KERNspalte

Während am 22. April ein Atomtransport vom AKW Unterweser (Esenshamm) nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit bis nach Sellafield gelangte, wurde ein Sammeltransport von den AKWs Brokdorf, Brunsbüttel, Mülheim-Kärlich, Isar 2 und Neckarwestheim gleich mehrfach behindert. 25 Menschen, von denen sich 14 an die Gleise gekettet hatten, konnten den Abtransport von Brunsbüttel am 16.Mai bei Wilster um 4 Stunden verzögern, einen weiteren unplanmäßigen Halt gab es bei Straßburg, wo sich 2 von 20 Demonstranten angekettet hatten. 50 protestierten gegen die Jahrestagung des Atomforums in Stuttgart, ein Dutzend besetzten den Förderturm des Endlagers Schacht Konrad bei Salzgitter. Und der BUND will gegen dieses Atommüllendlager nun sogar Verfassungsklage einreichen.

Trittin erteilte dem bayerischen Umweltminister eine bundesaufsichtliche Weisung zur Aufklärung der umstrittenen Sicherheitsüberprüfungen im AKW Isar 1.

Die Grünen im hessischen Landtag kritisierten den lecken Reaktor Biblis A als "Schweizer Käse", weil da mal wieder radioaktive Abwässer aus einem Rohr tropften. Dessen Betreiber RWE bewies in seiner Quartalsbilanz - genau wie zuvor E.ON (Linx 6/02) -, dass das Kerngeschäft Strom auch in Zeiten des liberalisierten Marktes ein "Ertragsmotor" sein kann, der Gewinne von 600 Mio. EUR (+50%) abwarf. Dieses "Kern"geschäft kann mit der Übernahme des britischen Stromversorgers Innogy nun ausgebaut werden, während dem Konzern die Nebengeschäfte "Heidelberger Druckmaschinen", Hochtief und die Beteiligung an Shell/DEA wegen eines Umsatzeinbruchs von 33% Sorgen machen. Ob Verkauf oder Gesundschrumpfung ansteht, wurde nicht bekannt.

Der dritte im Bunde, EnBW, scheint auch im Kerngeschäft kräftig zu sparen. In Philippsburg gab es zwei weitere meldepflichtige Ereignisse, während im Landtagsuntersuchungsausschuss zwei hohe Beamte des Umweltministeriums in Stuttgart erklärten, nach ihrer Meinung sei die Pannenserie in Philippsburg im letzten Jahr darauf zurückzuführen, dass die Betreiber Kosten sparen wollten. Auch eigene Versäumnisse wurden zugegeben.

Widersprüchliche Meldungen gab es über Kügelchen in der Nähe der ehemaligen Hanauer Plutoniumfabrik NUKEM (die schon vor einem Jahr entdeckt wurden) und der GKSS Geesthacht. Von "Report Mainz", Wissenschaftlern der Uni Gießen, einem Kommissionsmitglied des Innenministerium und dem Kieler Strahlenbiologen Stevenson wurden die Hanauer Partikel als radioaktiv (u.a. wurden Plutonium, angereichertes Uran, Curium und Americium gefunden) bezeichnet, wohingegen Untersuchungen des hessischen Umweltministerium ergeben hätten, dass die Kügelchen "nicht belastet" gewesen seien. Daher seien die Äußerungen der hessischen Grünen "Panikmache", meinte Umweltminister Dietzel, der Gießener Wissenschaftler Gabriel sei ein "Scharlatan", und sein CDU-Parteifreund und Fraktionsvorsitzender Kartmann warf der Grünen-Sprecherin Hammann Volksverhetzung vor. Die weiss nicht mehr, was sie glauben soll, und kritisiert ersatzweise Dietzels Informationspolitik. Zu den bei Geesthacht gefundenen Partikeln vergleiche man die gesondert dokumentierte Pressemitteilung des IPPNW.

Kurz vor der am 22.5. erwarteten Urteilsverkündung im Lüneburger Strafprozess gegen die Castor-Blockierer von Süschendorf hat sich Bahnchef Mehdorn mit einer Richterschelte zu Wort gemeldet: Er habe "Zweifel an der Unvoreingenommenheit" des Richters Franz Kompisch, der die Bahn "in eine Verteidigungsposition" gedrängt habe. Selbst der Staatsanwalt zeigte sich über diese Äußerungen verwundert. Seine Beweisanträge zu den Kosten der Räumungsaktion wurden am 4. Verhandlungstag vom Richter abgelehnt, da sie für die Anklage ohne Bedeutung seien. In der Tat wird es - unabhängig von diesem Urteil - zu einem Zivilverfahren vor dem Amtsgericht Lüneburg kommen, in dem es um die Frage der Entschädigung angeblich entstandener Kosten gehen wird. (BG)

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