Kultur

Ein Gespenst geht um: GmbH

Von Maulkörben und Maulaffen - Teil 2

"Ergebnisoffener" hätte man sich die Diskussion unter dem Motto "Was für ein Theater will die Stadt, was für ein Theater braucht die Stadt", zu dem die Grünen und die Bühnengewerkschaft am 31.5. ins Schauspielhaus geladen hatten, nicht vorstellen können. Auf dem Podium, in nur partieller Eintracht nebeneinander, die Theaterleitung (Kirsten Harms, Raymund Richter, Ulrich Windfuhr) und VertreterInnen der Ratsfraktionen (Rainer Pasternak, Grüne; Ute Kohrs-Heimann, SPD; Svenja Ketelsen, SUK; Ulrich Adamczewski, CDU).

Zwei Gerüchte, die kaum noch nur solche sind, bildeten die wacklige Diskussionsgrundlage: die Planungen, die Bühnen in eine GmbH umzuwandeln, und die geisterhafte Suche nach einem Theatermanager, der die Mimen (und ihren Spielplan) geschäftstüchtig aufmöbeln soll. Ferner standen die drei "Varianten" im Raum, die Kulturdezernent Heinz Rethage aufgestellt hatte: 1. Ein Plus von 2,1 Mio. DM für die Bühnen zur Erhaltung von Qualität und Quantität des bisherigen Angebots, 2. Einfrieren der Zuschüsse auf dem aktuellen Niveau unter Hinnahme eines Qualitätsverlustes, 3. Kürzung der Zuschüsse mit der daraus folgenden Notwendigkeit, eine Sparte oder sogar ein ganzes Haus zu schließen.

Ute Kohrs-Heimann sprach als SPD-Vertreterin durch einen hörbaren Maulkorb, warb unter der Binsenweisheit, daß "Geld endlich ist" und daß die Förderung des Theaters "nur eine unter vielen Aufgaben der Stadt" sei, für ein "Nachdenken über die GmbH", dementierte aber die Suche nach einem Manager, wenn auch nicht recht überzeugend. Ohnehin wolle die SPD "zunächst lediglich prüfen", nämlich drei Optionen: 1. Änderung der Rechtsform der Bühnen, 2. Möglichkeiten einer Kooperation mit dem Lübecker Theater, 3. "Optimierung von Betriebsabläufen". Die SPD favorisiert dabei die erste Option in Verbindung mit Rethages 2. Variante (Einfrieren der Zuschüsse, Hinnahme von Qualitätsverlust), denn "eine GmbH ist bei knappen Ressourcen flexibler", so Kohrs-Heimann, obwohl die Stadt auch einer GmbH einen Zuschuß geben müsse. Wie diese "Flexibilität" aussehen würde, ergänzten Mitarbeiter der Bühnen aus dem Publikum: Keine Tarifverträge mehr. Wenn die SPD sparen wolle, so sei doch klar, wo überhaupt nur noch gespart werden könne, bei den Mitarbeitern, denn 87% der Ausgaben des Theaters sind Personalkosten. Eine Kürzung um eine Million entspreche etwa 15 Stellen. Bei der Umwandlung des Lübecker Theaters in eine GmbH seien Stelleneinsparungen die erste Maßnahme gewesen, das werde in Kiel nicht anders sein.

Der Ex-Bürgermeister und ehemalige Kulturdezernent Karl-Heinz Zimmer (CDU) referierte aus dem Publikum, daß die Vor- und Nachteile einer GmbH "schon tausendmal untersucht" worden seien. Er warnte die SPD "vor der Illusion, mit einer GmbH könne man Geld sparen". Die von der SPD gewünschte Flexibilisierung sei nicht von der Rechtsform der Bühnen abhängig. Eigentlich könne man also ganz gelassen an die GmbH-Frage herangehen, "aber man kennt ja seine Pappenheimer in Kiel". Das Szenario sei klar: Eine GmbH werde nicht eine Mark weniger Zuschußbedarf bedeuten, die Folge würden "Animositäten gegen das Theater" seitens der Verwaltungsspitze sein, das Kaputtsparen werde weiter gehen. Im übrigen sei es "ein Treppenwitz der Geschichte", daß die SPD für eine GmbH votiere, in der weniger Mitbestimmungsrechte gelten als in der jetzigen öffentlichen Rechtsform.

In der Tat zeigte die Diskussion vielfach verkehrte Welten, CDU und Grüne als vehemente Fürsprecher des Theaters und der Rechte seiner MitarbeiterInnen, auf der anderen Seite die SPD, vorsichtig unterstützt von der SUK, als neoliberale Flexibilisierungsapologeten und Beschneider von ArbeitnehmerInnenrechten. Ute Kohrs-Heimann, die sich sichtlich immer unwohler in ihrer Haut fühlte, vom Fraktionskurs jedoch nicht abweichen durfte, verfiel ob soviel Contra auf einen Vorwurf ans Publikum, daß sich dieses schon mehr für das Theater einsetzen müsse, "wenn es das Theater denn unbedingt so, wie es ist, behalten wolle". Ein unverschämter Offenbahrungseid der ideenlosen und nur aufs Sparen um jeden Preis fixierten katastrophalen SPD-Kulturpolitik.

Dennoch gibt es unmittelbaren Handlungsbedarf für diejenigen, die das Theater in seiner aktuellen Qualität und Quantität erhalten wollen, denn die Verwaltung macht bereits wieder Druck. Eine Grundsatzentscheidung für eine GmbH streben Rethage, Gansel und die SPD-Fraktion noch in diesem Jahr an. Mit lauen, sich im Kreise drehenden Podiumsdiskussionen wird man gegen die "sozialdemokratischen" Kulturzerstörer nicht mehr ankommen. Eine andere, deutlichere Formierung des Protests steht auf der Tagesordnung.

(jm)