Kommunales

Bericht zur Lage am Städtischen Krankenhaus:

Kritik "entbehrlich"

Alles nur heiße Luft? Das meint wenigstens die für das Städtische Krankenhaus zuständige Sozialdezernentin Annegret Bommelmann zu der Kritik von Assistenzärzten, die in einem offenen Brief vom 3.11. die katastrofale Arbeitsüberlastung des ärztlichen und pflegerischen Personals beklagt hatten. In der Sondersitzung der Ratsversammlung vom 4.12.2000 hatte diese daraufhin einen detaillierten Bericht gefordert, den Bommelmann zur Ratsversammlung am 18.1.2001 vorlegte. Was Bommelmann von der Kritik der ArbeitnehmerInnen hält, macht sie gleich im ersten Satz ihres Berichts deutlich: "Durch die Darstellungen in der Presse sowie die nachfolgenden Diskussionen, die z.T. auf Missverständnissen, bzw. 'schiefen' Darstellungen in der Presse beruhen, ist ein insgesamt unzutreffendes Bild über die aktuelle Situation am Städtischen Krankenhaus entstanden. Die Situation hinsichtlich der Patientenversorgung, der Arbeitsbelastung und das Verhältnis zwischen Krankenhausleitung und den Mitarbeitern des Hauses ist grundsätzlich als normal zu bezeichnen, an einigen Stellen sogar als ausgesprochen gut." Und an anderer Stelle heißt es im Bericht: "Stellungnahmen einzelner im Städtischen Krankenhaus Beschäftigter sind entbehrlich."

Foto: jm

Ein Schlag ins Gesicht der Assistenzärzte, die nicht zuletzt vor den möglichen Folgen ihrer Arbeitsüberlastung gewarnt hatten. Aber auch "Kunstfehler" hat es laut Bommelmanns Bericht im Städtischen Krankenhaus nicht oder nur vereinzelt gegeben: "Es ist festzustellen, dass die Versorgung der Patienten im Städtischen Krankenhaus mindestens dem Standard entspricht." Die CDU-Ratsfrau Silke Engelke kritisierte den Bericht entsprechend, er klinge so, "als habe es die Briefe der Assistenzärzte und die Berichte in der Presse gar nicht gegeben". Warum das so ist, erklärte der SPD-Ratsherr Bernd Heinemann: Man solle in der Diskussion, die im Sozialausschuss fortgeführt werden müsse, "vermeiden, in der Öffentlichkeit Irritationen zu befördern". Kritik "entbehrlich"! Engelke hielt den Bericht "in einigen Darstellungen für präzisierenswert", insbesondere bei der Zahl tatsächlich geleisteter Überstunden, und bezeichnete Bommelmanns Problemmanagement als "suboptimal". Bommelmann hatte in ihrem Bericht darauf hingewiesen, "dass in einem Betrieb wie dem Städtischen Krankenhaus die Entstehung von Überstunden unvermeidlich ist". ArbeitnehmerInnen seien aber ausreichend geschützt durch die üblichen gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit und durch die Möglichkeit, Überstunden durch Freizeit auszugleichen. Das weitgehende Fehlen dieser Möglichkeit hatten überlasteten MitarbeiterInnen in ihren offenen Briefen beklagt, wovon Bommelmann allerdings keinerlei Notiz nahm. Sie könne in Bezug auf Überstunden "nicht irgendwelchen Geisterzahlen nachgehen". Die vom grünen Ratsherr Koch genannte Zahl von insgesamt 1.500 Überstunden müsse dieser "erstmal beweisen". Dabei bezog sich Kochs Zahl nur auf den kleineren Teil der im städtischen Krankenhaus aufgelaufenen Überstunden im Pflegebereich einer einzigen - allerdings besonders stark betroffenen - Abteilung (vgl. Artikel in dieser Ausgabe).

Die grüne Ratsfrau Ingrid Jöhnk kritisierte, es könne "nicht angehen, dass der Normalbetrieb nur mit Überstunden geht". Sie habe zur Klärung der Überstundenfrage Akteneinsicht verlangt, die ihr aber bisher nicht gewährt worden sei, obwohl sie ihr als Ratsmitglied zustehe. OB Norbert Gansel konterte: "Das Akteneinsichtsrecht besteht nicht zur Vorbereitung Großer Anfragen im Rat." Aber er, der Oberbürgermeister, dürfe "auch nicht begründetes Recht auf Akteneinsicht gewähren", das wolle er in diesem Falle tun, denn: "Wir haben nichts zu verbergen."

Bommelmann weist in ihrem Bericht darauf hin, dass er im Einvernehmen nicht nur mit der Krankenhausleitung, sondern auch mit dem Personalrat formuliert worden sei. Die Stellungnahme einer Personalratsvertreterin in der Ratsversammlung hörte sich indes nicht danach an. Zwar sei die "Auseinandersetzung um Überstunden für den Personalrat Tagesgeschäft", aber wenn, wie im Bericht mehrfach bekräftigt, Überstunden durch Freizeit ausgeglichen werden sollten, "dann muss auch mehr Personal eingestellt werden, um den Krankenhausbetrieb am Laufen zu halten". Davon ist Bommelmann weit entfernt. Zwar sei die Personalsituation etwa in der medizinischen Aufnahme (Notfallaufnahme) "unbefriedigend" und dies habe "in der Vergangenheit zu Problemen bei der akuten Versorgung von Patienten geführt". Das sei aber "in der spezifischen und sehr komplexen Aufnahmesituation des Hauses begründet". Man lasse sich diesen Satz auf der Zunge zergehen. Jedenfalls verweist Bommelmann auf eine zur Beseitigung dieser Probleme seit September 2000 arbeitende Planungsgruppe. Aber: "Ziel muss es auch hier sein, Lösungen weitestgehend kostenneutral umzusetzen."

Die Überlastung des ärztlichen und pflegerischen Personals am Städtischen Krankenhaus wird also fortbestehen, denn in "suboptimaler" und "kostenneutraler" Arbeit ist nicht nur Bommelmann geübt. Nur eine Frage der Zeit, bis solche "Politik" Menschenleben fordert. Aber auch für ärztliche Fehler (in Folge Übermüdung), die einige Patienten bereits beklagt hatten, hat Bommelmann den richtigen Schönfärberausdruck. Es habe sich um "Missverständnisse" gehandelt, die mittlerweile ausgeräumt seien. (jm)

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