Kommentar

Manhattan ohne WTC

America, we hate and love you!

Twelve days after! Der Alltag hat uns wieder. Eine Milliarde Menschen können sich der nächsten Mahlzeit nicht sicher sein, über 20.000 Hunger-Tote sind die täglichen "Opfer" der "laufenden" kapitalistischen Weltwirtschaft. Die alltäglichen Terror- und Kriegstoten? 30.000 Tote war die Folge der Nato-Aggression gegen Jugoslawien! Doch die Bilder vom attackierten WTC zogen selbst auf- und abgeklärte Menschen in den Betroffenheitssog. Allerorten gab es Trauer- und Gedenkmissbrauch. Meist schlecht organisiert. Staatlich wird die Repression nach innen und außen forciert! Für eine gerechte Welt wird plädiert, im Sinne von Almosen verteilen!

Die Weltwirtschaft reagierte wie ein Mensch im Auto bei plötzlichen Maikäferaufschlägen gegen die Frontscheibe: Ein kurzer Schreck, die Fahrt geht weiter! Abgesehen von tiefer einbrechenden Börsenkursen – drastisch bei Versicherungs- und Luftfahrtswerten – gibt es bis heute (23.09.01) weltwirtschaftlich mehr Befürchtungen als reale Einbrüche. Auf Rezession standen die Zeiger schon vorher!

Die US-Regierung hat sich auf Osama Bin Laden & Co. als die eigentlichen Drahtzieher geeinigt, wobei die fundamental-christliche Kreuzzugs-Rhetorik zurückgeschraubt wurde. Beweise wird es wohl nie geben! Oder waren es gar die eigenen christlichen Milizionäre vom Michigan-See, die schon in Oklahoma City zuschlugen? Oder UCK? IRA? Ulster? ETA? PKK? Oder ein Gruß aus Tschetschenien – diesmal nicht an Moskau? Nein, alle politischen und "handwerklichen" Indizien sprechen wirklich für Attentäter aus dem islamisch-theokratischen Dunstkreis!

Wofür spricht die bundesdeutsche Linke? Die Einschläge in die "gute Stube" der weltweit meistgehassten imperialistischen Macht haben – hoffentlich – auch die "linken Biotope" durchgeschüttelt! Auch die Sympathien für vorkapitalistische Gesellschaftsformen vertretende oder religiöse sowie völkische Konflikte austragende Bewegungen? (Vgl. LinX 8/01 "Linke: Nicht nationalstolz aber völkisch?") Selbst der aktuell einflussreichsten reaktionären islamischen Religion wurde Gutes für die Volksmassen zugesprochen. (Etwas "Gutes" lässt sich auch im faschistischen NS-"Wohlfahrtsstaat" finden. Fragt Oma und Opa!)

Mit der pazifistischen "Spirale der Gewalt" Argumentation und dem Hinweis auf die "Ungerechtigkeiten in der Welt" sind die Bellizisten nicht aufzuhalten. Das bauen auf die Angst vor dem "Body-Back-Syndrom" ist ein Ausweichen vor der Frage für was wir (Linken) heute mit wem stehen und notfalls schießen (lassen). Die Attentate waren eine Zäsur. Nicht nur die (Terror) Bomben werden näher kommen. Und damit auch der Zwang zum Antworten und Handeln aus den "linken Biotopen". America, we hate and love you? Wir müssen es nicht übertreiben, weder mit dem Hass noch mit der Liebe! Der "One-Night-Stand" gehört im Beziehungsgeflecht zum Repertoire. Warum tut sich die Linke – auf der Grundlage einer Analyse und der Zielsetzung "Weg zum Sozialismus" – in der Politik so schwer damit? W. Jard

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