoch - gerade vor dem Hintergrund der Situation in Neumünster am 2.9. - auf die deprimierende aber wohl einzig realistische Einschätzung, dass ...

So weit, so schlecht. Allerdings sahen die TeilnehmerInnen des Treffens die Notwendigkeit, in die äußerst "schräge", staatlich dominierte Antifa-Diskussion aufklärerisch-argumentativ einzugreifen. Das bedeutet, in Diskussionen immer wieder daraufhinzuweisen, dass ...

Außerdem wurde betont, dass die durch den neuerlichen Hype von Antifaschismus, bzw. was die Berliner Regierung darunter versteht, anpolitisierten Menschen nicht hämisch als nützliche Idioten der Herrschenden dargestellt werden, sondern im o.g. Sinne aufgeklärt werden sollten. Das von der Linken in den letzten Jahren oft larmoyant geforderte "mehr Werden" könnte in der jetzigen Situation eintreten - vorausgesetzt die Linke nutzt die Chance.

Nicht einigen konnten die TeilnehmerInnen sich über die von bewegung! vorgeschlagenen Aktionen gegen institutionellen Rassismus. An dem Begriff "institutioneller Rassismus" entzündete sich eine Debatte, inwieweit die staatliche Flüchtlingspolitik mit all ihren Erscheinungen wie Abschiebehaft, gekürzter Sozialhilfesatz usw. tatsächlich rassistisch ist oder einfach kapitalistischer Verwertungslogik entspricht.

Trotz solchen Dissenses soll das Treffen fortgesetzt werden und zwar am 21.9., 19 Uhr Infoladen Beau Rivage (Hansastr. 48).

(cs)