Internationales

IWF/Weltbank in Prag:

Bittere Nachlese

In Prag sitzen nach den Protesten gegen Weltbank und Internationalen Währungsfond (IWF) Ende September (LinX berichtete) noch immer mindestens 20 Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern in Haft. Das berichten tschechische Menschenrechtler, die sich bemühen die Inhaftierten zu betreuen und die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch die tschechische Polizei während der Proteste und v.a. in den Gefängnissen zu dokumentieren. Ein Teil der Einsitzenden kann laut Angaben der unabhängigen Rechtshilfegruppen nach wie vor keinen Besuch von Angehörigen empfangen. Die Polizei behaupte, sie haben Erklärungen der Betroffenen, nach der diese keinen Besuch wünschten. Die tschechischen Menschenrechtler gehen davon aus, dass entsprechende Stellungnahmen nur unter Druck zu Stande gekommen sein können.

Die Vorwürfe, wegen der sich die noch Einsitzenden, unter ihnen auch ein Deutscher, in den nächsten Wochen verantworten müssen, reichen von Widerstand gegen Polizeibeamte bis zur Sachbeschädigung. Die Rechtshilfegruppen und OPH, eine Beobachterorganisation von Rechtsanwälten und Psychologen, weisen allerdings daraufhin, dass sich die Anklagen zumeist nur auf die Aussagen von Polizeibeamten stützen.

Andererseits habe man aber zahlreiche Beweise für massive Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte am Abend des 26.9., dem Tag der Proteste, und den darauffolgenden Tagen. "Wir haben Stellungnahmen von verschiedenen ausländischen Zeugen, auch solchen, die nichts mit den Protesten zu tun hatten. Unabhängig von einander bestätigen, berichten sie, dass im Gefängnis Menschen geschlagen, mit Schlagstöcken bearbeitet und mit Füßen getreten wurden. Selbst auf am Boden liegende wurde noch eingetreten und Köpfe gegen Gitter geschlagen, bis Zähne heraus brachen", heißt es in einer OPH-Presseerklärung. Am 26. und 27.9. waren in Prag insgesamt etwa 850 Menschen aus über 30 Ländern festgenommen worden. Die meisten kamen nach einigen Tagen wieder frei. Keinem von ihm war der Kontakt zu einem Rechtsanwalt oder zur jeweiligen Botschaft gestattet worden. Auch Angehörige konnten nicht informiert werden. Viele der Festgenommenen berichteten nach ihrer Freilassung von Schlägen, Schlafentzug sowie der Verweigerung von Nahrung und Wasser.

OPH und Rechtshilfegruppen rufen die Betroffenen dringend auf, Gedächtnisprotokolle anzufertigen und bei den tschechischen Behörden Beschwerden gegen die erfahrene Behandlung einzureichen. Es gebe auch die Möglichkeit, heißt es bei OPH, dass zusammen mit den Gedächtnisprotokollen Vollmachten an OPH geschickt werden, damit diese Anzeige gegen die beteiligten Polizeibeamten erstatten kann. Dies sei wichtig für die Verfahren gegen die Inhaftierten, aber auch um die Menschenrechtsverletzungen in der tschechischen Öffentlichkeit glaubhaft machen zu können.

(wop)

Gedächtnisprotokolle können entweder an die Rote Hilfe, Ortsgruppe Dresden, Prießnitzstr. 18, 01099 Dresden, geschickt werden oder direkt nach Prag. Kontakt dort: E-mail: praguelegalsupport@purpleturtle.com, Tel.: 0042(0)608/721677 (Englisch) oder 0042(0)608/721644 (Deutsch). Protestbriefe können an den tschechischen Präsidenten Vaclav Havel unter der Fax-Nummer 004202/24310851 gerichtet werden.