Kernspalte

greenpeace-Castor Bauern werden in Quickborn aufgehalten Panzer stoppt Fußgänger
Kreuzung Dannenberg Konfliktmanager in Lüneburg

In Zeiten des Terrors und des Krieges hat es ein Castor-Transport schwer, Aufmerksamkeit zu erregen. Niedrigstrahlung? Es gibt Wichtigeres! Weil das auch Linke bei nasskalter Witterung nur zäh hinterm Ofen hervorgelockt hat, und die nur mit geringem Erfolg unterwegs waren, kommt Gorleben diesmal nur in einer Spalte vor.

Einerseits wurde es einem auch schwer gemacht: Die geplante Demoroute in Lüneburg wurde nicht genehmigt, die Abschlusskundgebung fand nicht vor der Bezirksregierung statt, sondern in einem Park; die Camps wurden verboten; alle Veranstaltungen am Sonntag (11.11.) in der Umgebung der Transportstrecke wurden verboten; wer sich bewegte, kriegte sofort einen Platzverweis; andere durften ihr Grundstück gar nicht erst verlassen (dass es dafür gar keine Rechtsgrundlage gibt, war wohl allen Beteiligten klar); Gehöfte wurden prophylaktisch durchsucht; ca. 780 Personen wurden in Gewahrsam genommen und sollen dafür nachträglich auch noch bezahlen (38,- DM/Tag + 70,- DM Fahrtkosten); Polizeihunde wurden eingesetzt und bissen auch zu; berittene Polizei scheuchte Sitzblockierer auf; zwei Betonblöcke unter den Schienen, die zum Anketten geeignet gewesen wären, wurden von der Polizei entdeckt und sabotiert.

Andererseits machte man sich das Leben aber auch selbst schwer: Das doch bestens bewährte Schienenkonzept wurde ohne Not über Bord geworfen; von den vielleicht 6.000 Demo-Teilnehmern in Lüneburg fand nur höchstens ein Drittel den Weg ins Wendland, und das schon am Sonntag; Auswärtige waren diesmal nicht sehr viele dabei, die Bauern blieben häufig auf sich allein gestellt; die Gewaltfreien von Jochen Stay, die sich nicht mehr "X-1000-mal-quer" nennen wollen, weil sie schon im März zuwenige dafür waren, sondern "Widersetzen", setzten sich wieder - zu früh: knapp 200 zermürbten sich in Laase bei einer nächtlichen 12-stündigen Blockade selbst, bevor die Polizei endlich gnädigerweise räumte. Trotzdem gab es noch ein paar gute Aktionen: In Valognes hatten zwei Umweltschützer einen Mast besetzt, bevor der Zug überhaupt losfuhr; in Karlsruhe protestierten fast 1000 Menschen vor der Zentrale von EnBW; zwei angekettete Menschen vor Lüneburg hielten den Zug immerhin 45 Minuten auf; viele lockere Schrauben am Gleis mussten nachgezogen werden. Doch an der Planmäßigkeit dieses Transports war nicht zu rütteln: Mittwoch kurz nach 7 Uhr waren die Behälter im Zwischenlager Gorleben verschwunden. 103 Strafverfahren wurden eingeleitet, meistens wegen "gefährlichen Eingriffs in den Schienen- und Strassenverkehr".

Im Gegenzug wurden Mitarbeiter der Atomanlage Isar 1 rehabilitiert. Der bayerische Umweltminister Schnappauf und schweizerische Gutachter hätte zweifelsfrei festgestellt, dass es keine Manipulationen an den Wärmebehandlungsprotokollen und auch nicht an den TÜV-Gutachten gegeben habe, die ich vor vier Wochen erwähnte. Nicht ganz so gut schneidet EnBW mit seinen Kraftwerken Neckarwestheim, Obrigheim und Philippsburg ab: Seit 17 Jahren, also seit Bestehen der Anlagen, sind offenbar die Notkühlsysteme nicht mehr korrekt befüllt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen in allen drei Fällen wegen des Verdachts des "unerlaubten Betriebs von Atomanlagen". Da fallen die paar kleineren Störfälle, die es zusätzlich in den letzten Wochen gab, kaum noch ins Gewicht: In Philippsburg versagte eine Armatur zur Betriebsentwässerung und eine Nachkühlpumpe. Angeblich waren diese Ereignisse meldepflichtig - es fragt sich allerdings, ob dies auch für unerlaubt betriebene Atomanlagen gilt, wie ja auch unerlaubt kassierte Bestechungsgelder in der Regel nicht versteuert werden müssen. (BG)

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