auf & davon

Der nigerianische Flüchtling Chukwudi Akubuo, der trotz laufenden Verfahrens in den Räumen des internationalen Menschenrechtsvereins in Bremen verhaftet wurde und seitdem in Schwerin in Abschiebehaft saß (LinX berichtete), ist frei. Die Mecklenburger Regierung war durch den Fall unter Druck geraten, da es zu heftigem öffentlichen Protest u.a. auch von Teilen der SPD und der PDS gekommen war. Akubuo selbst befand sich bis jetzt in Hungerstreik und ist gesundheitlich sehr angeschlagen. Nun hat das Landgericht Rostock nach Aussage der Anwältin Gabriele Heinecke die vom Amtsgericht Duisburg verfügte Haftverlängerung aufgehoben. Für Akubuo hatten sich neben MenschenrechtsaktivistInnen und PolitikerInnen auch zahlreiche prominente KünstlerInnen eingesetzt. Sein weiterer Aufenthaltsperspektive ist damit allerdings noch nicht geklärt.

Der polizeiliche Überfall beim Internationalen Menschenrechtsverein ist kein Einzelfall. Ende November stürmte die Polizei mit gezogenen Waffen die Berliner Therapieeinrichtung für Folteropfer XENION, bei der Jagd auf einen kurdischen Jugendlichen, der beim Schwarzfahren erwischt worden war. Der 17jährige Davut K. sprang in Panik aus einem Fenster der Einrichtung im 3. Stock und verletzte sich schwer. Der Flüchtling suchte nach einer Fahrkartenkontrolle Zuflucht in den Räumen von XENION, wo er wegen psychischer Symptome aufgrund von Folterungen in der Türkei in Behandlung war. Die Kontrolleure hatten gedroht die Polizei zu rufen und ihm seine Papiere mit dem Termin und der Adresse der Einrichtung abgenommen. Die Beamten stürmten die Räume nach mehrfacher Weigerung des Zentrumsleiters, sie ohne Rechtsgrundlage einzulassen. Davut K. sprang aus Angst vor Abschiebung aus dem Fenster. Sein Asylantrag war vom Gericht als unglaubwürdig abgelehnt worden. Noch während er auf der Intensivstation lag, gelang es seinem Anwalt die Echtheit seiner vorgelegten Dokumente zu belegen. Die MitarbeiterInnen von XENION griffen das Vorgehen der Polizei in einer Presseerklärung scharf an. Die Polizei habe mit ihrem völlig unverhältnismäßigen Einsatz alle anwesenden PatientInnen gefährdet und zu einer weiteren Traumatisierung beigetragen. Die MitarbeiterInnen befürchten, dass sich derartige Vorfälle wiederholen könnten, wenn die Polizei nicht ihre Einstellung gegenüber politischen Flüchtlingen und therapeutischen Schutzräumen für Opfer von Folter und politisch motivierter Gewalt ändere, und fordern die politisch Verantwortlichen zur Klärung des Vorfalls auf.

Schily und die CDU befürchten "Super-Maximalstandard" beim europäischen Asylrecht. So weit her scheint es mit dem deutschen Asylrecht denn auch in den Augen der Konservativen nicht zu sein, wenn sie jetzt befürchten, es könnte durch europäische Regelungen getoppt werden. Die Anti-EU-Haltung von EU-BefürworterInnen aus CDU/CSU und Regierungskreisen bezieht sich u.a. auf Vorschläge der EU-Kommission für den Umgang mit Familiennachzug. Die Kommission möchte den Nachzug von Kindern bis 21 Jahren statt wie in Deutschland bis 16 Jahren. Außerdem möchte sie den Familienbegriff weg von der Kernfamilie hin zu weiteren Verwandschaftsverhältnissen ausweiten, wie es in den meisten Herkunftsländern üblich ist. Schily befürchtet dadurch eine Verdreifachung der Zuwanderungszahlen. Darüberhinaus möchte die Kommission die Auslegung der umstrittenen Drittstaatenregelung verengen. Während in Deutschland die Durchreise eines Flüchtlings auf dem Landweg durch einen "sicheren" Drittstaat ausreicht, um ihn dorthin zurückzuschieben, soll nach EU-Plänen eine Beziehung zu dem durchreisten Land bestehen, um jemanden zurückschieben zu können. Schließlich möchte die Kommission auch einen erweiterten Rechtsschutz im Asylverfahren, der Eilabschiebungen, wie sie im deutschen Flughafenverfahren Gang und Gäbe sind, erschweren würde. (a.w.)

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