Aus dem Kieler Rat

Grenzen des Üblichen

Ratsversammlung fordert Aufklärung über Skandale bei der Sparkasse

Erst waren es Mutmaßungen bis Fakten über ungedeckte Kredite (LinX berichtete), dann der sehr freizügige Umgang von Sparkassen-Chefetagisten mit "geldwerten Vorteilen", die Kieler Sparkasse kommt nicht aus den Schlagzeilen. Der Rat wollte es in der Ratsversammlung vom 10.6. nun genauer wissen. Zumindest die Oppositionsfraktionen, denn die forderten in Anträgen eine "lückenlose Aufklärung der aktuell in den Medien bekanntgewordenen Vorwürfe gegenüber MitarbeiterInnen der Sparkasse" (SUK-Antrag). Die CDU wollte überdies ergänzend dem OB ihr "Mißfallen" aussprechen, daß er als Verwaltungsratsvorsitzender der KSK "gegen den einstimmigen Beschluß des Hauptausschusses vom 2.6. keine Sondersitzung des Verwaltungsrates" einberufen habe, um eine Aufklärung zu erreichen.

In der Tat ist es besonders der OB Norbert Gansel, der verschleiert, wo er kann, und sich einer Aufklärung der Machenschaften in der Sparkasse entgegenstellt. Wie schon bei der Diskussion um die Kreditvergabepraxis der KSK in der März-Ratsversammlung sind es juristische Winkelzüge, u.a. das Bankgeheimnis, mit denen sich der OB um Aussagen drückt und es auf immer neue Machtproben mit der Ratsversammlung ankommen läßt. "Manches, was üblich ist (in den Chefetagen beim Empfang von geldwerten Vorteilen), ist nicht vertretbar", räumte Gansel ein. Doch werde die KSK mutwillig "in ein schiefes Licht gerückt", und das schade der KSK und damit letztlich der Stadt als ihrer Mutter. Er gebe sich nicht dazu her, "der Presse Material für Skandale zu liefern", und bestehe daher darauf, daß es für ihn keine Berichtspflicht vor der Ratsversammlung gebe. Die "Vorgänge" (der NDR hatte aufgedeckt, daß Vorstandsmitglieder u.a. private Reisen aus den Kassen der KSK bezahlt hatten), die es zu kritisieren gelte, lägen überdies zeitlich vor seinem Amtsantritt. Was heutige Aktivitäten "im Grenzbereich" betreffe, nehme er das "auf seine Verantwortung".

Die Folge solcher Weigerung, die Ratsversammlung über die "Vorfälle" zu informieren, war eine rhetorische Schlammschlacht in der Ratsversammlung. Insbesondere die SPD ließ sich dabei wiedereinmal willig vor Gansels undurchsichtigen Karren spannen. Der Fraktionsvorsitzende Fenske warf der Opposition "Scheinheiligkeit" und "boshafterweise kolportierte Gerüchte" vor. Er habe "es satt", daß die Grünen "der SPD Parteienfilz vorwerfen". Wenn die Grünen nicht endlich Ruhe gäben, drohte Fenske, "dann diskutieren wir hier demnächst auch, wie Ihre grünen Ikebana-Kurse aus Stadtmitteln gefördert werden". Derlei "hysterische Reaktionen", entgegnete die grüne Fraktionschefin Dickhoff, zeigten, daß man mit dem Filz-Vorwurf bei der SPD "wohl ins Schwarze getroffen" habe. Es folgte allerlei schmutzige Wäsche, Vorwürfe an CDU-Fraktionschef Wullf wegen der Niederlegung seines Aufsichtsratspostens beim Abfallwirtschaftsbetrieb ob der dortigen Verfilzungen im Falle Kregel-Olff (der einen privaten Schadensfall via Versicherung der Stadtwerke abgewickelt hatte) sowie entsprechende Retourkutschen, daß die Aufklärung im Falle Kregel-Olff nur der CDU zu verdanken sei.

Am Ende war unklar, ob der Antrag für Aufklärung an den OB gerichtet werden kann oder nur an die Mitglieder der Ratsversammlung in den zuständigen Gremien der KSK. Das Rechtsamt plädierte für letzteres, die Anträge wurden entsprechend revidiert. Jedoch konnte sich die Opposition nicht gegen die SPD-Mehrheit durchsetzen, so daß nur deren Antrag beschlossen wurde, der die Ratsmitglieder in den städtischen Gesellschaften (die KSK wird nicht explizit genannt) beauftragt, "Berichte über die Inanspruchnahme geldwerter Vorteile (...) einzufordern und dafür entsprechende Regelungen aufzustellen". Daß letztere der Fortführung des wuchernden Filzdickichts "entsprechen" werden, davon ist auszugehen.

(jm)