Antifaschismus

Erste Bewährungsprobe für Kieler "Runden Tisch gegen Rechts"

Am 19.9. tagte zum ersten Mal der "Runde Tisch gegen Rechts" im Kieler Gewerkschaftshaus. Inhaltliche Fragen wurden hier nur angerissen, hauptsächlich wurden Vorbereitungsarbeiten für eine Vorstellung des Projekts bei allen in Frage kommenden Verbänden erledigt und Arbeitsaufträge für die nächsten Wochen vergeben. Beschlossen wurde, am 9.11. in Kiel eine antifaschistische Demonstration durchzuführen. Die IG Metall legte den Entwurf einer Plattform vor, aus der eine "Kieler Erklärung" werden soll. Die Diskussion darüber wird im Mittelpunkt des nächsten Treffens stehen, das am 5.10., 18.30 Uhr im Gewerkschaftshaus stattfindet.

Ein Bündnis gegen Rechts gelte es in Kiel zu organisieren, erklärte Uli Stangen, HDW-Betriebsrat und Leiter des Vertrauensleute-Ausschusses der Kieler IG Metall, und die Betonung liege dabei auf "ein". Die IG Metall will dafür sorgen, dass ein "breites Bürgerbündnis" entsteht, das niemanden ausgrenzt; "von der CDU bis zu Avanti" sollen alle Interessierten gleichberechtigt am Runden Tisch Platz nehmen und mitarbeiten können.

Über die Erfolgsaussichten dieses Anliegens braucht man nicht zu spekulieren: Wenn es an praktische Arbeiten geht, wird sich schnell zeigen, was mit wem machbar ist und was nicht. Alle an einen Tisch zu holen, die gegen die Nazi-Umtriebe vorgehen und ihnen durch Bekämpfung der Ursachen das Wasser abgraben wollen, ist auf jeden Fall angesagt. Wer bisher nicht dabei war und sich jetzt angesprochen fühlt oder wer Tipps hat, welche Organisationen oder Personen unbedingt noch angesprochen werden sollten, wer selbst nicht kommen kann, aber Vorschläge machen möchte oder wer sich für den Text des Plattform-Entwurfs interessiert, wende sich bitte umgehend an Peter Werner (IGM-Sekretär), Fax 0431-5195060 oder peter.werner@igmetall.de.

Auf der Tagesordnung des Treffens am 5.10. steht die Verabschiedung der Plattform des Runden Tisches, die Diskussion über einen "Aktivitätenplan" und der Beginn der Demonstrationsvorbereitung. Folgetermine bis zur Demonstration gibt es auch schon (vgl. Terminkalender).

Für das o.g. Anliegen der IG Metall, ein Bündnis in der genannten Organisations-Breite zu schmieden, ist sicherlich der Runde Tisch in Neumünster Vorbild. Auf einer anderen Veranstaltung am 22.9. lobte Peter Seeger als Vertreter der Neumünsteraner IG Metall den dortigen "bunten Haufen", es sei allerdings ein "Problem, das zusammenzuhalten" - und eben daran sei die IGM "wesentlich beteiligt", denn sie könne "beiden Seiten die Hände reichen", dem bürgerlichen Spektrum wie den Linken. Wenn der Kollege Seeger schon die Position der Gewerkschaft selbst nicht ausdrücklich links einordnen will, so ist hier immerhin das Bestreben zu loben und zu nutzen, dass die IGM den Versuchen, die linken Organisationen auszugrenzen, widersteht. Wie immer es letztlich dazu kam: In Neumünster sprach auf der Kundgebung am 16.9. ein Vertreter von Avanti. Und die CDU ließ Flugblätter verteilen, in denen Anti-Nazismus vorgegeben, v.a. aber das Bündnis angegriffen wurde, weil es sich nicht auch gegen den "Linksextremismus" wende.

Nun muss und wird allerdings auch jedem klar sein, dass ein Ausgrenzen von Avanti und anderer linker Gruppen und Parteien jeden Runden Tisch gegen Rechts entwerten müsste, da damit gerade die Menschen ausgegrenzt würden, die die antifaschistische Basis-Bewegung repräsentieren. Es gilt, ihr Wissen und ihre Erfahrung nutzbar zu machen. Da kommt mehr zusammen, als noch so viele MitarbeiterInnen des Innenministeriums oder sonstiger Ministerien bieten können. Für die CDU möchte ich hier noch ihren Landtags-Fraktions-Führer Dr. Johann Wadephul zu Wort kommen lassen, der auf derselben Veranstaltung wie Peter Seeger meinte, die CDU habe gegenüber anderen Parteien und auch den Gewerkschaften zwar sicher "gewisse Differenzen in der Ausländerpolitik", aber: "Diese Sache ist viel unwichtiger, als dass wir gemeinsam zusammenstehen im entschiedenen Kampf gegen Neonazis." Auch Herr Wadephul möchte aber nach eigenem Bekunden die Ursachen der rechtsextremen Gewalt ergründen und bekämpfen. Dass das so nicht geht, muss und wird ebenfalls jedem klar sein. Wer ausländerfeindliche und rassistische Politik betreibt, wird nicht nur keinen "entschiedenen Kampf gegen Neonazis" führen können, sondern ihnen immer weiter Argumente liefern und Anhänger zutreiben. Eine Auseinandersetzung darüber sowie über andere Aspekte aktueller (nicht zuletzt Regierungs-) Politik wird man sich an keinem Runden Tisch ersparen können. Richtig geführt, wird sie das Zusammenfinden der antifaschistischen Kräfte befördern und ihre Handlungsfähigkeit erhöhen.

In Kiel war am 19.9. zunächst festzustellen, dass keine der bei der Veranstaltung am 6.9. im Legienhof (LinX berichtete) auf dem Podium vertretenen Parteien (CDU, FDP, Grüne und SPD) einen Vertreter oder eine Vertreterin zum Runden Tisch entsandt hatte. Das größere Problem besteht allerdings darin, dass es noch nicht gelungen ist, alle Gewerkschaften dazu zu bewegen, offizielle VertreterInnen an den Runden Tisch zu beordern. Derart vertreten war am 19.9. neben der IG Metall nur die ÖTV, wenn auch Mitglieder anderer Gewerkschaften anwesend waren. Unser Anliegen als GewerkschafterInnen sollte es sein, hier durch eigenes Engagement Druck zu machen. Aktive KollegInnen als Kern eines Bündnisses, das von allen Gewerkschaften mitgetragen wird, das wäre eine solide Grundlage für den Kieler Runden Tisch.

(D.L.)