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Leute zum Mitregieren gesucht

Der Kieler PDS laufen die Mitglieder davon. Während PDS-Geschäftsführer Dietmar Bartsch sich in Berlin freut, seine Partei habe in diesem Jahr bundesweit über 2500 Neueintritte zu verzeichnen, sieht in Schleswig-Holstein die Lage weniger rosig aus. Etliche der nach der erfolgreichen Bundestagswahl neu Eingetretenen haben die Partei bereits wieder verlassen. Dieser Tage trat auch Wiljo Heinen aus, der bei den zurückliegenden Landtagswahlen noch als Spitzenkandidat angetreten war. Letzter Auslöser war für ihn offensichtlich die neue Mitgliederwerbekampagne in Ostdeutschland gewesen. Dort schaltet die PDS derzeit in der Super-Illu eine Anzeige, die mit dem Slogan "Plane mit, arbeite mit, regiere mit." zum Eintritt auffordert. Heinen dazu: "Die PDS scheint gewillt, den Weg der SPD zu gehen, den Sozialismus als Ziel aufzugeben und sich im Kapitalismus einzurichten." "In der bürgerlichen Gesellschaft ist der sozialdemokratischen Partei die Rolle einer oppositionellen Partei vorgezeichnet, als regierende Partei darf sie nur auf den Trümmern des bürgerlichen Staates auftreten", zitiert er einen Text Rosa Luxemburgs aus dem Jahre 1899 und empfiehlt im Übrigen, sie mal wieder zu lesen, anstatt sie nur als Polit-Ikone zu behandeln.

Vor Heinen hat bereits eine ganze Reihe weiterer Kieler Mitglieder die PDS verlassen. Die Gründe bestehen meist aus einer Mischung aus Frust über den Landtagswahlkampf, den grassierenden Dilettantismus sowohl im Landes- als auch im neu gegründeten Kreisverband, wie auch über die allgemeine Rechtsentwicklung der Partei, die sich u.a. im Schielen nach der SPD und der jüngsten Deutschtümelei der neuen Vorsitzenden ausdrückt. Ende Oktober trat eine 6er-Gruppe aus, die sich mehrheitlich aus Redakteuren der LinX zusammensetzte (cs, jm, hg und wop). In einer längeren Erklärung kritisieren sie u.a. erhebliche innerparteiliche Demokratiedefizite, eine diskursfeindliche Kultur, ein Aufweichen der antimilitaristischen Positionen, das Einknicken bei der Steuerreform, den allgemein vorherrschenden Parteifetischismus und die neuesten nationalistischen Kockettierereien. Chancen, innerhalb der PDS wirksam gegen den Schmusekurs mit der SPD angehen oder zumindest dagegen eine Opposition aufbauen zu können, sehen die Sechs in ihrer Erklärung nicht mehr. (wop)

vgl.: Austrittspapier von sechs PDS-Mitgliedern vom Oktober 2000

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