Lokales

Städtisches Krankenhaus:

"Kaufhaus der Gesundheit"

Als wir vor sechs Wochen das letzte Mal über das Städtische Krankenhaus berichteten, haben wir noch darüber spekuliert, inzwischen pfeifen es bereits die Spatzen von den Dächern: Die Privatisierung ist so gut wie beschlossene Sache, man ziert sich bestenfalls noch, dies auch öffentlich zu sagen. Schon die eigenartige, gesetzte Stimmung, mit der alle Fraktionen über die — unverändert haarsträubende — Arbeitsbelastung in der stadteigenen Klinik auf der Februar -Ratsitzung debattiert hatten deutete daraufhin, dass einiges im Busche sei. Inzwischen haben sich die Gerüchte verdichtet. Deutlichstes Zeichen: Ein Vortrag der Firma Kienbaum Consulting auf einer öffentlichen Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses am 22.3. zum Thema Rechtsformumwandlung. Zunächst sah es sogar aus, als solle die Sache im Eilverfahren durchgezogen und bis zum Jahresende alles unter Dach und Fach gebracht werden. Inzwischen wurde aber zumindest einen Gang zurückgeschaltet und die ehrgeizige Terminvorgabe zurückgenommen, heißt es aus dem Krankenhaus.

Der Umgang mit der Öffentlichkeit ist der übliche: Es seien ja noch gar keine Entscheidungen gefallen, es werde sowieso nur über eine Umwandlung der Rechtsform gesprochen, so die Abwiegelei der Sozialdezernentin Bommelmann. Doch gerade die Rechtsformumwandlung wird aller Voraussicht nach die entscheidende Weichenstellung sein.

Favorisiert wird offensichtlich die Form einer GmbH. Die, so der Vertreter von Kienbaum Consulting vor dem Sozialausschuss, biete die besten Möglichkeiten die Träger- und Betriebsaufgaben zu trennen und das Krankenhaus nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu führen. Ganz nebenbei entfiele damit übrigens auch die vor nicht allzu langer Zeit eingeführte Kontrolle aller Investitionen durch das Rechtsamt der Stadt. Ein Schritt, der wegen einiger Korruptionsfälle gewählt worden war.

Bei einer derartigen Konstruktion wäre die Zielvorgabe ganz eindeutig Gewinnerwirtschaften und im Wettbewerb mit anderen Krankenhäusern bestehen. Das Krankenhaus müsse als "Kaufhaus der Gesundheit", so Kienbaum Consulting, organisiert werden. Dass die weniger zahlungsfähige "Kundschaft" dabei bestenfalls noch die Grabbeltisch-Ware abbekommt, dürfte auf der Hand liegen. Ebenso, wer im Krankenhaus die Folgen zu tragen hat, wenn Kosten gespart und die Versorgung weiter durchrationalisiert wird. Rationalisierung heißt im Klartext, so ein Pfleger gegenüber der LinX, kürzere Liegezeiten und höherer Patientendurchlauf, d.h. mehr Arbeit für das Personal, das schon jetzt an der Grenze seiner Belastungsfähigkeit arbeitet; wenn nicht gar jenseits. 72% der Kosten des Städtischen Krankenhauses sind Personalkosten; da ist es nicht schwer zu erraten, wo die Markt-Fetischisten die Einsparpotenziale ausmachen werden.

Als vorteilhaft könnte sich bei einer derartigen Zielsetzung erweisen, dass bei der Umwandlung in eine GmbH auch die Rechte der Angestellten beschnitten würden. Im öffentlichen Dienst hat der Personalrat noch Mitbestimmungsrechte bei der Führung des Unternehmens. In der Privatwirtschaft gibt es lediglich ein Anhörungsrecht des Betriebsrates.

Entsprechend scheinen auch Gewerkschaft und Personalrat langsam aufgewacht zu sein. Bei der neuen Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wird eine Kampagne gegen die Privatisierung vorbereitet, die allerdings unter dem dürftigen Motto "Modernisieren statt Privatisieren" laufen soll. Unter der Belegschaft ist unterdessen die Stimmung durchwachsen. Mancher meint, schlimmer könne es sowieso nicht werden. Das, so ein Personalrat gegenüber der LinX, werde sich aber schon bald als Trugschluss erweisen. Aufklärungsarbeit sei daher auch bei den Beschäftigten noch nötig.

Aber auch an die Öffentlichkeit will man gehen: Auf der nächsten Ratssitzung Ende April wird das Thema Gesundheitsversorgung in Kiel Gegenstand einer großen Anfrage der SPD-Fraktion sein. Diese Gelegenheit will man für einen Besuch im Rathaus nutzen.

(wop)

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