Widerstand gegen IWF und Weltbank

Mobilisierung gegen IWF und Weltbank:

Durchwachsene Bilanz

Ca. 15.000 haben am Dienstag letzter Woche in Prag gegen die Jahrestagung von Internationalem Währungsfond (IWF) und Weltbank demonstriert. Die Organisatoren von INPEG, dem Bündnis, dass die Proteste und auch einen Gegenkongress organisierte, hatten Schwierigkeiten, genauere Angaben zu machen. Zu unübersichtlich die Lage in den drei zum Teil sehr beeindruckenden Marschsäulen, zu wenig Helfer, um an allen Stellen gleichzeitig zu sein. Nur 20 tschechische Mitarbeiter hatte man gefunden, der Rest kam aus dem Ausland, z.B. den USA, England und Deutschland. Bewundernswert, dass trotzdem geschafft wurde eine passable Infrastruktur aufzubauen: Eine Fabrikhalle wurde als allgemeiner Treffpunkt angemietet, Konvergenz-Zentrum nach US-Vorbild genannt, Presse- und Infozentrum in der Stadt organisiert und täglich Pressekonferenzen abgehalten. Aber schon die Technik für das Pressezentrum musste größeren Teils aus dem Ausland mitgebracht werden. So gering sind die Ressourcen der unabhängigen Linken vor Ort.

Deutsche Antifaschisten demonstrieren in Schwarz und vermummt in Prag.

Die italienische Gruppe "Ya Basta" beeindruckte durch ihr geschlossenes und witzig-kämpferisches Auftreten.

Während in der übrigen Demo Tschechen und andere Osteuropäer nur mit der Lupe zu suchen waren, sah es im "schwarzen Block" deutlich anders aus. (Fotos: wop)

Bei den Protesten ein ähnliches Bild. Einheimische waren eindeutig in der Minderheit, tschechische Transparente nur vereinzelt auszumachen. Schon auf den diversen Vorbereitungstreffen und Beratungen der Kleingruppen im Konvergenz-Zentrum, die sich auf gewaltfreie Blockaden und Deeskalation vorbereiteten, wurde zumeist Englisch und Spanisch gesprochen. So gut wie nie wurde ins Tschechische übersetzt. Als die drei Marschsäulen dann an unterschiedlichen Punkten in der Nähe des Kongress-Zentrums, dem Tagungsort der Banker und Minister, ankamen, fehlte es an manchem Blockadepunkt an Menschen, die mit den Polizisten an den Straßensperren hätten sprechen können.

Für eine Deeskalations-Strategie, die ein Teil der Gruppen verfolgte, nicht gerade förderlich. Dennoch gelang es an einigen Stellen, eine entspannte Atmosphäre herzustellen. Andernorts ging es allerdings zur Sache. Ein von mehreren hundert hauptsächlich tschechischen und deutschen Autonomen und Anarchisten aber auch anderen radikalen Linken aus Osteuropa angeführter Zug griff eine Straßensperre frontal an. Die in Plastikrüstungen steckenden, behelmten Beamten hatten einen waren Regen von Steinen einzustecken und brauchten trotz Wasserwerfer, gepanzerten Räumfahrzeugen und dem gerade erste mit deutscher Entwicklungshilfe eingeführtem Tränengas mindestens eine halbe Stunde, bevor sie begannen, gegen die Angreifer vorzurücken. An dieser Stelle dürfte es denn wohl auch die meisten der 51 verletzten Polizisten gegeben haben.

Auseinandersetzungen und Festnahmen gab es allerdings auch an anderen Stellen, wo nicht die Demonstranten den Anfang gemacht hatten, oftmals auch abseits des Geschehens. Verschiedene Augenzeugen berichten, das tatsächliche oder auch nur vermeintliche Teilnehmer der Proteste in Nebenstraßen von Beamten, zum Teil in Zivil, überfallen und zusammen geschlagen wurden. So erging es unter anderem auch einem Journalisten vom Unabhängigen Medienzentrum, der eine Kopfverletzung davon trug. Die offiziell angegebene Zahl von nur 18 verletzten Demonstranten ist mit Sicherheit stark untertrieben. Bei INPEG rechnet man mit mehreren Hundert, darunter mehrere schwere Kopfverletzungen und mindestens zwei gebrochene Arme. Dennoch wertet man die Demonstration als Erfolg. Das Kongress-Zentrum habe für zwei Stunden blockiert werden können.

Das rüde und oftmals kopflos-brutale Vorgehen vieler Polizisten passt zu der aufgeheizten Stimmung, die die Behörden im Vorfeld der Jahrestagung geschaffen hatte. Touristen war empfohlen worden, während der Proteste nicht in die Theater zu gehen, alle Schulen der Stadt wurden geschlossen und die Kinder zum Teil aufs Land verschickt. Einige Betriebe organisierten zu diesem Zweck Ausflüge für den Nachwuchs ihrer Angestellten. Bereits in der Woche vor der Tagung war die Polizei im Straßenbild überall präsent. Selbst vor dem Pressezentrum von Bank Watch und Freunde der Erde, die beide tschechische Zweigorganisationen haben, zog zu Beginn der Woche eine Streife auf und kontrollierte von jedem Besucher, auch den Journalisten, die Ausweise.

Selbst die englischsprachige Presse der Stadt sprach angesichts dieser Vorbereitungen von Hysterie. Wahrscheinlich ist in dieser Stimmungsmache auch einer der Gründe für die geringe Beteiligung von Tschechen an den Protesten zu suchen. Schon eine von der KP, die allein in Prag 12.000 Mitglieder zählt, angemeldete Demonstration war mehrheitlich von ausländischen Organisationen besucht. Die KP selbst hatte faktisch nicht mobilisiert. Mit 2.000 Teilnehmern blieb sie denn auch eher ein enttäuschender Auftakt der Protestwoche. Das INPEG-Bündnis, das mit der KP nichts zu tun haben wollte, organisierte zur gleichen Zeit eine antifaschistische Demonstration gegen einen kleinen Skinheadaufmarsch, zu der rund 3.000 Menschen kamen. In der KP hatten einige offensichtlich auch inhaltliche Differenzen zu den Protesten. So soll ein führendes Mitglied bei Vorbereitungsgesprächen mit Bruderparteien geäußert haben, am IWF sei ja nicht alles schlecht. Schließlich habe dieser geholfen, dass Ceaucescu Rumänien schuldenfrei machen konnte.

(wop)

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