Antimilitarismus

Klarer Rechtsbruch

Abriss des Mahnmals "Kilian" hat begonnen - ohne Genehmigung

Am 26.9. rückten die Bagger an, um mit den Abbrucharbeiten an der Ruine des U-Boot-Bunkers "Kilian" zu beginnen. Wie berichtet soll das Mahnmal nach Jahre langem Streit dem Ausbau des Ostuferhafens weichen, obwohl der Verein "Mahnmal Kilian e.V." mit Architektenentwürfen gezeigt hatte, dass sich der Hafenausbau in einer kleineren Varaiante und Erhalt des Mahnmals und Kriegsgrabes durchaus vereinbaren ließen. Der Vereinsvorsitzende Jens Rönnau schätzte den Beginn der Abbrucharbeiten als "eindeutigen Rechtsbruch" ein und erstattete sofort Strafanzeige. Zwar ist der Abriss im bereits abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren im Prinzip vorgesehen, jedoch unter strengen Auflagen. Eine technische Dokumentation der Ruine sollte vor dem Abrissbeginn vorliegen, was nicht der Fall ist. Schon vor dem Abriss hatte der Hafendirektor Jörg Rüdel mehrfach gegen geltendes Recht verstoßen, indem er mit Spülarbeiten in der Nähe des Bunkers die technische Dokumentation behinderte. Diesbezügliche Hinweise des Vereins blieben ungehört (LinX berichtete). Auch beim jetzt begonnenen Abriss hat Rüdel keinerlei Bewusstsein für das Unrecht seiner kriminellen Machenschaften: "Wir haben alle Voraussetzungen für den Abriss erfüllt, alle Auflagen des Planfeststellungsverfahrens beachtet. Ich sehe keinen Grund, das nicht zu machen", sagte er den "Kieler Nachrichten". "Wir können jetzt keine Zeit mehr verlieren. Die Arbeiten müssen im Dezember 2001 abgeschlossen sein, sonst verlieren wir über 10 Mio. DM EU-Fördermittel."

Rönnau vermutet, dass der überstürzte Beginn des Abrisses andere Ursachen hat. Einer der Angehörigen der fünf Kriegstoten unter den Trümmern hatte einen Eilantrag auf Erhalt des Bunkers als Kriegsgrab beim Verwaltungsgericht gestellt. "Ganz offensichtlich werden Fakten geschaffen", so unterstützte der grüne Fraktionsvorsitzende im Kieler Rat, Lutz Oschmann, Rönnaus Vermutung, "um das lästige Denkmal schnellstens los zu werden - ohne dass über die Klagen der Angehörigen rechtlich entschieden ist." Am Rechtsbruch beteiligte sich das Kulturministerium, indem es eine nachträgliche Genehmigung für den Abriss verschickte. Zu Konsequenzen werde das nicht führen, meinte Pressesprecher Gerd Haack, die Auflagen seien erfüllt gewesen. Jedoch lege man "großen Wert darauf, dass wir in Zukunft zu einem sauberen Verfahren finden". Der Abriss müsse sich zunächst auf den Flak-Turm beschränken, weitere Arbeiten bedürften einer neuen Genehmigung warnte das Ministerium die Seehafen Kiel GmbH und drohte bei Nichtbeachtung mit rechtlichen Schritten. Ferner bestätigte man, dass die erforderlichen Unterlagen für die Abrissgenehmigung erst nach dem Beginn der Arbeiten eingegangen seien. Rüdel beruft sich indes darauf, das Ministerium habe auf ein entsprechendes Fax nicht geantwortet. "Daher gingen wir von einer Zustimmung der Landesregierung aus."

Ein unwürdiges Possenspiel, gegen das neben der Strafanzeige weitere vier Klagen anhängig sind. Nach wie vor klagt der Mahnmal-Verein gegen den Planfeststellungsbeschluss. Für die Anerkennung des Mahnmals als Kriegsgrab (das nicht überbaut werden darf) klagt ein Angehöriger der unter den Ruinen ruhenden Toten. Ferner haben zwei Anlieger gegen den Ausbau des Hafens und die damit verbundene Verkehrsbelastung geklagt. Die Klage des Angehörigen wurde am 5.10. vom Schleswiger Verwaltungsgericht zwar abgelehnt, aber der Anwalt des Klägers kündigte umgehend Beschwerde dagegen beim Oberverwaltungsgericht an. Als Knackpunkt könnte sich dabei erweisen, dass der zuständige Verwaltungsrichter in der Begründung der Klageablehnung von einer "Beisetzungsstätte" sprach, während sich die Klage auf Anerkennung als Kriegsgrab richtete. Der Verein sieht in den bisherigen Urteilen ein "einseitiges Verhalten" der Gerichte. So habe das eigentliche Anliegen des Vereins niemals geprüft werden können. Die Stadt Kiel und die Landesregierung forderte der Verein auf, keine weiteren Abrissgenehmigungen zu erteilen, solange die Gerichtsverfahren noch laufen.

Bei der Tagung "Das Gedächtnis des Landes - Engagement von Bürgern für eine Kultur des Erinnerns" am 29.9.-1.10. in Bad Segeberg haben alle 30 Teilnehmer, darunter Leiter von KZ-Gedenkstätten, eine Resolution unterschrieben, die fordert, die Reste der Ruine bei gleichzeitigem Hafenausbau zu erhalten und im Werkstatt-Bunker eine Gedenk- und Informationsstätte einzurichten. In einem offenen Brief an MP Heide Simonis und OB Norbert Gansel hat sich auch der Verein der Resolution angeschlossen, "schweren Herzens", so heißt es, weil dies die einzige Möglichkeit sei, die noch verbliebenen Ruinen-Teile zu erhalten.

(jm)