Metropole Kiel

Holtenau: Stunk um den Flughafenausbau

Nördlich des Kanals und in den Ostufergemeinden sorgt der geplante Ausbau des Flughafens Holtenaus für Aufregung. Während Landeswirtschaftsministerium, die Mehrheit im Kieler Rat sowie die Vertreter der ansässigen Wirtschaft auf die Verlängerung der Landebahn bestehen, befürchten viele Bewohner der betroffenen Stadtteile Lärmbelästigung durch vermehrten Luftverkehr und vor allem lautere Düsenflugzeuge. Aus jetzigen 1260 Metern sollen nach den Plänen 2700 Meter werden, angeblich nur für die künftige Sicherstellung des Geschäftsverkehrs. 160 bis 170 Mio. DM sollen insgesamt in den Flughafen investiert werden, der derzeit ein jährliches Passagieraufkommen von 150.000 hat.

Eine Summe, die mancher lieber in die Regionalbahn gesteckt sähe. Doch gehobenen Geschäftsreisenden kann man es heutzutage nicht mehr zumuten, mit der Bahn zu fahren, meinen selbst die Grünen, die ansonsten den Ausbau entschieden kritisieren. Obwohl sich die Kieler Grünen "eine produktivere Nutzung des 192 ha großen Flughafengeländes vorstellen" können, stehe man zum "Erhalt des Regionalflughafens und seiner Bedeutung für die Wirtschaft Schleswig-Holsteins", meinen Karl-Martin Hentschel, Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion, und Lutz Oschmann, Vorsitzender der Ratsfraktion.

Wenn allerdings einige Politiker meinen, so Oschmann und Hentschel, der Ausbau diene nur dem Geschäftsverkehr, so sei das naiv. Der Flughafen habe eine Bedienpflicht. Wenn also z.B. Anbieter von Pauschalreisen auf die verlängerte Landebahn aufmerksam würden, so müssten ihnen auch die Nutzung erlaubt werden. Die beiden rechnen daher mit einem starken Anstieg der Starts und Landungen, die in dem vor kurzem vorgelegten so genannten Dornier-Gutachten eher noch untertrieben würden. Auf der verlängerten Bahn könnten auch größere Düsenjets wie der Boing 737 oder die Airbus-Typen 319 und 320 landen.

An dem genannten Gutachten lassen die beiden Grünen kein gutes Haar. Die Behauptung, die Verlängerung müsse durchgeführt werden, um den Geschäftsverkehr fortsetzen zu können, sei eindeutig falsch, die Angaben über Flugzeugtypen widersprächen Herstellerinformationen, Gewinnprognosen geschönt. Hauptargument der Ausbau-Befürworter ist, dass der Flugplatz auch für Düsenflugzeuge nutzbar sein müsse, da die Propeller-Maschinen aus der Mode kämen. Dem halten Oschmann und Hentschel entgegen, dass es sehr wohl auch andere Düsenflugzeuge gibt, die die Gutachter zwar nicht nennen, die jedoch mit der existierenden Landebahn auskämen.

Als Beispiel führen sie den Avro RJ85 an, eine Maschine mit 80 Sitzplätzen, mit der die Lufthansa demnächst von Berlin aus den Londoner City Flughafen anfliegen will, dessen Landebahn sogar noch kürzer als die Holtenauer sei. Ansonsten seien die Turboprop-Maschinen keineswegs so altmodisch wie behauptet, sondern "sehr wirtschaftlich".

bild flugplatz holtenau

Nebenbei haben Oschmann und Hentschel auch einen jener Schnitzer im Gutachten aufgedeckt, an die man sich in Kiel langsam gewöhnt (LinX-Leserinnen und -Leser erinnern sich an das Wibera-Gutachten): Während der Wirtschaftsplan der Flughafengesellschaft für das Jahr 2001 Erlöse von 700.000 DM ansetzt (u.a. aus Passagiergebühren), gehen die Gutachter von jährlich 3,334 Mio. DM aus. Ohne Erklärung. Laut KN haben die Autoren den Fehler inzwischen zugegeben. "Witzigerweise", so Oschmann und Hentschel, "sind es gerade diese 2,4 Mio. DM, die zuviel veranschlagt wurden, die als Überschüsse ab 2006 bejubelt werden." Derzeit schießen übrigens die beiden Eigner des Flughafens, das Land und die Stadt Kiel, jeweils rund 900.000 DM pro Jahr zu den Betriebskosten zu.

Die Grünen kritisieren an dem Vorhaben außerdem, dass die über 160 Mio. DM Investitionen aus Regionalprogrammen der Bundesregierung genommen werden müssten und an anderer Stelle in Schleswig-Holstein fehlen würden. Stadt und Land könnten sich die Summe sowieso nicht leisten.

Eine Alternative zum Ausbau könnte die Schienenanbindung des Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel über eine der AKN-Strecken, die von Neumünster aus Richtung Süden verlaufen. Bei einer Verlängerung zum Hamburger Hauptbahnhof würde das auch den Bahnfernverkehr attraktiver, da schneller machen.

Mit der Selbstdarstellung Kiels als Klimastadt ist der Flughafenausbau jedenfalls kaum vereinbar. Weltweit sind sich Klimaforscher sicher, dass der zunehmende Luftverkehr eines der größten Klimaprobleme ist. Nicht nur wegen des hohen Energieverbrauchs, sondern auch wegen der Kondensstreifen der Düsenflugzeuge, die den Treibhauseffekt verstärken.

Von der SPD-Landtagsfraktion war nur zu hören, dass man es "toll" finde, dass die Grünen zum Regionalflughafen stehen und damit "koalitionstreu" seien. Ansonsten habe Landeswirtschaftsminister Rohwer ja zugesagt, dass man das Gutachten "ergebnisoffen" prüfen werde.

(wop)

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