Kommentar

Qual der Wahl

"Die SPD ist nicht gut, aber es gibt nichts Besseres", ein Slogan, mit dem die Jusos vor langer Zeit auf Stimmenfang gingen. Betagtere Leser/innen werden sich erinnern, manche davon entsprechend gewählt haben. Ähnlich plädierte kürzlich ein PDS-Mitglied gegenüber dem Autor für die Wahl der PDS. Von einem im Lande führenden PDS-Mitglied wurde der Autor aufgrund seiner Zeilen gegen die Entschuldigungshaltung führender PDS-Gremien, bezüglich Vereinigung KPD/SPD zur SED und dem Mauerbau, in einem Schreiben zur Abo-Kündigung als "PDS-Hasser" bezeichnet (Vgl. LinX 11/01). Nun sollten wir auf der Grundlage historischer und individueller Erfahrungen weder von der Liebe zu einer ergo noch vom Hass gegen eine Partei sprechen. (Dass faschistische Parteien verboten gehören, ist dagegen eine andere nüchterne Angelegenheit.)

Kurz und gut oder besser schlecht: Frei von Liebe oder Hass fällt dem Autor die Wahl dieser PDS (-Politik) zunehmend schwer.

PDS-Plakat-Zirkus

Was sich nicht nur am stadtweit hängenden PDS-Wahlplakat "Arbeit soll das Land regieren" festmacht. Aber auch! Nicht, weil im Süd-Südostbundesland die CSU mit einem ähnlichen "Sozial ist, was Arbeit schafft" vielleicht auf das Wahlplakat der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot "Sozial ist, wer Arbeit schafft" vom März 1933 zurückgegriffen hat. Der von den Nazifaschisten auf die Spitze getriebene bürgerliche "Arbeitsbegriff" über den Vernichtungslagern - "Arbeit macht frei" - gebietet einen sorgfältigeren Umgang mit dem Arbeitsbegriff in deutschen Landen. Nun kann eine Partei sich mal bei einer plakativen Parole vergreifen, aber gleich in die Klamottenkiste? Diskussionen in der Rest-Linken sind in bezug auf den bürgerlichen Arbeitsbegriff weiter. Zumindest wird eine Kopie der bürgerlichen Arbeitsgesellschaft unter roter Fahne heute nicht als erfolgreicher Weg gesehen, um über den Sozialismus zum Kommunismus zu kommen. Mag sein, dass dies bei der PDS - die auf den Fundamenten der sozialistischen Bewegung, die "Den Kapitalismus überholen ohne ihn einzuholen" wollte - nicht so angekommen ist. Dass die tonangebenden Parteien der Republik den Begriff der Arbeit so hoch hängen, um genau diese (Arbeitskraft) für das Kapital so billig wie möglich zu machen, sollte zumindest bekannt sein und von einer sich auf den Sozialismus berufenden Partei rausgehängt werden. Ebenfalls die Tatsache, dass in einem kapitalistischen Land die Arbeitslosigkeit - mal mehr, mal weniger - immer (mit)regiert.

Die PDS regiert mittlerweile in Bundesländern mit. Mit bekannten (Er-)Folgen, die hier nicht weiter behandelt werden (können). Für den Bundestag wurde von der PDS weiter linke Opposition angekündigt. Wir werden sehen! Für die Wahl der PDS spricht in der Hauptseite die Politik einzelner PDS-Abgeordneter: Eine knappe Handvoll vertritt nicht nur Linkes im Parlament, sondern unterstützt außerparlamentarische antifaschistische und linke Bewegungen. Auch mit einem Teil ihres mandatsbezogenen Salärs. Vielleicht gehört der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat dazu und macht diese Hand voll - falls die PDS in den Bundestag einrückt. (Und kann und will sich und anderen PDS-Mitgliedern wieder ein LinX-Abo erlauben?) Kielern bleibt dazu noch das Splitting: Die Erststimme könnte der engagierten Kandidatin der DKP zufallen. Von dem Rest auf dem Wahlzettel ist alles abzuhaken und nicht anzukreuzen, wie es der DGB dem Wahlvolk weiß, Pardon, "rot-grün" zu machen versucht. (W. Jard)

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