Kommentar

Zeit zum Handeln

Verschoben. Wieder einmal ist die Verhandlungs-Karawane des internationalen Klimaschutzes ins Stocken geraten. Im niederländischen Den Haag vertagte sich die diesjährige Klimakonferenz ergebnislos. Vor Ewigkeiten, d.h. vor fünf Konferenzen oder 8,5 Jahren auf dem Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio, hatte man noch gehofft, dass zur Jahrtausendwende längst ein handfestes Programm vorliegt. Die Industriestaaten sollten, so viel war schon Anfang der 90er klar, den Anfang machen und in einem ersten Schritt mit der Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen beginnen. Nun, nach dem Desaster in der holländischen Zweit-Hauptstadt, ist selbst das Zieljahr 2002 in Frage gestellt, in dem - fünf Jahre nach der Unterzeichnung - der lauwarme Kyoto-Kompromiss in Kraft treten soll.

Sicher: Die Hauptbremser waren in Den Haag mal wieder die USA. Ausgerechnet jene, die jahrelang am lautesten gerufen haben, es gebe noch keine solide wissenschaftliche Grundlage für Klimapolitik, nehmen es diesmal nicht so genau. Wälder, Wiesen und Äcker wollen sie sich anrechnen lassen, obwohl jeder verantwortungsbewusste Wissenschaftler sagt, dass sich deren langfristige CO2-Entnahme aus der Atmosphäre kaum verlässlich kalkulieren lässt.

Taschenspielertricks, wie sie in der Welt der Diplomatie normal sind. Die deutsche Regierung ist da zur gegebenen Zeit um keinen Deut besser. Um so weniger hat sie also Grund, sich hinter den Buhmännern zu verstecken. Nichts kann Brüssel oder Berlin davon abhalten, das Protokoll zu ratifizieren. Oder zu erklären, man werde seine Verpflichtungen auf jeden Fall erfüllen. Das würde auch den Verhandlungen etwas mehr Fahrt geben.

Aber das wird wohl nur geschehen, wenn die Öffentlichkeit wieder mehr Druck für Klimaschutz macht. Zeit ist es allemal, denn was wir derzeit an Wetterkatastrophen erleben, sei es in Indien, Mosambik, Schweden, Australien, Großbritannien oder Italien sind nur die schüchternen Vorboten dessen, was auf uns wartet. Wenn also Kommunalpolitikern zu dem Skandal, dass Kiel seine vollmundig versprochenen Klimaschutz-Ziele um Meilen verfehlen wird, nichts anderes einfällt, als Schulterzucken und hämisch-dümmliche Sprüche, dann gehören sie schlicht weg in die Wüste geschickt. Zum Brunnen graben. (wop)

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